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Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)

Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Andreas Föhr
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wollte.
    »Schmeckt’s net?«, fragte Karin.
    »Doch. Wunderbar. Mir gehen nur ein paar Dinge im Kopf um.«
    »Magst drüber reden?«
    »Ich muss das mit mir selber klären. Aber danke.«
    Wallner stocherte weiter schweigend in der Roulade und dem selbstgemachten Kartoffelpüree, und es tat ihm leid um das Essen.
    »Wie findest du unsere Ehe?«, fragte Karin.
    Wallner bremste die Gabel mit dem Kartoffelpüree in der Luft und sah seine Großmutter erstaunt an. »Warum fragst du?«
    »Ich denk mir, man sieht von außen manchmal mehr.«
    »Manchmal, ja.« Wallner dachte an Manfred und Resi Höbermann und schämte sich, dass er davon wusste und seine Großmutter nicht. »Aber ich denke, es kommt drauf an, wie du dich selbst fühlst. Findest du eure Ehe gut?«
    Karin seufzte und legte ihr Besteck weg. »Dein Großvater ist ein netter Mann, er ist lustig. Er bringt mich immer noch zum Lachen. Wir reden nicht mehr so viel wie früher. Ja gut, so viel haben wir auch früher nicht geredet. Aber jetzt ist es halt noch weniger. Manchmal denke ich, er sieht mich gar nimmer.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Wallner halbherzig.
    »Vielleicht hat er eine andere.«
    Wallner rutschte auf dem Küchenstuhl herum. »Wie kommst du darauf?«
    »Er hat mich schon immer betrogen. Und wahrscheinlich tut er’s im Augenblick wieder.« Sie zuckte die Achseln und wandte sich ihrer Roulade zu.
    »Du weißt das?«
    »Ganz dumm bin ich nicht.«
    »Das wollte ich damit nicht sagen.«
    »Sondern?«
    »Ist das nicht schlimm für dich?«
    »Nein. Das nicht.«
    »Was dann?«
    Karin sah ihn traurig an. »Dass es mir egal ist.«

    Am nächsten Morgen, es war Sonntag, wachte Wallner um sieben auf und konnte nicht mehr einschlafen. Wieder und wieder ging ihm durch den Kopf, dass er nicht wusste, was er tun sollte. Es war nicht allein die Loyalität gegenüber Lukas und das Verständnis für seine Beweggründe. Es ging auch um Claudia. Er würde ihren Vater zum Mörder machen. Wollte er das?
    Als Wallner um halb neun vor Lukas’ Wohnungstür stand, wusste er immer noch nicht, was er tun sollte. Er musste noch einmal mit ihm reden. Vielleicht erfuhr er etwas, das ihm die Entscheidung leichter machte. Wallner klingelte zwei Mal, drei Mal. Lukas öffnete nicht. Er drückte die Klinke. Zu seinem Erstaunen war die Wohnungstür nicht abgeschlossen. Als er über die Schwelle trat, war ihm, als legte sich ein zentnerschwerer Stein auf seine Brust. Er wusste jetzt, warum Lukas ihn gebeten hatte, am nächsten Tag zu kommen.
    Die Deckenlampe im Wohnzimmer lag auf dem Couchtisch. An ihrem Haken in der Decke hatte Lukas das Seil befestigt. Der Dübel hatte gehalten. Schlaff und regungslos hing der Körper des toten Mannes von der Wohnzimmerdecke, unter den Füßen lag der umgekippte Hocker, auf den er sich gestellt hatte. Wallner berührte die Hand des Toten. Sie war kalt. Er konnte nichts mehr für Lukas tun.
    Nachdem er die Kollegen von der Todesermittlung angerufen hatte, sah er auf dem Couchtisch einen Briefumschlag. Darauf ein einziges Wort: WALLNER. Lange hielt er den Brief in der Hand, ohne ihn zu öffnen. Als die Sirene des Polizeiwagens näher kam, nahm er das Blatt aus dem Umschlag.
Lieber Herr Wallner,
ich bedaure sehr, dass es so endet mit uns. Mein Leben ist vorbei, Ihres fängt gerade an. Mit einer schweren Entscheidung, leider. Vielleicht hilft Ihnen mein Tod, der Gerechtigkeit nachzuhelfen. Es gibt jetzt keinen Täter mehr, der davonkommt, wenn Kieling ins Gefängnis geht. Was immer Sie tun – Sie werden es sich nicht leichtmachen. Das weiß ich. Machen Sie Claudia glücklich und sorgen Sie dafür, dass im Büro diese verdammte Raucherei aufhört.
Ihr Erich Lukas

70
    E rich Lukas war wie sein Vater an einem Totensonntag gestorben. Am Freitag vor dem ersten Advent fand die Beerdigung auf dem Miesbacher Waldfriedhof statt. Noch am Sonntagvormittag war Wallner zu Claudia ins Krankenhaus gefahren und hatte ihr die Nachricht vom Tod ihres Vaters überbracht. Claudia traf es völlig unvorbereitet. Nach einer Phase stummer Fassungslosigkeit hörte sie lange nicht auf zu weinen. Eine Erklärung für den Selbstmord ihres Vaters konnte ihr Wallner nicht geben. Noch nicht.
    Die nächsten Tage verbrachte Claudia mit der Vorbereitung der Beisetzung, Wallner organisierte die notwendigen Dinge bei der Miesbacher Polizei. Währenddessen blieb Albert Kieling in Untersuchungshaft, was Wallner nur wenig Kopfzerbrechen bereitete. Ein paar Tage Gefängnis würden ihn
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