Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumlawine

Traumlawine

Titel: Traumlawine
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
Fliegende Stadt war sozusagen sein Körper. Sein Wehklagen wurde lauter, aber niemand fand Zeit, darauf zu achten.
    Zum Greifen nahe zog die Insel vorüber. Schon senkten sich die Felsen herab, als ein Zischen die Luft erfüllte.
    Durch die Augen des Widderkopfs konnte Mythor das verkohlte Wrack erkennen, das noch immer in einiger Entfernung auf gleicher Bahn dahintrieb. Die Finger eines Riesen schienen das fremde Schiff zu umklammern und zogen es auf das Eiland zu. Ein Schicksal, das Carlumen zum Glück erspart blieb.
    Die Steine erstarrten zur Leblosigkeit. Mythor hob einen von ihnen auf – er fühlte sich kalt an und rauh.
    Der Sand war erst zu einem Bruchteil durch das Stundenglas geronnen, als wieder Ruhe eintrat. Die seltsame Insel blieb schnell zurück.
    Voraus zeigten sich immer deutlichere Lichterscheinungen. Wie ein Bündel von Sonnenstrahlen tasteten sie durch die Dämmerung.
    »Als würden sie durch ein großes Loch hindurchfallen«, bemerkte Gerrek und kratzte ausgiebig seinen Katerbart. »Vielleicht scheint irgendwo dort vorne die Sonne.«
    »Ich glaube kaum«, erwiderte Robbin spöttisch. Dann zögerte er, schürzte die Lippen. »In der Tat, ein blindes Huhn findet auch manchmal ein Korn.«
    »Willst du damit behaupten, ich sei…«
    »Ruhig, Drache, ganz ruhig. Möglicherweise hast du mir mit deiner Bemerkung einen großen Dienst erwiesen. Ich glaube, endlich herausgefunden zu haben, wo wir uns befinden.«
    Gerrek stieß einen Pfiff aus.
    »Wo?«
    »In der Nähe von Sargoz.«
    »Das sagt mir überhaupt nichts.«
    »Habe ich mir gedacht«, erwiderte Robbin.
    »Mumie!« keifte der Beuteldrache.
    »Hört endlich auf damit!« rief Mythor dazwischen. »Wer von euch noch einen Ton von sich gibt, kann sich auf einiges gefaßt machen.« .
    »Ähem«, hüstelte Gerrek. »Der Pfader…« Mythors drohender Blick ließ ihn verstummen.
    Aber kaum wandte der Sohn des Kometen sich ab, sprudelte es erneut aus ihm hervor:
    »Robbin hat mich ein blindes Huhn genannt. Muß ich mir das gefallen lassen? Beuteldrachen fressen keine Körner.«
    »Es war ja nur ein Vergleich«, behauptete der Pfader.
    »Gebt sofort Ruhe!« Mythor war nahe daran, die Beherrschung zu verlieren. Wütend funkelte er die beiden Streithähne an, woraufhin Gerrek beleidigt den Schwanz einzog.
    »Ab sofort sage ich überhaupt nichts mehr«, murrte er.
    Mythor seufzte. »Du ahnst gar nicht, wie froh ich darüber bin.«
    Gerrek murmelte irgend etwas Unverständliches.
    »Was ist Sargoz?« Mythor zog Caerylls Landkarte zu Rate und studierte sie eingehend. Er fand eine Zeichnung, die ihn unwillkürlich an einen halbierten Himmelsstein erinnerte.
    »Ich glaube nicht«, sagte Robbin, »daß Sargoz ein Meteor ist. Es besteht aus zwei Landteilen, die durch eine schmale Felsbrücke miteinander verbunden sind. Früher einmal muß es sich um eine einzige, in etwa kugelförmige Insel gehandelt haben, die durch irgendwelche Kräfte halbiert und schließlich getrennt wurde. Auf der einen Seite eine vollkommene Ebene, weist das andere Bruchstück schroffe, wild zerklüftete Berge auf. Es heißt, daß im Umland unzählige Gefahren lauern.«
    »Wo in der Schattenzone gibt es keine Gefahren?« fragte Gerrek. »Werden wir Sargoz auf unserem jetzigen Kurs sehen können?«
    »Ich denke schon«, nickte der Pfader. »Wäre der Nebel nicht gewesen, hätten wir in der Ferne die ebene Hälfte des Eilands erkennen können.«
    »Und die andere?« wollte Lankohr wissen.
    Robbin deutete auf das Steuerpendel, dessen Bewegungen über dem Heptagramm schneller wurden.
    » Carlumen bewegt sich auf einer langgestreckten Kreisbahn, die uns wieder zum Ausgangspunkt zurückführt. Das Loch, das Gerrek treffend erwähnt hat, heißt Nadelöhr. Dahinter werden wir auf die schroffe Hälfte von Sargoz stoßen.«
    Es war wie ein einmalig schöner Sonnenaufgang. Unzählige Lichtstrahlen tasteten über zerklüftetes Gestein und zeichneten zerfließende Schatten inmitten trüber Düsternis. Manch heller Schein verharrte auf Carlumen und zog mit der Fliegenden Stadt weiter.
    Mythor stand neben Fronja auf der Brücke und beobachtete dieses seltene Schauspiel. Erste Felsformationen wurden zu beiden Seiten erkennbar, waren aber noch zu weit entfernt, um eine Gefahr zu bedeuten.
    »Wir fliegen auf das Nadelöhr zu«, stellte Robbin fest. »Mir wäre wohler, könnten wir den Kurs ändern.«
    Carlumen schien einzutauchen in unwirkliche Helligkeit. Es war ein kaltes Licht, das frösteln machte. Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher