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Aristos - Insel der Entscheidung

Aristos - Insel der Entscheidung

Titel: Aristos - Insel der Entscheidung
Autoren: Michelle Reid
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1. KAPITEL
    Wäre ein Schneesturm durch die weit geöffneten Terrassentüren hereingefegt, die Stimmung in der Sommerresidenz der Familie Markonos hätte kaum frostiger sein können.
    Mit wütenden Blicken musterte Andreas seinen Vater, der ihm gegenüber an dem langen Eichenholztisch saß. „Auf gar keinen Fall!“, stieß er entschlossen hervor und hieb zur Bekräftigung mit der Faust auf die Tischplatte.
    „Ich verstehe dich einfach nicht“, seufzte Orestes Markonos frustriert. „Du sagst mir, dass du dich bereit fühlst, die Leitung der Firma zu übernehmen, und ich bin bereit, sie dir zu übertragen. Also, was ist dein Problem?“
    Das war doch wohl offensichtlich! „Ich lasse mich nicht erpressen.“
    „Du nennest es erpressen, ich nenne es Geschäftssinn. Wer in unserer Branche erfolgreich sein will, kann sich nun mal kein derart unbeständiges Privatleben leisten. Das sollte dir doch eigentlich selbst klar sein“, predigte sein Vater. „Wir müssen blitzschnell Entscheidungen treffen, immer und überall. Und teilweise wissen wir nicht einmal, wer alles davon betroffen sein wird. Berauschend kann sie sein, diese Macht – und sehr gefährlich!“
    „Versuchst du gerade anzudeuten, dass ich verantwortungslos und machtbesessen bin?“ „Ach, was!“ Orestes machte eine wegwerfende Handbewegung. „Du weißt ganz genau, dass du alle mit deinem
    Scharfsinn und deiner sicheren Entscheidungsfähigkeit beeindruckst. Aber ich bin älter als du, Andreas, und ich weiß, wie schnell man sich die Finger verbrennen kann. Bisher habe ich dich vor Fehltritten bewahrt, weitestgehend jedenfalls. Doch was passiert, wenn ich erst im Ruhestand bin?“
    „Dann muss ich mich wohl selbst vor Fehltritten bewahren …“
    Seine ironische Antwort wirkte auf den alten Mann wie ein rotes Tuch auf einen kampfeslustigen Stier. Langsam und bedrohlich lehnte er sich über den Tisch, während er seinen Sohn mit zornigen Blicken anstarrte. „Wage nicht, in diesem Ton mit mir zu sprechen“, knurrte der Siebzigjährige warnend. „Du weißt ganz genau, wovon ich spreche. Ich hatte deine Mutter und meine geliebten Kinder, die mich tagtäglich daran erinnerten, was wirklich zählt im Leben. Du hingegen hast nur einige sehr unverbindliche Beziehungen zu einigen sehr unverbindlichen Damen. Und das ist ganz einfach nicht gut genug!“
    „Ich werde bestimmt nicht noch einmal heiraten, weil du es so willst“, erwiderte Andreas kühl.
    „Das klingt ja, als ob ich deine erste Ehe verlangt hätte! Du selbst warst irgendwann klug genug, um einzusehen, dass Louisa ein Fehler war.“
    Andreas erstarrte. Dann zog er die schwarzen Augenbrauen nach oben und erklärte nachdrücklich: „Niemals habe ich das gesagt!“
    „Ihr wart damals beide viel zu jung und unüberlegt“, brummte Orestes. Für seine Verhältnisse ein riesiges Zugeständnis; normalerweise gab er seiner einstigen Schwiegertochter die ganze Schuld für die Katastrophe.
    Nur selten stellte Andreas sich offen gegen seinen Vater. Dazu respektierte er den alten Mann viel zu sehr. Jetzt aber bewegte er sich klar auf verbotenem Terrain! Niemand erwähnte ungestraft Louisas Namen oder seine missglückte Ehe mit ihr!
    Seufzend warf er seine Serviette auf den Tisch, stand auf und ging zur Bar hinüber. Wie gewohnt hatte er seinen schlanken, muskulösen Körper in einen schwarzen Maßanzug gezwängt. Bei gemeinsamen Mahlzeiten bestand seine Mutter auf eleganter Abendkleidung, komme, was wolle.
    Nachdenklich ließ Andreas den Blick durch den eleganten Salon schweifen. Seit der erste Markonos seinen Fuß auf die Insel Aristos gesetzt hatte, gab es diese Villa. Wenn auch nicht in der heutigen Form. Zahlreiche Umbauarbeiten hatten die Sommerresidenz der Markonos nach und nach zu einem wahren Prachtbau gemacht.
    Trotzdem hätte er gern auf seinen Besuch hier verzichtet, wie er es auch die vergangenen fünf Sommer getan hatte. Nur die eindringliche Bitte seiner Mutter und die Andeutung seines Vaters, er habe etwas überaus Wichtiges mit ihm zu besprechen, hatten ihn letztlich umgestimmt. Allerdings auch nur, weil er ahnte, worüber sein Vater mit ihm reden wollte, sonst wäre ihm wohl in allerletzter Minute noch etwas furchtbar Dringendes „dazwischengekommen“. So wie seiner Mutter, die heute Abend mit einer höflichen Ausrede vom Abendessen ferngeblieben war, um „ihren Männern“ die Gelegenheit zu geben, unter vier Augen zu sprechen.
    Längst schon wäre der Rückzug seines Vaters aus
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