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Totes Meer

Titel: Totes Meer
Autoren: B Keene
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Runden. Aber er hatte nie aufgegeben. Er war ein witziger, fröhlicher Mensch. Nachdem er eingezogen war (sein Haus war weniger sicher), verschwand meine Einsamkeit.
    Doch irgendwann schwanden durch den zusätzlichen Esser die Vorräte schneller, als ich erwartet hatte. Ohne Strom waren die Lebensmittel im Kühlschrank verdorben, und die Küche stank wie die Zombies. Ich hatte immer noch jede Menge Bier, Dosenfutter und Trockennahrung. Und viel Wasser. Wir pinkelten in leere Bierflaschen, damit das Wasser in der Toilette sauber blieb. Ich dachte mir, dass wir, falls nötig, aus der Schüssel trinken konnten.
    Als uns das Essen ausging, mussten wir raus. Da beteiligte ich mich auch an der Plünderung. Ich weiß, was ihr denkt. Schwarzer, Ende zwanzig... natürlich hat er den Supermarkt geplündert. Leckt mich. So war ich nicht. Ich hatte eine harte Kindheit. Wuchs
in einem alten Reihenhaus mitten in Druid Hill Park auf. Eine verdammte Müllhalde. In die Risse in den Wänden stopften wir alte Lappen, und im Winter hatten wir Plastikfolie über den Fenstern, um die Kälte abzuhalten. Die einzigen Haustiere meiner Kindheit waren die Kakerlaken. Die Gegend war völlig heruntergekommen – Müll auf den Bürgersteigen und totes Gras und Glasscherben auf leeren Grundstücken. Ich musste mit ansehen, wie meine Freunde auf offener Straße niedergeschossen wurden. Sah ihr getrocknetes Blut auf dem Bürgersteig. Sah, wie die Cops und die Priester resigniert mit den Schultern zuckten. Es kümmerte sie nicht. Und auch niemanden sonst. Die Leute kümmerten sich höchstens mal darum, wenn gerade Wahljahr war – oder wenn jemand getötet wurde, der weiß und wichtig war. Ich verbrachte meine Kindheit im Dreck. Jedes Mal, wenn ich zum Spielen nach draußen ging, trat ich auf Crackröhrchen. Überall um mich herum gab es Drogen. Und Verbrechen. Es war eine Art Lebensstil. Aber auf diesen Scheiß ließ ich mich nicht ein. Ich lebte mein Leben anders. Blieb auf der Schule. Hatte einen Job. Nahm nie Drogen. Trank nie. Raubte nie jemanden aus. Wie schon gesagt, bis zu der Nummer bei dem Autohändler hatte ich noch nie eine Waffe in der Hand gehabt. Und auf diesen Vorfall bin ich nicht gerade stolz. Aber schiebt euch eure stereotypen Vorurteile in den Arsch. Ich habe eine Ausbildung. Kein College, aber ich habe die High School abgeschlossen. Nicht dieser Mist von wegen zweiter Bildungsweg.
Ich bin wirklich in die Schule gegangen und habe meinen Abschluss auf altmodische Weise gemacht. Ich habe viel gelesen und Discovery Channel geschaut. Ich habe nicht geredet wie ein Proll. Hatte kein Bedürfnis, irgendeinem Rapper nachzueifern. Habe die Zähne zusammengebissen, wenn irgendein wohlmeinender weißer Bekannter sich auf irgendeiner Party an mich wandte, wenn das Gespräch sich um Basketball, Wiedergutmachung für ehemalige Sklaven oder den Präsidentschaftswahlkampf von Colin Powell drehte. Oder um Hip-Hop. Ich habe mich nicht mit Goldketten behängt. Ich respektierte Frauen. Habe sie nie als Huren betrachtet. Hing nicht vor dem Spirituosenladen rum. Hielt P. Diddy für einen Idioten. Geh wählen oder stirb? Vergiss es, du blöder, eingebildeter, scheinheiliger Arsch. Bei Jesse Jackson und Al Sharpton ging es mir genauso. Die sollten nachvollziehen können, was ich durchgemacht hatte? Oh, bitte. Keiner von ihnen konnte für mich sprechen. Ich verspürte keinerlei Drang, sie zu respektieren, nur weil wir die gleiche Hautfarbe hatten. Kein Goldschmuck. Keine Hosen, die mir um die verdammten Knöchel schlabberten. Ich weigerte mich, einer von den Medien beeinflussten Kultur Macht darüber einzuräumen, wie ich mich anzog, redete, ging, dachte oder mich benahm.
    Erzählt mir bloß nichts von Gleichberechtigung. Ich habe beide Seiten erlebt. Den leisen, fast entschuldigenden Rassismus des weißen Amerika und die offensichtlichere Ablehnung durch meine eigene Rasse,
einfach, weil ich mich weigerte, dem zu entsprechen, was sie durch Konditionierung für das hielten, was einen Afroamerikaner ausmachte. Meinesgleichen dachten, mit mir stimme etwas nicht, nur weil ich mich weigerte, mich wie ein Gangster aufzuführen.
    Und selbst an guten Tagen, wenn ich jedes einzelne Klischee niedergerungen hatte, mit dem man sich als Schwarzer rumschlagen muss – selbst dann begegnete man mir mit einem ganzen Packen weiterer Vorurteile aufgrund meiner sexuellen Orientierung.
    Ihr denkt, es sei hart, schwarz zu sein? Versucht es doch mal als schwarzer
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