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Lockvögel

Lockvögel

Titel: Lockvögel
Autoren: A. A. Fair
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1

    Ich eilte durch das Empfangszimmer von Cool & Lam, Detektei und Auskunftei, und öffnete die Tür zu meinem Privatbüro, als meine Sekretärin Elsie Brand zu mir aufschaute und mich mit jenem gewissen Blick ansah, den ich im Laufe unserer Zusammenarbeit zu deuten gelernt habe.
    »Na Elsie, ist’s was Gutes oder Schlechtes?« fragte ich.
    »Wieso?« kam die verblüffte Gegenfrage.
    »Sie wollten mir doch etwas erzählen.«
    »Woher wissen Sie das schon wieder?« fragte sie erstaunt.
    »Das sieht man Ihrer Nasenspitze an.«
    »Kann man vor Ihnen denn überhaupt keine Geheimnisse haben?« erwiderte sie schmollend.
    Ich lächelte sie nur an. Sie errötete, fing sich aber, und fragte sachlich:
    »Hätten Sie vielleicht Zeit, mit mir auf den Flur zu kommen? Ich... ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    »Natürlich habe ich Zeit, Elsie«, sagte ich.
    Wir verließen mein Büro, gingen durch den Empfangsraum und betraten den langen Flur, an dessen rückwärtigem Ende Schränke und Regale für abgelegte Akten und sonstige Unterlagen standen. Elsie trat an einen der Wandschränke heran, schloß ihn auf und schaltete die Innenbeleuchtung ein.
    Von diesen Wandschränken, die in einem fensterlosen Flügel des Gebäudes standen, wußte ich bisher nur, daß wir allerlei wertlosen Krimskrams darin aufbewahrten, der eigentlich auf den Müllhaufen gehörte. Jetzt aber waren die Regale aufgeräumt worden. Säuberlich beschriftet, boten mehrere Bände mit Zeitungsausschnitten einen schmucken Anblick.
    »Das ist ja ’ne Wucht«, rief ich begeistert aus.
    Elsie sah mich stolz an.
    »Ich wollte Sie damit überraschen«, sagte sie.
    »Das ist Ihnen auch gelungen. Wie sind Sie bloß auf die Idee gekommen?«
    »Ach, das war doch gar nicht abwegig. Sie hatten mich beauftragt, alle Zeitungsmeldungen über Verbrechen und Kriminalfälle auszuschneiden, und so bestand die eigentliche Arbeit nur darin, ein praktisches System für die Ordnung und Registrierung der Ausschnitte zu finden.«
    »Damit hatte ich aber gar nicht gemeint, daß Sie sie so systematisch in Aktenbänden ordnen sollten«, antwortete ich. »Mir ging es nur darum, die Ausschnitte griffbereit zu haben, daß ich jederzeit; leicht an die aus der jüngsten Zeit herankommen könnte.«
    »So ist es aber viel praktischer«, antwortete Elsie. »Jetzt können Sie ohne Zeitverlust alles finden, was Sie brauchen. Hier zum Beispiel ist Band A; in dem finden Sie alle Gewaltverbrechen. Unter Nummer i bis ioo sind alle Morde aus Eifersucht zusammengestellt. Nummer ioi bis 200 sind Morde in Zusammenhang mit Raubüberfällen. Insgesamt habe ich zehn Unterabteilungen eingerichtet. Und hier habe ich einen Index über Mordwaffen angelegt. Morde durch Schußwaffen, durch Messer, Giftmorde. Hier in Band B sind alle Raubüberfälle registriert, in Band C die Betrugsfälle. Hier in Band D haben wir...«
    In diesem Augenblick ertönte hinter uns Bertha Cools scharfe Stimme. »Was, zum Teufel, geht hier vor?«
    Elsie Brand zuckte erschrocken zusammen.
    Ich drehte mich um und begegnete dem entrüsteten Blick meiner Geschäftspartnerin, deren Augen mich aus zorngerötetem Gesicht anfunkelten.
    »Das hier ist mein Archiv«, erklärte ich ihr.
    »Möchte wissen, wozu du ein Archiv brauchst.«
    »Um nachzuschlagen, wenn ich etwas ganz Bestimmtes wissen will.«
    Bertha grunzte ärgerlich, griff sich einen der Bände, blätterte ihn durch, und meinte mißmutig: »Also damit haben Sie Ihre Zeit vertrödelt!«
    Elsie setzte zu einer Antwort an, doch ich kam ihr zuvor.
    »Das hat sie in ihrer Freizeit gemacht, meine Liebe. Und für den Fall, daß du es vergessen haben solltest: Der Umstand, daß wir Material über besonders interessante, aber ungelöste Verbrechen zur Hand hatten, hat uns nicht nur in die Lage versetzt, mit der Polizei zusammenzuarbeiten, sondern auch oft aus der Klemme geholfen.«
    »Zumal du ja ständig in der Klemme sitzt«, konterte Bertha giftig, »und meist als halbe Leiche nach Hause kommst.«
    »Wodurch unser Bankkonto allerdings immer um ein hübsches, rundes Sümmchen zunimmt«, erwiderte ich wütend. »Und nun will ich dir noch etwas sagen: Wenn du irgendwelche Klagen vorzubringen hast, dann geh in dein Büro, fixiere sie schriftlich in einem Memorandum und gib es Elsie. Es gelangt dann in unsere Beschwerdeabteilung, das heißt in den Papierkorb.«
    »Nun stell dich nur nicht gleich so an«, lenkte Bertha ein.
    »Was meinst du damit?«
    »Du wirst ja richtig sauer.«
    »Was heißt, ich
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