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Totenfeuer

Totenfeuer

Titel: Totenfeuer
Autoren: Susanne Mischke
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wach und auf einmal ganz klar in der Birne.«
    »Das ist auch der Grund, warum viele gestresste Manager und Künstler koksen. Es putscht auf. Aber das bittere Ende kommt, glaub mir. Ich habe schon zu viele …«
    »Mama! Kannst du einmal deine Vorträge lassen und mir zuhören?«
    »Entschuldige.«
    »Was ich sagen wollte: Als ich das Zeug genommen hatte, da habe ich plötzlich eine Sache glasklar erkannt: Jo ist nicht der richtige Mann für mich.«
    Oda unterdrückt den Impuls, laut aufzulachen. »Aha«, sagt sie mühsam beherrscht.
    »Ja, und dann hab ich am nächsten Tag mit ihm Schluss gemacht.«
    »Und jetzt tut es dir leid?«
    »Nein, kein bisschen. Aber ich finde das schon komisch. Ohne das Koks hätte ich das vielleicht nie gemerkt.«
    »Doch, mein Schatz, das hättest du«, versichert Oda, die sich gerade so leicht wie ein Blatt im Wind fühlt. Dann fällt ihr etwas ein. »Warst du denn noch bei Jos Konzert im Pavillon?«
    »Nö, kein Bock«, antwortet Veronika. »Wenn Schluss ist, ist Schluss, da renn ich doch in kein Konzert mehr, ich war mit ein paar Leuten in der Glocksee. Wieso?«
    »Ach, schon gut«, antwortet Oda.
    »Du bist nicht sauer?«, erkundigt sich Veronika vorsichtig.
    »Nein, warum sollte ich?«
    Veronika steht auf und haucht ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange. »Du bist cool, Mama«, sagt sie dann und verschwindet die Treppe hinauf in ihr Zimmer.
    Oda strahlt. Cool. So ein Kompliment bekommt man nicht alle Tage. Sie nimmt ihre Rillos aus der Handtasche, setzt sich auf die Terrasse und steckt sich einen an. Er schmeckt köstlich wie nie zuvor.
    Die Tagesthemen sind gerade zu Ende, und es läuft der Wetterbericht, als es an der Tür klingelt. Völxen und seine Frau wechseln einen fragenden Blick. Oscar, für den Wanda ein Schaffell als Liegeplatz organisiert hat, springt auf, rennt zur Tür und fängt an zu bellen und zu knurren. Seine Nackenhaare sind zur Bürste aufgestellt.
    »Aus! Platz!«, befiehlt Völxen dem Hund. Zu seiner Frau sagt er: »Bleib sitzen, ich mach auf.« Er stemmt sich müde aus dem Sofa, während er sich fragt, ob tatsächlich jemand die Frechheit besitzt, sich spätabends bei ihm über seine Art der Dienstausübung zu beschweren. Seltsam auch, dass der Hund so einen Zirkus veranstaltet. Vorhin, als ein junger Mann klingelte und seine Tochter abholte, hat das Tier nur dezent gewufft. Mit einem zornigen Ruck öffnet Völxen die Tür. Draußen steht Ernst Felk. Der Pferdezüchter trägt einen Anzug samt Krawatte und entschuldigt sich förmlich für sein spätes Erscheinen: »Ich komme gerade aus einer Gemeinderatssitzung. Dort wurde erzählt, dass Sie Torsten Gutensohn und Matthias Kolbe verhaftet haben.«
    »Und?«, knirscht Völxen, während drinnen Oscar erneut einen Tobsuchtsanfall erleidet.
    »Sie müssen die Jungs wieder laufen lassen, die haben nichts getan. Ich war es. Ich habe meinen Bruder erschossen.«
    Torsten Gutensohn und Matthias Kolbe sitzen artig vor Völxens Schreibtisch. Es ist kurz vor Mitternacht. Völxen hat die beiden aus dem Gewahrsam holen und wissen lassen, dass der Täter gestanden hat und sich in Haft befindet. Dennoch sind noch etliche Fragen offen. Völxen hat gerade den Begriff »Beihilfe zum Mord« fallen lassen, was die beiden dazu veranlasst hat, sich bereit zu erklären, auch ohne Anwälte eine Aussage zu machen.
    Matthias Kolbe alias Matze macht den Anfang: »Nachdem ich Maren zu Hause abgeliefert hatte, wollte ich noch hoch zur Feuerstelle fahren, mal sehen, ob die da oben auch nicht pennen. Aber erst bin ich noch unten am Süllberg entlanggefahren.«
    »Warum das?«, fragt der Kommissar.
    »Da unten schleichen im Morgengrauen oft Füchse herum«, erklärt der Sohn des Schreiners. »Es war aber keiner da.«
    »Was wolltest du denn von dem Fuchs?«, forscht Völxen.
    Matze fährt sich verlegen durch sein Haar, dann sagt er: »Ich hatte die Schrotflinte meines Vaters dabei. Ich mach doch gerade den Jagdschein …«
    »Unerlaubtes Führen einer Schusswaffe nennt man das, aber das lassen wir jetzt mal unter den Tisch fallen. Wie ging es weiter?«, drängelt Völxen, der müde ist und ins Bett möchte.
    »Kurz vor Lüdersen bin ich dann links abgebogen in Richtung Feuerstelle. Als ich das kleine Wäldchen auf der linken Seite erreicht hatte, habe ich dort Ernst Felk stehen sehen, mit einer Flinte in der Hand, und jemand lag vor ihm am Boden. Ich habe angehalten – er stand ja auch mitten im Weg. Ich dachte erst, da hätte einer einen
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