Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totentaenze

Totentaenze

Titel: Totentaenze
Autoren: Beatrix Gurian , Krystyna Kuhn , Manuela Martini , Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
stand. Man hatte sie wohl aus den Betten geholt, obwohl noch nicht alle Schlafanzüge trugen. Ich schlüpfte hinein, was niemandem aufzufallen schien.
    »Das ist Inspektor Bianchi von der römischen Polizei«, sagte Herr Rentsch und deutete auf einen Mann in Jeans und Lederjacke. Er hatte stahlblaue Augen, die typische römische Hakennase und sein silbrig graues Haar trug er ganz kurz geschnitten. Ein Cäsar der heutigen Zeit, dachte ich noch, bevor mir klar wurde, dass er schlechte Nachrichten haben musste. Was sollte er wohl sonst um diese Uhrzeit hier tun?
    Nur wenige Sekunden später sagte dann auch Herr Rentsch die schrecklichen Worte, die ich nie vergessen werde: »Levke ist tot.«
    Mir war, als drücke jemand meinen Hals zu. In meinem Kopf drehte sich alles, der Boden, auf dem ich stand, schien sich in Schlamm zu verwandeln, in den ich einsank, immer tiefer, bis ich darin ertrank; ich rang nach Luft, während sich meine Hände in meine Oberschenkel krallten, als könnte ich mich so vor dem Untergang retten.
    Wie durch Watte drangen Herrn Rentschs Worte zu mir vor. Eine Archäologin hatte Levke gefunden, als sie ihre Arbeit in einem für Touristen gesperrten Teil der Katakomben aufnehmen wollte. »Ihr wurde … ihr wurde das Genick gebrochen«, berichtete uns Herr Rentsch stockend und mit belegter Stimme. Levkes Leiche lag in einem abgesperrten Teil, in einem der Regalfächer, zwischen all den Schädeln und Knochen.
    Ich spürte, wie mein Magen, nein, mein ganzer Körper rebellierte, wie er sich weigerte, die Wahrheit anzuerkennen. Wie von weiter Ferne nahm ich wahr, dass Sandra sich neben mich gestellt hatte und meine Hand fest drückte.
    »Levke wurde ermordet«, fügte Frau Dr. Bart-Keferlein überflüssigerweise hinzu. Ich hatte sie gar nicht bemerkt, da in der Ecke des Raumes. In ihren Augen schimmerten Tränen.
    Wie ein Blitz durchfuhr mich plötzlich ein Gedanke. Levke konnte die SMS an mich und Sebastian gar nicht geschrieben haben. Sie war zu diesem Zeitpunkt ja schon tot! Schon wollte ich meinen Mund öffnen und von diesem merkwürdigen Umstand berichten, als mir einfiel, dass ich dann auch würde erklären müssen, weshalb ich nicht gleich Herrn Rentsch Bescheid gegeben hatte.
    In diesem Moment machte Herr Rentsch einen Schritt auf mich zu und sah mich an. »Wolltest du gerade etwas sagen?«
    »Nein, nein, schon gut«, wehrte ich ab und warf einen Blick auf den Inspektor, der mich ebenfalls musterte. Nein, ich will nicht von ihm verhört werden, schoss es mir durch den Kopf.
    »Wirklich?« Herrn Rentschs Brillengläser wurden zu Brenngläsern, durch die mich seine Augen musterten.
    »Ja, ich meine … Wer kann das nur getan haben …?«
    Sein Blick löste sich endlich von mir und wanderte von einem zum anderen. Niemand sagte etwas.
    Ob ich diese albernen Pilze erwähnen sollte …?
    Im Nachhinein verstehe ich nicht, warum ich mir so oft darüber Gedanken gemacht habe, ob ich etwas sagen darf oder nicht. Warum habe ich mich nicht einfach auf mein Gefühl verlassen und es gesagt?
    Ich spüre die kühler werdende Luft, und ehe ich schützend die Arme um meinen Oberkörper schlinge, wische ich mir ein paar Tränen vom Gesicht und schaue mich hastig um. Nichts.
    Dann ein Blick auf die Uhr. In fünf Minuten werde ich Levkes Mörder treffen …
    »Ein Mord ist ein schreckliches Verbrechen«, fuhr Herr Rentsch fort. »Ein Mensch raubt einem anderen das Leben, beendet es einfach. Levke war erst sechzehn. Sie …«
    Ich hörte nicht mehr zu, konnte einfach nicht fassen, was geschehen war.
    Ermordet. Genick gebrochen. Von wem? Warum? Wann? Die Fragen meißelten sich in mein Gehirn. Und plötzlich, als hebe jemand einen Schleier, sah ich klar: Der Mörder war im Besitz von Levkes Handy. Er musste die Nachricht geschrieben haben. Er musste gewusst haben, dass ich und Levke befreundet waren. Es gab nur diese eine Möglichkeit: Der Mörder ist einer von uns.
    Sofort glitt mein Blick hektisch durch das Zimmer und blieb als Erstes an Sebastian hängen. Sebastian? Wäre er zu so etwas fähig? Neben ihm stand Tadeusz. Hatte der nicht so etwas gesagt wie »Der Tod lauert überall«? Darian lehnte an der Wand und kaute Kaugummi. Als ginge ihn Levkes Tod nichts an.
    »Kannst du wenigstens nicht mal jetzt mit deinem bescheuerten Kaugummi aufhören!«, schrie ich ihn an.
    Alle Köpfe drehten sich zu mir, dann zu Darian und Herr Rentsch verstummte mitten im Satz. Im Hintergrund heulte jemand.
    Ich starrte Darian an, der im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher