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Endithors Tochter

Titel: Endithors Tochter
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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    Wisset auch, o Prinz, dass in jener Zeit, da Conan von Cimmerien seinen Weg durch die hyborischen Königreiche machte, unter den wenigen Recken, würdig die Klinge mit ihm zu kreuzen, die Rote Sonja war, eine Kriegerin aus dem majestätischen Hyrkanien. Da sie sich die Aufdringlichkeit eines Königs mit der Klinge verwehrte, sah sie sich gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Und so ritt sie westwärts, durch die turanische Steppe und in schattenumwobene Legende.
     
    Auszug aus der Nemedischen Chronik
     
    O ihr klaren, ihr schrecklichen Zeichen
    eines unerforschlichen Geschicks,
    wollt ihr uns vor Augen führen,
    dass wir selbst im tiefen Grab noch keine Ruhe finden?
     
    Baudelaire
     
PROLOG
     
    Arglist
     
    Das Mädchen wimmerte. Tief aus ihr quoll die Furcht brennend zur Kehle, löste sich jedoch nur in Wimmern, Stöhnen und Keuchen, zum Schreien fehlte ihr die Kraft. Ebenso mangelte es ihr an Kraft, sich zu befreien, so verzweifelt sie auch gegen die Lederschnüre ankämpfte, die ihre Arm- und Fußgelenke an Eisenringe auf dem Steinaltar banden. Sie schüttelte den Kopf, um das Haar zurückzuwerfen und die Augen von dem immer wieder hineinperlenden Schweiß zu befreien, aber auch, um zu sehen, wo ihr Herr und Meister jetzt war – immer noch hier in dem gleichen Raum, doch außerhalb des Lichtscheins der Kerzen. Erneut wimmerte sie, plagte sich, Worte zu formen, um ihr Leben zu flehen, sich aufzusetzen. Aber stechender Schmerz biss in ihre Rippen und Beine, und sie fiel zurück auf den kalten Stein, in der Hoffnung, die Pein möge nachlassen, damit sie aufs neue versuchen könne sich zu befreien.
    Ihr Herr kehrte zurück. Seine Pantoffel schlurften über die Steinfliesen, sein hageres, graubärtiges Gesicht erschien aus der Dunkelheit wie das eines Geistes. Die Kerzen warfen ihr Licht von unten auf ihn, dass lange Schatten über sein Gesicht huschten und seine Züge zu einer grässlichen Fratze verzerrten. Das Mädchen ließ den Blick nicht von ihm, suchte nach weiteren Zeichen, dass er Schlimmes mit ihr vorhatte.
    »Ihr Götter!« würgte sie schließlich.
    »Psst …« Er kam näher, um den Altar herum, auf den sie gebunden war. Am Kopfende blieb er stehen, stützte die Hände auf den Granit des Altars und blickte auf ihr Gesicht hinab.
    Sie hörte das dumpfe Klicken des Messers auf dem Stein, als er den Altar berührte.
    »Bitte, Lera!« sagte er mit leiser, düsterer Stimme, aus der Mitleid und Trauer klang. »Bitte, wehr dich nicht, fleh mich nicht an. Es fällt mir so schon schwer genug.«
    »O mein Gebieter!« krächzte sie. »Bei den Göttern, bitte...bitte …!«
    »Sei still!« Auch jetzt hob seine Stimme sich nicht. »Es widerstrebt mir, es zu tun, Lera. Liebes Kind, verstehst du denn nicht? Nur so – nur auf diese Weise kann er vernichtet werden!«
    »Ihr Götter!« würgte sie aufs neue und wandte das Gesicht ab. Tränen rollten über ihre Wangen.
    »Lera …« Er hob das Messer.
    Das Mädchen spannte sich an, stemmte sich gegen ihre Fesseln, so gut es ging, versuchte zu schreien. Nur ein röchelndes Gurgeln entrang sich ihrer Kehle – kein Schrei, der jemanden außerhalb dieser Steinwände zu Hilfe eilen ließe. Aber würden sie ihr überhaupt helfen, irgendwelche Diener, wenn sie sie hörten?
    »Psst – pssst …« Endithor, voll Hass auf sich, versuchte die junge Frau zu beruhigen, ihr die Angst zu nehmen. Er strich ihr sanft über das weiche Goldhaar, als wäre sie seine eigene Tochter. »Es wird schnell gehen, Lera, sehr schnell. Ich muss nur noch die Beschwörung sprechen, dann ist es gleich vorbei. Siehst du denn nicht ein, dass etwas gegen ihn unternommen werden muss? Du hast ein tugendhaftes Leben geführt. Dich werden die Götter nicht verdammen, Lera, sondern mich. Deiner werden sie sich annehmen. Hass mich nicht, weil ich es tun muss, Lera. Bitte – bitte …«
    Wieder wimmerte sie, innerlich zerrissen. Sie konnte ihn gar nicht hassen, er sprach so gütig zu ihr, doch sie fürchtete sein Messer, weil es sie nun jeden Augenblick töten würde. »O mein Gebieter – tut es nicht!« flehte sie.
    »Psst – pssst …«
    Endithor wich ihrem Blick aus, schaute sich in dem düsteren Raum um, starrte auf den Kreis schwarzer Kerzen rings um ihn, auf den Altar, auf die Sklavin. Er lauschte angespannt. Außer seinem heftigen Herzschlag und Leras Wimmern war nichts zu hören. Keiner ahnte etwas. Niemand hatte ihn verraten. Es musste ihm gelingen. Dieses -Ungeheuer – würde endlich
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