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Nibelungen 04 - Das Nachtvolk

Titel: Nibelungen 04 - Das Nachtvolk
Autoren: Bernhard Hennen
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Prolog

    as für eine Nacht! Es schien, als wolle der Wi n ter gar kein Ende mehr nehmen. Der Schnee war zwar schon vor zwei Wochen geschmo l zen, doch dann kehrte die Kälte noch einmal zurück. Der junge Knecht blickte zu dem e r leuchteten Turmfenster. Die Welt war ungerecht! Warum lag sein Herr jetzt dort oben in einem warmen Bett, und er mußte hier unten zwischen den B ü schen des Kräutergartens kauern, um das Tor zur Festhalle zu beobachten? Das Jahr hatte ohn e hin schlecht angefangen. Am Neujahrstag waren diese Sachsen angekommen. Wie ein Rotte Wildsäue hatten sie ausgesehen mit ihren dicken Pelzen, und dann dieser protzige Schmuck. Sogar die Krieger trugen goldene Ketten und Armreife. Barb a ren! Golo schüttelte den Kopf. Er hatte nicht verstehen können, warum König Gunther ihnen Ei n laß gewährte. Dieses Pack! Allesamt gebärdeten sie sich, als seien sie Fürsten und Könige. Sogar die Pferdeknechte der Sachsen hielten sich für was Bess e res!
    Golo rieb sich die klammgefrorenen Finger. Sein Herr ging da ganz anders mit diesen Barbaren um. Er wußte, wie man sie treffen konnte! Einen Bastard würde er diesem hochnäsigen Fürsten Horsa unterschieben!
    Von der Festhalle erklang lautes Lärmen. Die große Tür öffn e te sich, und ein breiter Streifen goldenen Lichts fiel auf den Hof. Sie kamen früher zurück, als er erwartet hätte. Verfluchte Sac h sen! Golo formte seine Hände zu einer hohlen Kugel und blies durch den schmalen Spalt, der zwischen den beiden Daumen blieb. Ein leises und ziemlich unechtes Schuhu erklang. Golo fluchte leise. Sie hatten vereinbart, daß er seinen Herren mit dem Ruf eines Käuzchens warnte, wenn die Gesandten zurüc k kamen. Und jetzt das! Er versuchte es noch einmal, doch der zweite Käuzchenruf klang noch kläglicher.
    Golo blickte zu dem erleuchteten Turmfenster. Nichts! Sein Mund war jetzt so trocken, als hätte man ihm eine Handvoll Mehl zu essen gegeben. Er mußte irgend etwas unternehmen! Sie durften seinen Herren nicht dort oben erwischen! Nicht auszudenken, wenn Horsa, der Leiter der sächsischen Gesand t schaft …
    Golo formte seine Hände zu einem Trichter und stieß ein schauriges Geheul aus. Er hatte schon lange keinen Wolf mehr gehört, doch war er mit sich zufrieden. Im Geiste malte er sich eine graue Bestie mit fingerlangen Fängen und blutunterlauf e nen Augen aus. Das war nicht irgendein Wolf, den er da nac h ahmte. So heulte ein Leitwolf oder vielleicht gar Fenris, der Götterwolf, von dem die Heiden manchmal sprachen. Noch einmal stieß der Knecht ein langes, klagendes Heulen aus. Wahrscheinlich würde den Sachsen gerade das Blut in den Adern gefrieren, und sie riefen ihre ewig betrunkenen Götter um Schutz an.

    »Euer Haar leuchtet wie das Licht der Sommersonne und kü n det von der reichen Ernte der Liebe, die Eure wohlgeformten Schenkel versprechen.«
    Amalasfrida lächelte und strich ihm mit einer ihrer goldenen Locken durchs Gesicht. »Ein freches Mundwerk habt Ihr, Herr Volker. Und doch ist es erbaulich, Euch zu lauschen. Ihr ve r steht es, schönere Worte für mich zu finden als jeder andere Mann, den ich kenne. Die Barden, die unsere Höfe besuchen, singen nur vom Krieg und von den Alten Göttern … «
    »Dabei verdient es eine so schöne Frau, wie Ihr es seid, una b lässig besungen zu werden.« Er beugte sich herab und küßte ihre Brüste. »Weiß wie Milch ist Eure Haut, und seht nur die kleinen Knospen, wie sie sich mir begierig entgegenrecken, so wie sich die Knospen des Rosenbusches zur Frühlingssonne strecken … «
    Amalasfrida zog ihn zu sich hinab und küßte ihn. Ihre Hände tasteten über seinen Rücken, glitten tiefer … Was für ein Weib! Die Sachsen mochten ungewaschene Barbaren sein, doch die Frau des Herzogs vermochte jeden Mann die Kälte der letzten Winterabende vergessen zu lassen. Manchmal war sie leide n schaftlich und dabei so wild wie ein gereizter Eber, doch schon im nächsten Augenblick konnte sie wieder zahm und zärtlich sein. Nach seiner ersten Nacht mit ihr hatte sich Volker gefühlt, als habe er eine Schlacht geschlagen, und er wußte nicht zu s a gen, ob er gewonnen oder verloren hatte. Sein Rücken war mit langen, blutigen Striemen überzogen, und überall auf seinem Leib hatten ihre leidenschaftlichen Küsse Spuren hinterlassen. Aber was bedeutete das schon im Vergleich zu einer Liebe s nacht in ihren Armen!
    »Habt Ihr das gehört?«
    Volker blinzelte verschlafen. »Wovon sprecht Ihr,
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