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Totentaenze

Totentaenze

Titel: Totentaenze
Autoren: Beatrix Gurian , Krystyna Kuhn , Manuela Martini , Susanne Mischke
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Anerkennung in Zensuren und Auszeichnungen.
    Sebastian hockte währenddessen schweigend und mit herabhängenden Schultern am Ende des Tischs. Levkes Verschwinden hat ihn wohl ganz schön mitgenommen, dachte ich noch, und dass er vielleicht sogar ein bisschen in sie verliebt war.
    Er blieb sitzen, nachdem alle bereits aufgestanden waren. Ich gab mir einen Ruck und ging zu ihm. Erstaunt, ja fast dankbar sah er zu mir auf.
    »Ganz schön blöd, dass wir nichts sagen dürfen, was?«, meinte ich und setzte mich zu ihm.
    »Sag mal …«. Er flüsterte und zog einen durchsichtigen Plastikbeutel aus seiner Hosentasche. »Weißt du, ob Levke dieses Zeug auch genommen hat?«
    Getrocknete Pilze?
    »High machende Pilze, Shrooms«, erklärte er.
    »Woher hast du die?«, fragte ich.
    »Levke hat sie mir gegeben. Sie sagte, sie seien von irgendeinem Onkel …«
    »Wilko!«
    Sebastian nickte. »Sie hat mir gegenüber nie seinen Namen erwähnt – das ist also der Musiker, von dem du mir gestern Nacht in der Kirche erzählt hast.«
    Ich nickte. »Dann hat sie ihren Onkel also doch hier getroffen.«
    »Nein, sie hatte das Zeug schon dabei.«
    Warum hat Levke mir nichts davon gesagt?, dachte ich in diesem Augenblick und schaute Sebastian fragend an.
    »Sind angeblich von Schamanen.«
    »Schamanen?«
    »Ja, aus Sibirien. Diese Typen, die im Schnee bei Vollmond um ein Feuer tanzen und Wurzeln kochen und so Zeug.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung.
    In diesem Moment musste ich an den Geständnistrunk aus Skorpionen denken … Das ist ja völlig schräg, dachte ich. »Vielleicht hat Levke die Pilze genommen und ist durchgedreht oder hat sich entschieden …«
    »… ihr Leben zu ändern?«, unterbrach er mich.
    Ich nickte. »Wir sollten zu Herrn Rentsch …«
    »Bist du verrückt?«, brauste er auf, erschrak dann selbst und sprach leise weiter, obwohl niemand im Raum war. »Was sollen wir denn sagen? Dass wir wissen, dass sie Drogen dabeihatte? Dann sind wir doch mit schuld, weil wir geschwiegen haben.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, unmöglich.«
    Ich ärgerte mich, dass mich Levke in diese Situation gebracht hatte – mich um ihre Angelegenheiten zu kümmern, noch dazu um diese Art von Angelegenheiten. Ich hatte noch nie was mit Drogen zu tun und hatte auch keine Lust, daran etwas zu ändern.
    »Weißt du was, soll die Polizei doch nach Levke suchen. Ich hab keine Lust mehr auf dieses Spiel«, sagte ich, stand auf und ging hinauf in unser Zimmer.
    Von dort wählte ich Levkes Nummer. Ich wollte ihr dasselbe jetzt am Telefon sagen. Außerdem würde ich hinzufügen, dass unsere Freundschaft beendet war.
    Was hatte ich erwartet? Ihre Stimme, die mir lachend erklärte, dass sie keinen Bock mehr auf die Schule und alles, was damit zusammenhing, hatte? Ich weiß es nicht. Aber als die Stimme des italienischen Netzanbieters erklang, schlug meine Wut schlagartig in Verzweiflung um.
    Warum schaltete Levke ihr Telefon nicht an? So würde sie auch keine SMS erhalten. Dennoch verfasste ich eine und schickte sie ab. Melde dich. In der ersten Version hatte ich noch ein gefälligst hinzugefügt, doch auf so eine Nachricht würde sie nie antworten.
    Eine Stunde später vibrierte mein Handy in meiner Hosentasche. Ich konnte es kaum glauben: Levke!
    Ist etwas dazwischengekommen. 23 Uhr, Piazza Giovanna.
    Schon war meine Freude wieder dahin. Warum bestellte sie mich schon wieder an einen dämlichen Ort, anstatt mir einfach am Telefon zu sagen, was los war? Gut, es wäre ein teueres Gespräch, für uns beide, aber das spielte doch in so einer Situation keine Rolle. In welcher Situation, dachte ich noch, hielt mich dann aber für kleinlich, jetzt Haarspalterei zu betreiben, und drückte einfach auf Anrufen. Keine italienische Ansage, sondern Klingeln. Sie muss doch ihr Handy griffbereit haben, sie hat doch gerade eine Nachricht abgeschickt, dachte ich.
    Nichts. Sie ging nicht dran. Ich versuchte es erneut, doch da meldete sich wieder die automatische Ansage.
    In diesem Augenblick hatte ich zum ersten Mal den Gedanken, dass jemand anderes im Besitz von Levkes Handy sein könnte – vielleicht war das der Grund, weshalb Levke sich so und nicht anders verhielt.
    Ich beschloss, noch ein letztes Mal zu dem Treffen zu gehen. Ob Sebastian auch eine Nachricht bekommen hatte? Ich riss die Tür auf und ging mit ausgreifenden Schritten über den mit Linoleum belegten Flur, stieg die Treppe in den zweiten Stock hinauf, wo die Jungs untergebracht waren, und
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