Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumlawine

Traumlawine

Titel: Traumlawine
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
und Boote hasteten Mythor und Fronja zu den Barrikaden hinab. Hier war mehr Helligkeit, die gespenstische Schatten zeichnete. In einem eisernen Trog glomm ein Holzfeuer.
    Das Dröhnen schien von dieser Seite zu kommen. War da nicht etwas? Ein Schemen, der unaufhaltsam näher glitt?
    Der Hepton hatte seine Streitaxt in die Scheide gesteckt und bemühte sich, ein kleines Katapult schußbereit zu machen. Mythor konnte erkennen, was die Waisen vorhatten, doch bezweifelte er, daß sie Erfolg haben würden.
    Mit einer eisernen Gabel zerrte einer der Krieger ein glühendes Stück Holz aus dem Feuer. Funken stoben prasselnd auf, und es roch nach brennendem Harz.
    Augenblicke später wurde das Holz davongewirbelt, eine feurige Spur durch die Düsternis ziehend. Kurz bevor die Glut erlosch, zeichnete sich flüchtig ein mächtiger Schatten ab.
    »Ein fremdes Schiff?« rief Fronja.
    Mythor zuckte mit den Schultern. Alles war zu schnell gegangen, um Einzelheiten erkennen zu lassen.
    Wieder betätigte Berbus das Katapult, nachdem er dessen Richtung um mehr als eine Handbreit verändert hatte. Das brennende Holz stieg erst gut zwei Dutzend Schritte weit in die Höhe, um dann in weitem Bogen abzusinken.
    Zerschlissene Segel wurden sichtbar, als Funken sich an dem schmutzigen Grau des verwitterten Stoffes brachen.
    Das Pochen klang drohend und unheimlich. Vermutlich war die Quelle des Geräusches auf dem anderen Schiff zu suchen.
    Eine dritte Flammenspur… Diesmal hatte Berbus hervorragend gezielt. Das Holz schlug drüben auf dem Deck auf und zerbrach unter der Wucht des Aufpralls. Sofort züngelten winzige Flammen in die Höhe.
    »Wenn da jemand wäre«, rief Lonsa, »hätte er sich längst gezeigt.«
    Noch fünfzig Schritte Distanz zwischen Carlumen und dem fremden Schiff. Der Nebel war kaum mehr ein Hindernis, zumal inzwischen ein fahles Feuer an der Takelage emporleckte.
    »Fliegen wir hinüber«, schlug Berbus vor. »Mag sein, daß jemand unsere Hilfe braucht.«
    Der Sohn des Kometen nickte zustimmend. Zusammen bestiegen sie ein kleines Beiboot: Berbus, Hepton und Anführer der Siebenerschaft Wälsenkrieger; Agon und Lonsa, seine beiden Schwertkämpfer; Merbon, der mit der Lanze, und Huuk, der mit dem Bogen umzugehen verstand wie kein zweiter – und Mythor.
    Nur das Prasseln des Feuers empfing sie. Sofort schwärmten die Waisen aus, während ein auffrischender Wind die Flammen mannshoch auflodern ließ.
    Das fremde Schiff mochte gut fünfzig Schritt lang sein und mindestens zwanzig breit. In gewisser Hinsicht erinnerte es an Burras Sturmbrecher, war es doch kaum minder wehrhaft gebaut.
    Die Segel zerrten an ihren Halterungen. Rasch verglühende Stoffetzen wurden in Richtung auf Carlumen davongewirbelt.
    Mythor fand den ersten Toten unmittelbar vor dem Bugkastell. Nichts deutete auf die Todesursache hin.
    Wesen wie diesem war noch niemand begegnet. Selbst Berbus schüttelte verwundert den Kopf.
    Der Fremde, gut sechs Schritt groß, lag zusammengekrümmt auf den Planken. Sein nahezu runder Schädel war ohne Behaarung. Ohren fehlten, vorausgesetzt, man bezeichnete die durch Häute verschließbaren Öffnungen an den Schläfen nicht als solche. Auch die Nase war nur andeutungsweise vorhanden. Aber nicht das fesselte Mythors Aufmerksamkeit, sondern das dritte Auge, das der Tote mitten auf der Stirn trug.
    »Ein Wesen der Schattenzone«, vermutete Lonsa.
    »Ich weiß nicht«, wehrte Mythor ab. »Angesichts dieses Schiffes kann ich nicht daran glauben.«
    Das Dröhnen schien von unter Deck zu kommen. Schon wollte der Sohn des Kometen der Ursache nachgehen, als er die Narbe am Hals des Toten bemerkte. Zweifellos rührte sie von einer feinen Schlinge her.
    Der Fremde war demnach erwürgt worden, und sein Tod lag kaum länger als einen Tag zurück.
    »Ich fürchte«, sagte Berbus, »daß noch mehr solcher Überraschungen auf uns warten.«
    »Wir sollten das Feuer löschen, um uns in Ruhe umsehen zu können. Wahrscheinlich gibt es Wasserfässer in den Laderäumen.«
    Mit einem letzten Blick auf die bereits schwelenden Decksplanken, stiegen sie die enge Treppe in den Bauch des Schiffes hinab. Nur Huuk blieb als Wache zurück.
    Man fand mehrere Tote. Offenbar war die Mannschaft im Schlaf überrascht worden.
    »Weiter!« befahl der Hepton. »Hier kann niemand mehr helfen. Mögen ihre Götter ihnen gnädig sein.«
    Mittschiffs führte eine weitere Treppe tiefer.
    Quietschend flohen Ratten vor den herannahenden Kriegern in die Kielräume. Hier
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher