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Totentaenze

Totentaenze

Titel: Totentaenze
Autoren: Beatrix Gurian , Krystyna Kuhn , Manuela Martini , Susanne Mischke
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klopfte an ihre Zimmertür.
    Alex und Tadeusz saßen im Schneidersitz auf einem Bett und sahen mich völlig überrascht an.
    »Weiß jemand, wo Sebastian ist?«
    »Nee.« Tadeusz schüttelte langsam den Kopf. Irgendetwas stimmte nicht. Natürlich, auf dem Bett lag die aufgerissene Tüte mit den Pilzen. »Mensch, ihr seid wirklich unmöglich!«, schimpfte ich, drehte mich auf dem Absatz um und warf die Tür hinter mir ins Schloss.
    Egal. Ich brauchte Sebastian nicht. Und auf seine feuchten Hände konnte ich besonders gut verzichten.
    Die Stimme des Taxifahrers erschreckt mich. Er meldet gerade seine Position, so viel verstehe ich, und dass er in wenigen Minuten den Fahrgast absetzen wird. Schon nimmt die Erinnerung wieder von mir Besitz, als müsse ich mir unbedingt vor unserer Ankunft bei den Katakomben noch etwas klarmachen.
    Wieder schlich ich mich also durch die Pforte und überquerte die Straße. Dann nahm ich die nächste Abzweigung nach links, dann die dritte Gasse nach rechts. Hoffentlich merkt niemand, dass ich mich weggeschlichen habe, dachte ich noch und hatte plötzlich das Gefühl, verfolgt zu werden. Ich konnte eindeutig Schritte hinter mir hören. Ich blieb stehen. Augenblicklich verstummten die Schritte. Bildete ich mir das nur ein? Es war bestimmt nur das Echo meiner eigenen Schritte, sagte ich mir. Reiß dich zusammen, Rixa, du wolltest zu dem Treffen gehen, dann zieh die Sache jetzt auch durch und danach ist Schluss. Soll Levke ihre Probleme doch selbst auf die Reihe bekommen!
    Ich ging also weiter, bis die Gasse schließlich auf einen Platz mündete. Auf dem kleinen Straßenschild an einer modrigen Hausmauer las ich Piazza Giovanna.
    Der Platz wurde von allen Seiten von Häusern umrahmt, aus denen kein Licht drang, das einzig Lebendige war der Brunnen in der Mitte, ein Becken mit der Skulptur eines daraus hochschnellenden Fischs, der Wasser ausspie. Spuckten Fische nicht nur Wasser, wenn sie starben?, dachte ich mit einem unangenehmen Gefühl und drehte mich dann um, um diesen fetten Fischleib nicht ertragen zu müssen. Zwei Laternen tauchten den Platz in ein blasses orangefarbenes Licht, das aber nicht in die dunklen Gassen, die sternförmig abgingen, hineinschien.
    Plötzlich hörte ich Schritte herankommen. War mir doch jemand gefolgt? Vielleicht war es auch jemand, der mit seinem Hund spazieren ging oder nicht schlafen konnte oder in Ruhe eine Zigarette rauchen wollte. Ich sah in die Richtung der Gasse, aus der ich gekommen war, doch da war niemand. Die Schritte verstummten. War derjenige stehen geblieben? Mein Herz klopfte hart und ich merkte, dass sich meine Finger in den Steinrand des Brunnens krallten. Da waren die Schritte wieder. Aber sie wurden leiser, entfernten sich. Ich atmete tief ein und aus. Glaubte ich wirklich noch, dass mich Levke hierher bestellt hatte? Ich lauschte. Ein Motorrad sprang an, irgendwo hinter den Mauern, in einer der Gassen. Eine Katze huschte über den Platz, verschwand in einem Kellerloch. Selbst aus den umstehenden Häusern drang kein Laut. Als lebte hier überhaupt niemand. Ein kalter Schauer überfiel mich. Schluss mit der ganzen Sache. So schnell wie möglich würde ich jetzt zurückgehen und Herrn Rentsch alles sagen.
    Ich kam nicht mehr dazu.
    Ich zucke zusammen, als der Wagen hält. Dass die Gegend hier so unbelebt ist, habe ich vergessen. Draußen gibt es nichts als Dunkelheit und ein paar bleiche Neonschilder. Ich zahle, steige aus, sehe dem Taxi nach, bis dessen rote Rückleuchten von der Nacht verschluckt werden.
    Wie konnte ich nur auf diese blöde Idee kommen? Jetzt bloß nicht panisch werden, Rixa …
    Ich laufe ein paar unsichere Schritte zu einer kleinen Mauer, setze mich darauf und atme tief ein. Hinter mir zirpen ein paar Grillen, ein Windstoß fegt raschelnd ein Stück Papier über den Boden. Ganz ruhig, Rixa. Du tust das alles für Levke. Wer immer ihr das auch angetan haben mag – ich werde es in ein paar Minuten wissen. Unsicher lasse ich meinen Blick über die Straße streifen. Weit und breit niemand zu sehen. Ich bin fast eine Viertelstunde zu früh. Ich entspanne mich ein wenig und lasse die furchtbaren Minuten, als meine finsteren Ahnungen gestern zur Gewissheit wurden, vor meinem inneren Auge vorbeiziehen.
    Als ich von der Piazza Giovanna zurück ins Kloster kam, bemerkte ich, dass die Tür zum Frühstückssaal aufstand und dort Licht brannte. Da saßen meine Mitschüler und sahen Herrn Rentsch an, der mit bleichem Gesicht vor ihnen
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