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0467 - Der Kristall der Macht

0467 - Der Kristall der Macht

Titel: 0467 - Der Kristall der Macht
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Ein Schatten schlich lautlos durch die Schwefelklüfte. Niemand bemerkte ihn. Wenn er in die Nähe von Höllenkreaturen geriet, zog er sich in die normalen Schattenzonen zurück und verschmolz mit ihnen bis zur Unkenntlichkeit. Dennoch behielt er stets seine Eigenständigkeit bei. Lediglich in bestimmten Bereichen der Höllenzone mußte er besonders aufmerksam sein. Dort, wo der Machtbereich stärkerer Erzdämonen begann, die mit ihren unheimlich starken magischen Fähigkeiten auch einen Schatten in den Schatten hätten aufspüren können. Dämonen wie Astaroth zum Beispiel. Oder Satans Ministerpräsident Lucifuge Rofocale. Oder auch die Fürstin der Finsternis, Stygia, die nun auf dem Thron saß, der eigentlich dem Besitzer des Schattens gebührte. Zwar besaß Stygia nicht jene gewaltigen Ur-Kräfte von Erzdämonen, doch allein ihr Amt gab ihr Macht, und die Wohnstatt des Fürsten war mit magischen Fallen durchsetzt, in denen sich ein Unkundiger nur zu leicht verfangen konnte.
    Das Wesen, das den Schatten warf, kannte sich aus. Es hatte einst selbst hier regiert, vor langer Zeit, als die Welt in der Hölle noch in Ordnung gewesen war. Jetzt aber war alles in Aufruhr geraten. Alles schien sich in einer Phase des Umbruchs zu befinden. Kaum jemand wußte mehr, woran er wirklich war.
    Leonardo deMontagne war es, der den Schatten warf.
    Genauer gesagt, sein Körper war es. Denn das Bewußtsein des einstigen Fürsten der Finsternis war längst erloschen. Das Tribunal der Erzdämonen hatte ihn angeklagt, verurteilt und hingerichtet. Doch dann war der Körper des toten Dämonenfürsten verschwunden, und in den Schwefelklüften ahnte niemand, daß er neu beseelt worden war.
    Magnus Friedensreich Eysenbeiß hatte ihn sich zur neuen Hülle erwählt.
    Er, der aus einer anderen Dimension gekommen war, war einst Leonardos Berater gewesen, hatte ihn aber bald überflügelt und Lucifuge Rofocale verdrängt, um selbst die rechte Hand LUZIFERs zu werden. Doch er hatte den Fehler begangen, einen Pakt mit dem ERHABENEN der DYNASTIE DER EWIGEN zu schließen. Die Dynastie zählte zu den Todfeinden der Höllischen. Man hatte es Eysenbeiß als Hochverrat angekreidet, und Leonardo deMontagne hatte ihn persönlich hingerichtet. Aber er hatte nur den Körper töten können, nicht das Bewußtsein, das in jenes Amulett geschlüpft war, das Leonardo deMontagne irgendwann einmal an sich gebracht hatte, einen jener geheimnisumwitterten Sterne von Myrrian-ey-Llyrana . Lange Zeit hatte Leonardo nicht geahnt, welche Rache-Schlange er da an seinem Busen nährte, welche ihm immer wieder Schwierigkeiten bereitete und seine Pläne sabotierte, um ihn bei den anderen Dämonen in Mißkredit zu bringen - etwas, was Leonardo allerdings auch von sich aus schon nie schwer gefallen war. Sie haßten ihn alle, den Emporkömmling, und sie hatten sich ihm vorwiegend nur deshalb unterworfen, weil Lucifuge Rofocale seine Thronbesteigung gebilligt hatte - derselbe Lucifuge Rofocale, der nach Eysenbeißens Hinrichtung stillschweigend zurückgekehrt und seinen Platz unangefochten wieder eingenommen hatte.
    Als dann Leonardo selbst einer Intrige zum Opfer fiel und exekutiert wurde, hatte das Eysenbeiß-Bewußtsein den toten Körper blitzschnell und unbemerkt übernommen. Der Dämon Astardis hatte derweil das wieder freigewordene Amulett an sich genommen, es dann aber irgendwann als zu gefährlich erachtet und in die Welt hinaus geschleudert. Niemand konnte mit Bestimmtheit sagen, wo es sich jetzt befand; ob man es auf der Erde suchen mußte oder in einer der unzähligen anderen Welten des Kosmos.
    Eysenbeiß, der Dybbuk, konnte nun nach Belieben Leonardos Körper verlassen und in ihn zurückkehren, um in der Zwischenzeit den Geist anderer Wesen unter seine Kontrolle zu zwingen. Das war auf lange Sicht auch sein Ziel. Er wollte nicht für den Rest seines möglicherweise unendlich lange währenden Lebens - zumindest erhoffte er sich das - an den Körper eines Toten gebunden sein. Hätte es noch ein Restbewußtsein gegeben, wäre es ihm ein Vergnügen gewesen, seinen einstigen Feind damit zu quälen, die völlige Herrschaft über seinen Körper zu besitzen, aber es gab nicht einmal mehr einen winzigen Hauch. Also hatte es auch keinen Sinn, bis ans Ende aller Tage in diesem Körper zu verbleiben.
    Doch Eysenbeißens erster Versuch, den jugendfrischen Körper eines Menschen zu übernehmen, war fehlgeschlagen. Der Geist jener indianischen Zauberin war so stark gewesen, daß sie
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