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Traumlawine

Traumlawine

Titel: Traumlawine
Autoren: Hubert Haensel
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schienen Handelswaren gelagert zu haben. Aufgebrochene Kisten und zerschlagene Fässer zeugten davon. Es stank nach Unrat und vergorenem Wein. Auf dem geteerten Boden hatten sich Wasserlachen gebildet, in denen es von Ungeziefer nur so wimmelte.
    »Das Schiff wurde geplündert«, stellte Mythor fest.
    »Piraten?« Spielerisch anmutend wog Lonsa sein Schwert in Händen.
    »Mag sein, daß sie mit ihrer Beute abgezogen sind. Ebenso besteht aber die Möglichkeit, daß sie noch in der Nähe lauern.«
    Lonsa verzog sein Gesicht zu einem anzüglichen Grinsen.
    »Sollen sie nur kommen, wenn sie sich blutige Köpfe holen wollen.«
    Die Tür zu den hinteren Räumen hing schräg in den Angeln. Knarrend öffnete sie sich unter Berbus’ Fußtritt.
    Die Finsternis vor ihm gebar das dumpfe Dröhnen.
    »Eine Fackel!« rief Berbus. Einer seiner Krieger reichte sie ihm.
    Ein kleines Faß war das erste, worauf sein Blick fiel. Der Inhalt mochte gut dreißig Liter betragen, und es hing an zwei kräftigen Tauen von der Decke herab.
    »Versteht ihr das?«
    Berbus drang weiter in den Raum ein. Schlagartig erkannte er die Ursache des steten Geräusches.
    Eine zweischneidige Streitaxt war mit Hilfe von Gegengewichten so an den Balken befestigt worden, daß sie in ständiger Bewegung hin und her schwang. Und jedesmal, wenn sie gegen das Faß schlug, entstand das dumpfe Dröhnen, das durch die Enge des Schiffshecks noch um ein Vielfaches verstärkt wurde.
    Mit einem blitzschnellen Schwerthieb durchtrennte Agon die Taue, die die Streitaxt hielten. Dann löste er auch das Faß und fing es auf, bevor dieses auf den Planken zerschellen konnte.
    »Es ist voll«, stellte er nachdrücklich fest. Seine Finger tasteten über die Kerben, die die Axt hinterlassen hatte. »Fehlt nicht viel, und es wäre kaputt. Möchte bloß wissen, wer sich diese Mühe gemacht hat. Soll ich es öffnen?«
    »Warte!« sagte Mythor. Er hieß Agon, das Faß auf den Boden zu stellen und mit seinem Dolch eine Öffnung hineinzubohren.
    »Wenn du meinst«, murrte der Schwertkämpfer; »Aber weshalb nicht mit einem einzigen schwungvollen Hieb? Ich verspreche dir, kaum etwas vom Inhalt zu verschütten.«
    »Nein!«
    Agon seufzte ergeben.
    »Wasser«, stellte er schließlich fest, als eine Flüssigkeit hochschwappte. Wie um die Richtigkeit seiner Behauptung zu beweisen, kippte er das Faß leicht an. Es war tatsächlich brackiges Wasser, das da auslief und das zum Trinken allein schon wegen seines üblen Geruchs nicht mehr geeignet war.
    »Das verstehe wer will.« Berbus kratzte sich den Kopf. Dann sah er Mythor an.
    »Aufmachen?«
    »Meinetwegen«, nickte der Kometensohn. »Mag sein, daß doch etwas versteckt ist.«
    Beidhändig geführt, zuckte Agons Schwert so schnell durch die Luft, daß niemand ihm mit den Augen zu folgen vermochte. Knirschend splitterte das Holz eine Handbreit unter dem oberen Rand. Wasser schwappte über und näßte die Planken.
    »He, was ist das für ein weißes Zeug?« Der Krieger schien verblüfft. Mit der Rechten packte er zu und zerrte ein wenig von der seltsamen weichen Masse heraus, die im Wasser schwamm. »Eingepökeltes Fleisch? Nein!« Er rieb das Weiße, das noch immer triefte, ratlos zwischen den Fingern und roch daran. »Hm. So etwas habe ich in meinem ganzen Leben nicht gesehen. Was mag das sein?«
    »Zeig her!« forderte Berbus ihn auf.
    Aber dazu kam es nicht mehr. Die Masse trocknete schnell, und völlig unverhofft zuckten zwischen Agons Fingern grelle Flammen auf. Er stieß einen gellenden Schmerzensschrei aus, tauchte die Hand ins Wasser und riß dabei das ganze Faß um.
    »Weg hier!« rief Mythor, der das Unheil kommen sah.
    »Dämonenzauber!« kreischte Agon.
    Das Naß versickerte zwischen den Planken, zurück blieben mehrere Handvoll der weißen Masse.
    »Werft das Teufelszeug über Bord!« brüllte Berbus. Aber schon entfachte sich fauchend eine Feuerwand.
    Die Krieger taumelten zurück. Obwohl Mythor sich rechtzeitig abgewandt hatte, spürte er eine unerträgliche Hitze über sich hinwegrasen.
    Flüche wurden laut und Schreie. Jemand rempelte ihn an, stieß ihn zu Boden.
    »Ihr hirnlosen Narren, wovor flieht ihr?« Berbus streckte dem Kometensohn seine Hände hin, half ihm, wieder auf die Beine zu kommen. Ringsum loderte das Feuer, leckten Flammen gierig über die Bordwand. »Ich werde jeden auspeitschen lassen«, tobte der Hepton.
    »Sie sind geblendet«, sagte Mythor. »Du kannst ihnen keinen Vorwurf machen.«
    Merbon taumelte
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