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Torte mit Staebchen

Torte mit Staebchen

Titel: Torte mit Staebchen
Autoren: Susanne Hornfeck
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sie fertig war. Vorher hatte sie noch rasch zwei Croissants in ihrer Serviette verschwinden lassen. Ohne eine Antwort abzuwarten, rutschte sie vom Stuhl, warf ein »Wiedersehen« in die Runde und schlängelte sich durch die Tische davon.
    »Um zwölf bist du wieder in der Kabine«, rief die Mutter ihr nach, aber das hörte Inge schon nicht mehr.
     
    Mittlerweile fand Inge sich auf dem Schiff bestens zurecht. Ein paar Gänge entlang, die Treppe hinauf, schon war sie auf dem Promenadendeck und sah Max an der Reling stehen, ein schlaksiger Junge, etwas älter als sie, mit einem Käppi über dem roten Bürstenschnitt, das seine empfindliche Haut vor der Sonne schützen sollte. Dünne Beine mit knubbeligen Knien stakten aus kurzen Hosen, dazu trug er ein kurzärmeligeskariertes Hemd. Und er war nicht allein. Inge kam eben dazu, wie ein Schiffssteward ihn anblaffte: »Non é permesso. Geh nach unten, wo du hingehörst.«
    Das war nicht der Ton, den Inge von der Besatzung gewöhnt war, auch wenn dieser Steward sehr viel besser Deutsch sprach als Paolo. Instinktiv ließ sie die Serviette mit dem Proviant hinter dem Rücken verschwinden, dann sah sie sich Hilfe suchend um. Prompt entdeckte sie ihren Retter, der drüben am Pool gerade die Deckchairs aufstellte.
    »Paolo!«
    Er kam herüber und schien die Situation mit einem Blick zu erfassen.
    »Paolo, das ist mein Freund Max, und wir wollten doch nur   …«, sprudelte Inge hervor. »Du hast doch gesagt   …«
    »Va bene, Signorita«, beruhigte er Inge und wechselte dann ein paar Sätze in Stakkato-Italienisch mit seinem Kollegen. Mit großer Geste forderte er die beiden anschließend auf, ihm zu folgen.
    »Ich euch zeige extra Platz mit beste Aussicht.« Sie folgten ihm eine weitere Treppe bis fast auf die Höhe der Kapitänsbrücke, dort befand sich ein kleiner Ausguck. Hier waren sie der strengen Klassengesellschaft des Schiffes enthoben. »Und wenn jemand schimpfen, dann sagen: ›Paolo a permesso.‹ Capito?«
    »Capito«, wiederholte Inge. »Grazie mille, Paolo.«
    »Haidenai!«, entfuhrt es Max, der die ganze Aktion in ehrfürchtigem Schweigen mitverfolgt hatte. »Und fremde Sprachen ko des Mädle au.«
    Inge sonnte sich in der Bewunderung des Älteren.Dann zog sie, um das Maß vollzumachen, die Serviette mit den Croissants hinter dem Rücken hervor. »Und ein bisschen Schiffszwieback hab ich dir auch mitgebracht.«
    Nachdem Max seine Verblüffung überwunden hatte, griff er sofort zu und senkte die Zähne in das weiche Gebäck.
    »Inge, auf dich isch Verlass«, erklärte er kauend.
     
    Noch lag das Schiff an der Mole vertäut.
    »Sieh mal, wer uns da besuchen kommt.«
    Erst als sie sich über die Reling beugte, sah Inge, was sich unmittelbar zu Füßen des »Grafen« alles abspielte; es war, als hielte er Hof. Um seinen steil aufragenden Bug tummelten sich unzählige Boote, auf denen Einheimische Früchte, bunte Tücher und Andenken feilboten. Die Ware konnte man in einem Körbchen, in das man vorher das Geld legte, an Bord ziehen. Die Verständigung funktionierte mit Zurufen und Handzeichen. Längsseits hatten flache Lastkähne festgemacht. Schwitzende Männer mit freiem Oberkörper balancierten schwere Kohlelasten auf dem Kopf über schwankende Planken und hievten sie durch die Ladeluken in den Bauch des Schiffes. »Kohlen bunkern« nannte man das. Über das Fallreep kam ein würdevoll aussehender Mann in Uniform an Bord. Der Kapitän ging ihm entgegen, begrüßte ihn herzlich und brachte ihn auf die Brücke. Inge und Max machten sich so unsichtbar wie möglich, konnten von ihrem Platz aber alles bestens verfolgen.
    »Das muss der Lotse sein«, vermutete Max. »KeinSchiff darf ohne einen Lotsen durch den Kanal fahren.« Offenbar hatte auch er Erkundigungen eingezogen.
    »Guck mal, das große Haus da drüben. Sieht aus wie aus Tausendundeiner Nacht.« Inge deutete auf ein prächtiges Gebäude mit Kuppeln und Türmchen direkt am Hafenbecken.
    »Das ist das Verwaltungsgebäude der Kanalgesellschaft. Mein Vater hat gesagt, die Schiffe müssen ziemlich hohe Gebühren zahlen, wenn sie durch den Kanal fahren wollen. Kein Wunder, dass die sich so einen Palast bauen können.« Max schien dabei weniger an Märchen als an das einträgliche Geschäftsmodell zu denken.
    »Dafür geht’s ja auch viel schneller«, bemerkte Inge und erklärte ihm die Sache mit der Zeitersparnis.
    Bald darauf wurden die Leinen der »Conte Biancamano« von Hafenarbeitern gelöst. Schreiend und
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