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Traumlawine

Traumlawine

Titel: Traumlawine
Autoren: Hubert Haensel
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Felsen rückten allmählich näher zusammen. Zum erstenmal wurde erkennbar, daß Kristalle in ihnen eingeschlossen waren. Wie in winzigen Spiegeln brach sich die Helligkeit in vielfältigen Reflexen, die den Augen schmerzten. Fast körperlich wurde die Gefahr spürbar, die voraus lauerte. Krieger und Amazonen hielten die Hände auf den Waffen. Aber nichts zeigte sich.
    Carlurnen trieb auf das Felsloch zu, das wie ein heller Fleck in Flugrichtung stand. Zweifellos war es groß genug, um die Fliegende Stadt ungehindert passieren zu lassen. In jedem Winkel schienen winzige Flammen aufzulodern.
    Mythor versuchte zu erkennen, was vor ihnen lag. Er schaffte es nicht, mußte seine Augen mit den Händen abschatten, um nicht geblendet zu werden. Aber selbst zwischen den Fingern kroch das Licht hindurch wie etwas Lebendiges. Erst hörte er vereinzeltes Stöhnen, dann entsetzte Ausrufe, und er erkannte, daß es keinem anders erging als ihm.
    »Wohin führt dieser Weg?« raunte es aus den Wänden. »Die Helligkeit ist nicht wirklich; sie gehört dem Bösen.«
    Stimmen wurden laut, Schreie und höhnisches Gelächter. Sie kamen von außerhalb der Fliegenden Stadt und verhallten in vielfachem Echo. Auch ohne viel sehen zu können, erkannte Mythor, daß Carlumen in das Nadelöhr einflog.
    Waffenklirren drang an sein Ohr.
    Piraten!
    Der Sohn des Kometen tastete sich vorwärts. Noch standen Blitze vor seinen Augen.
    Jemand folgte ihm. Es mußte Gerrek sein, wie das Geräusch der stolpernden Schritte vermuten ließ.
    Mythor erreichte die Stufen, die zu den Wurfböcken hinaufführten. Sie waren für ihn düstere Schemen in einem Meer von Helligkeit. Aber voraus zeichnete sich bereits wieder Dunkelheit ab.
    Ein jäher Ruck ging durch die Fliegende Stadt. Carlumen schien sich aufzubäumen.
    Weitere Erschütterungen durcheilten die Schwammscholle, begleitet von triumphierendem Geschrei aus etlichen Dutzend rauher Kehlen.
    Eine Felswand schoß rasend schnell heran. Schatten lösten sich von ihr und sprangen herab. Und diese Schatten trugen Schwerter.
    Ohne zu zögern, riß Mythor Alton aus der Scheide. Einer der Angreifer konnte der blitzenden Klinge nicht mehr ausweichen. Er starb mit einem ächzenden Laut auf den Lippen.
    Die Piraten waren (nur entfernt menschlich. Kaum einer glich dem anderen. Aus vielen Rassen und Völkern mochten sie stammen, die hier im Innern der Schattenzone eine neue Heimat gefunden hatten. Sie griffen mit unglaublicher Heftigkeit an.
    Mythor hatte Mühe, sich der Übermacht zu erwehren. Hart prallten die Klingen aufeinander, von kräftigen Armen geführt.
    Rasch wich nun die Blendung von ihm. Das Nadelöhr erstrahlte längst nicht mehr so hell wie zu Anfang.
    Überall auf Carlumen wurde gekämpft.
    Breitbeinig stand Mythor da, mit beiden Händen Alton fest umklammernd. Stinkender Atem schlug ihm entgegen, eine verzerrte Raubtierfratze sprang ihn förmlich an, und er entging der seltsamen Waffe, die aussah wie ein überlanges, mit kräftigen Widerhaken versehenes Schwert, nur um Haaresbreite.
    Mit seiner Größe von nahezu acht Schritt war der einzelne Angreifer, vor dem alle anderen zurückwichen, ein wahrer Riese. Knurrend entblößte er ein kräftiges Gebiß. Seine roten Augen funkelten tückisch, als er Mythor zum zweiten Mal hart bedrängte.
    Der Sohn des Kometen fühlte die unbändige Kraft, die hinter jedem Hieb steckte. Fast wäre es dem Hünen gelungen, ihm Alton aus der Hand zu wirbeln.
    Der Angreifer setzte sofort nach. Als sein Schwert erneut hochzuckte, drehte Mythor sich auf dem linken Fuß zur Seite. Er spürte den heftigen Luftzug, den die fremde Waffe verursachte, und schlug nach, den Schwung des anderen ausnutzend.
    Aber sein Gegner war ebenfalls auf der Hut. Mit der Geschmeidigkeit des geübten Kämpfers parierte er, ehe beide Schwerter den Boden berührten. Mythors Klinge verfing sich zwischen den langen Widerhaken.
    Ein spöttisches Lachen – eine blitzschnelle Drehung… Der Sohn des Kometen mußte nachgeben, wollte er nicht, daß Alton zerbrach.
    Völlig unverhofft packte der Riese zu, bekam seinen Umhang zu fassen und zerrte ihn zu sich heran. Unwiderstehlich war der Griff, der Mythor von den Beinen riß. Dieser urwüchsigen Kraft hatte er nichts entgegenzusetzen. Sich aufbäumend, ließ er Alton fahren und vergrub seine Hände in dem dichten, von Schmutz strotzenden Fell des Angreifers. Es konnte nur ein Versuch bleiben, sich zur Wehr zu setzen.
    Plötzlich war da eine sengende Hitze.
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