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Traumfaenger

Traumfaenger

Titel: Traumfaenger
Autoren: Petra Roeder
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Körper.
    »Meinst du, ich wäre nach fast fünf Monaten ohne Nahrung noch in einem so guten Zustand?« Ich betrachtete ihn lange. Matt war sehr sportlich und hatte einen durchtrainierten Oberkörper. Er hatte die Ärmel seines Hemdes bis zu den Oberarmen hochgekrempelt, so dass man einen Teil seines ausgeprägten Bizeps sehen konnte. Er wirkte muskulös, aber auf eine angenehme Art und Weise. Nicht so wie jemand, der täglich Stunden im Fitness-Center verbrachte und sich ausschließlich von Protein-Shakes ernährte. An Matt stimmte einfach alles.
    »Da ist was dran«, pflichtete ich ihm bei. »Also fassen wir mal zusammen. Du bist hier freiwillig aufgeschlagen, aber irgendetwas ist schief gegangen und jetzt sitzt du hier fest, richtig?«
    »Richtig«, bestätigte Matt meine Vermutung. Ich kaute angestrengt auf meiner Unterlippe herum und sah nachdenklich in die Flammen. Matt war hier gefangen und meine Schwester befand sich auch irgendwo in diesem verfluchten Wald. Sie konnten nicht aus eigener Kraft zurück in die normale Welt, ganz im Gegensatz zu mir. Ich würde diesen Wald verlassen haben, sobald ich aufwachte, und könnte jederzeit wieder zurückkehren. Diesen Vorteil sollte ich doch ausnutzen können, um den beiden zu helfen, oder?
    »Worüber denkst du so angestrengt nach?«
    »Ich überlege, was ich tun könnte, um dich und Emma hier herauszuholen.« Matt sah mich eindringlich an.
    »Es wäre viel zu gefährlich dich da mit hineinzuziehen. Du bist nicht an diese Welt gebunden und hast den freien Willen wieder zu gehen. Dass du jetzt gerade hier bist, ist schon verantwortungslos genug. Ich habe die letzten Monate hier zugebracht und ich werde mich auch weiterhin nicht unterkriegen lassen, bis ich einen Weg hier raus gefunden habe.«
    »Du vielleicht, aber was ist mit meiner Schwester? Emma ist noch so jung und sie hat sicher schreckliche Angst. Die Seelenfresser werden sie früher oder später finden und ...«, ich hielt inne, als ich Matts beklommenen Gesichtsausdruck sah. »Was ist?«, fragte ich argwöhnisch. Er rieb sich erschöpft die Augen und holte tief Luft.
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie Emma schon gefunden haben«, sagte er so leise, dass ich Mühe hatte, ihn zu verstehen.
    »Was?«, schrie ich und sprang auf. Leider hatte ich in meiner Aufregung nicht bedacht, dass die Höhle nicht sehr hoch war und knallte mit voller Wucht gegen die Erde über mir. Benommen sank ich zurück auf meinen Platz und rieb mir den schmerzenden Schädel. Matt rutschte zu mir und legte seine Hand auf meinen Unterarm.
    »Ich bin mir sicher, ihr geht es gut. Noch jedenfalls«, erklärte er. Als er meinen entgeisterten Gesichtsausdruck wahrnahm, fügte er rasch hinzu: »Ganz bestimmt ist Emma noch im Besitz ihrer Seele. Ich denke, sie haben deine Schwester gefangen und in das Haus gebracht.«
    »In welches Haus?« Das alles wurde immer absurder. Wovon redete Matt da eigentlich?
    »Ich selbst bin noch nicht bis zu diesem Ort vorgedrungen, weil er ziemlich am Ende des Waldes liegt, aber ich habe in meiner Zeit hier viel darüber in Erfahrung bringen können. Das Haus ist ein Platz, zu dem die Seelenfresser nur wirklich reine und unschuldige Seelen bringen. Dementsprechend werden fast nur Kinder dorthin verschleppt, denn sie sind noch nicht so verdorben wie die Seelen der Erwachsenen. Dort werden sie gefangen gehalten, bis...«, er verstummte, und besah sich mit äußerst konzentrierter Miene, seine Fingernägel.
    »Bis was?«, rief ich auffordernd. »Mein Gott, lass dir doch bitte nicht jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen.«
    »Sie sammeln dort die reinen Seelen für ihren Meister«, informierte er mich.
    »Und was hat dieser Meister damit vor?« In dem Moment, als die Frage meine Lippen verlassen hatte, ahnte ich schon, wie die Antwort lauten würde.
    »Er saugt sie in sich hinein, denn eine unbefleckte Seele ist wie ein Kraftelixier. Je mehr er davon in sich aufnimmt, desto stärker wird er.« Bei dem Gedanken jemand würde Emmas Seele aus ihrem kleinen, zerbrechlichen Körper saugen, wurde mir ganz flau im Magen.
    »Aber das müssen wir verhindern. Ich kann doch nicht zulassen, dass irgendein dahergelaufener Irrer die Seele meiner kleinen Schwester verspeist.« Ich war drauf und dran wieder aufzuspringen, so aufgeregt war ich, doch Matt fasste mich an beiden Schultern und hielt mich fest.
    »Ganz ruhig«, besänftigte er mich, als wäre ich ein aufgescheuchtes Pferd, das er unter Kontrolle bringen müsste.
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