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Traumlawine

Traumlawine

Titel: Traumlawine
Autoren: Hubert Haensel
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und die Amazonen errangen die Oberhand; ihren Schwertern konnten die Angreifer nicht widerstehen.
    Von dieser Seite aus war der flackernde Feuerschein im Nadelöhr als das zu erkennen, was er wirklich war. Nichts mehr von der Imposanz des ersten Eindrucks. Dunstfetzen verschleierten schon bald die Sicht.
    Dann wurde der Nebel dichter. Seltsam verzerrte Laute schwangen darin mit, wie ein fernes Rufen. Gerrek fühlte eisige Schauder. Er war das ’Unheimliche gewöhnt, doch dies hier schien anders. Und überall die schemenhaften, verschwommenen Umrisse lauernder Gestalten.
    Eine Reihe gerüsteter, zu allem entschlossener Krieger stellte sich ihm entgegen. Mit einem heiseren Kampfschrei stürmte er vorwärts, das Kurzschwert wie eine Lanze haltend.
    Die Krieger wichen nicht; seine Klinge bohrte sich in ihre Leiber, ließ Holz splittern, bis er endlich erkannte, daß der Nebel ihn narrte. Er war gegen die Barrikaden angerannt, die Carlumen umschlossen.
    Sein heiseres Lachen hallte von allen Seiten zurück, drohte ihn um den Verstand zu bringen. Fluchtartig hetzte Gerrek weiter. Er atmete auf, als er endlich Mythor und die Waisen vor sich sah.
*
    Das rote Feuer ihrer Ringe wühlte sie innerlich zutiefst auf. Sie wußte, daß bald eine Entscheidung fallen mußte, und sie war keinesfalls bereit, kampflos auf Mythor zu verzichten.
    Zweifellos war Fronja stärker, wenn es darum ging, die Macht der Magie anzuwenden. Aber kannte sie, die lange Zeit nur für Vanga träumte, das wirkliche Leben? Wußte sie ihre weiblichen Waffen einzusetzen, die Reize ihres Körpers, nach denen Männer sich verzehrten?
    Ein wenig verächtlich verzog Glair den Mund. Einst, lange Zeit vor Urmutter Vanga und Krieger Gorgan, hatte es nur ein Geschlecht gegeben.
    So jedenfalls hieß es in Schriften, zu denen nur wenige Zugriff hatten. Und aus der Frau schufen die Götter den Mann, ihr zum Untertan und Gespielen.
    Glair netzte ihre Lippen. Sie glaubte zu wissen, wen der Spiegel der Zukunft in Mythors Armen sah.
    Leises, amüsiertes Gelächter schreckte sie aus ihren Überlegungen auf. Sie sah sich um, aber da war niemand in ihrer Nähe.
    Ein Luftzug streifte sie, eine flüchtige Berührung wie von Feenhand.
    Du irrst, Glair, wähnst du dich allein.
    »Wer bist du?« Die See- und Wetterhexe verstand es ausgezeichnet, ihre Überraschung zu verbergen. »Was willst du von mir?«
    Vielleicht riefen mich deine Gedanken, und ich komme, um dir zu helfen.
    War diese sanfte, einschmeichelnde Stimme Wirklichkeit, oder entstand sie nur in ihrem Innern? Glair zögerte.
    Du fragst dich, ob du mir vertrauen kannst. Hast du eine andere Wahl? Glaube mir, es wird nicht leicht sein, Mythors Herz zu gewinnen…
    Glair erschrak zutiefst.
    Nenne mich Shaya, die Suchende. Ich kenne deine Gefühle und die des Kometensohnes. Unerforschliche Mächte haben eure Wege zusammengeführt.
    Als wäre sie aus einer Tür zum Jenseits hervorgetreten, stand plötzlich eine Frau vor Glair – eine Frau, die ihre überweltliche Abstammung kaum verleugnen konnte. Erhaben ihre Haltung, der Ausdruck ihrer schlanken, hochgewachsenen Gestalt, als stehe sie über allen Dingen. Ihr Antlitz war von einer seltenen Schönheit; die großen, pechschwarzen Augen schienen in die Unendlichkeit zu blicken.
    Shaya lächelte.
    Du mußt Mythor beistehen, damit er von Fronja loskommt. Nur durch den Liebeszauber ist er an sie gebunden und ein Unfreier, was die Liebe anbelangt.
    Shayas silbern schimmerndes Haar umfloß ihr Haupt luftig wie der Duft einer betörenden Blüte. Als sie einen Schritt auf Glair zu machte, schien sie auf einer Wolke zu schweben, ihre Füße berührten kaum den Boden.
    »Bist du eine Kometenfee?«
    Frage nicht nach Unwichtigem, sondern begnüge dich mit meiner Gegenwart. Ich werde dich begleiten, Glair. Erst wenn Mythor frei ist und ungebunden, kann er selbst entscheiden, welcher Frau er seine Liebe schenken will.
    Shayas Anblick nährte Zweifel. Wer ihre Schönheit besaß…
    Närrin! erklang es. Glaubst du, ich hätte es nötig, um den Sohn des Kometen zu buhlen?
    Die Erscheinung der Suchenden begann sich zu verflüchtigen.
    Sargoz, flüsterte ihre sanfte Stimme noch. Gehe nach Sargoz, Glair.

3.
    Carlumen hatte den Überfall der Riffpiraten besser überstanden als erwartet. Es gab keine Verluste zu beklagen, nur einige leichte Verwundungen, die allerdings in wenigen Tagen schon ausgeheilt sein würden.
    Der Nebel trug ein leises Raunen mit sich, das wie eine verlockende Weise
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