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Totes Meer

Titel: Totes Meer
Autoren: B Keene
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ein untoter Bär. Wenigstens übertrug sich die Seuche nicht auf die Vögel. Wäre das passiert, tja... jahrelang hatten wir uns über die Vogelgrippe den Kopf zerbrochen. Der Gedanke, dass Hamelns Rache auch durch Vögel übertragen werden könnte, war furchterregend, denn Vögel sind einfach überall. Egal, wohin man geht, dort sind Vögel. Es gibt keinen Ort, an den man sich flüchten könnte, wo die Vögel einen nicht finden. Die Vögel steckten sich nicht an, soweit wir das überblicken konnten, aber viele andere Tiere eben schon. Nicht alle von ihnen, aber genug. Schafe bekamen es, Schweine nicht. Pferde waren immun, Rinder nicht. Affen – Tod gleich Zombie. Rehe – altmodisches Sterben.
    Und natürlich gab es auch einige Arten, die anfangs immun zu sein schienen, später aber anfällig wurden. Eichhörnchen schienen zunächst nicht betroffen zu sein, was irgendwie seltsam war, weil sie doch eigentlich nur Ratten mit plüschigen Schwänzen sind. Aber
später infizierten sie sich auch. Da sie ständig auf andere Arten übersprang, gab es keinen Weg, die Seuche aufzuhalten. Es geschah sehr schnell. Amerika fiel. Südamerika. Kanada. Dann schaffte es Hamelns Rache nach Übersee und infizierte Europa, Asien und dann den afrikanischen Kontinent. Dann reiste sie weiter nach Australien. Das Letzte, was ich sah, bevor endgültig der Strom ausfiel, waren verschneite Aufnahmen von einer Million Zombie-Ratten, die über eine Million Menschen herfielen. In Mumbai, Indien.
    Plötzlich musste ich mir keine Gedanken mehr darüber machen, ob meine Rechnungen bezahlt waren oder die Cops herausfinden könnten, dass ich es gewesen war, der während dieser Probefahrt die Ford-Filiale ausgeraubt hatte. Ich musste nicht darüber nachdenken, ob ich den Mumm hätte, so was nochmal zu machen. Ich musste mich auf Wichtigeres konzentrieren, zum Beispiel, zu überleben und nicht von meinen Nachbarn gefressen oder von irgendeinem dämlichen Idioten erschossen zu werden.
    Denn es waren ja nicht nur die Zombies, vor denen man sich in Acht nehmen musste. Wäre es so gewesen, und hätten der Präsident, die Homeland Security, die Seuchenschutzbehörde und der Rest unserer Regierung schnell genug gehandelt, wäre das alles vielleicht nicht passiert. Aber das haben sie nicht. Genau wie bei Pearl Harbor, 9/11, Hurricane Katrina und den ganzen anderen nationalen Katastrophen. Wenn sie mit einer unvorstellbaren Krise konfrontiert
wurde, versagte die Regierung, anstatt effizient und rechtzeitig zu reagieren. Vielleicht konnten sie es nicht. Ich meine, vielleicht gibt es im Handbuch der Katastrophenschutzbehörde kein Kapitel darüber, was zu tun ist, wenn Tote anfangen herumzulaufen und Menschen zu fressen. Das ist nichts, wofür die Regierung Pläne entwickelt. Es ist ein unvorstellbares Szenario.
    Doch es war nicht Vorstellung oder Einbildung. Es war Wirklichkeit.
    In den folgenden Wochen entwickelten sich noch andere Gefahren als die Zombies. Plünderer und bewaffnete Banden zogen durch die Straßen. Durchgedrehte Cops und Typen von der Nationalgarde erschossen wahllos Tote und Lebende. Amerika kehrte zu den guten alten Tagen des Wilden Westens zurück. Dinge wie Schuld und Unschuld spielten keine Rolle mehr. Das einzige Recht, das noch zählte, war das Recht der Waffe. Sie evakuierten Washington, D.C. und schickten den Präsidenten, sein Kabinett und all die wichtigen Schnösel, die im Kongress und im Senat arbeiteten, in gesicherte, unterirdische Bunker in Virginia, Maryland und Pennsylvania. Angeblich sollten sie von dort aus das Land regieren können. Konnten sie nicht. Alles ging in die Brüche.
    Unsere Städte und Kleinstädte erinnerten nun an Somalia oder Beirut. Okay, wenn ich ehrlich sein soll, war meine Gegend auch schon vor Hamelns Rache so gewesen. Der einzige Unterschied bestand darin, dass jetzt auch der Rest des Landes eine Ahnung davon bekam,
was es bedeutete, im Ghetto zu leben. Anstelle von Drogengangs und durchgeknallten Freaks auf Crystal Meth oder Crack gab es jetzt die Bürgerwehr und die Zombies. Kein großer Unterschied, und in beiden Fällen kamen nie Cops, wenn man sie rief.
    Ich erinnere mich noch an eine Pressekonferenz mit dem Außenminister. Er schwitzte wie ein Schwein. Wirkte nervös. Er versicherte den Reportern, dass es Präsident Tyler, dem Vizepräsidenten und den Kabinettsmitgliedern gutginge – und dass die Krise vorübergehen würde. Bald wären die Dinge wieder unter Kontrolle und die Gesellschaft
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