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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen
Autoren: Mark Billingham
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von ihrem Vater bekommen hatte; die Gesichtszüge zerstört, die weiche Haut überdeckt von groben, verfärbten Wülsten.
    Ihre Stimme im Tagebuch. Wütend, aber humorvoll. Eine Stimme, die es verdiente, gehört zu werden …
    Er erhob sich vom Sofa und trat an den Tisch neben der Tür.
    Er rief eine Nummer in Wandsworth an und wechselte ein paar freundliche Worte mit dem Mann am anderen Ende der Leitung. Sie besprachen die Rückgabe eines Tagebuchs und zweier Fotos. Dann forderte er ihn auf, einen Stift zu holen.
    Und gab ihm eine Adresse.
    Anschließend stellte Thorne die Musik lauter und schenkte sich ein Glas Wein ein. Er lehnte sich zurück auf dem Sofa, zog die Beine hoch und dachte über das Gewicht seiner Seele nach. Ob man die Seele wohl trainieren konnte? Die Muskeln der Seele mithilfe spirituellen Trainings aufpumpen konnte? Falls dem so war, würde man durch schlechte Taten sicher an Gewicht verlieren. Wirklich schlimme Bösewichte hätten dann Seelen, die so gut wie nichts wögen.
    Er griff nach der Weinflasche.
    Und fragte sich in Anbetracht des vorherigen Telefonanrufs, ob seine Seele schwerer geworden war. Oder leichter.
     

MAI
OFFENE FRAGEN

Dreiunddreißigstes Kapitel
    Es war der Tag vor dem Pokalendspiel – etwas mehr als ein Monat, nachdem Gordon Rooker in seinem Heim ermordet aufgefunden worden war –, als Thorne den Anruf erhielt.
    Die dritte Maiwoche, und draußen nieselte es. Vorhersehbar wie alles andere.
    Die Zarif- und Ryan-Ermittlungen waren auf ein paar Dutzend Hängeregister zusammengeschrumpft, und andere Fälle füllten die Lücke. Andere Opfer zogen ihre Aufmerksamkeit auf sich, es mangelte nie an Wut, Lust oder Gier. Und an Toten ebenso wenig.
    Tom Thorne las das Murder Investigation Manual in einer Stunde und vergaß das Gelesene beinahe ebenso schnell. Er kannte seine Begabung, Dinge zu vergessen, die nicht wirklich zählten; für die es keinen Raum gab. Jeder Tag brachte neue Informationen, die ein ordentliches, sauberes Plätzchen brauchten. Denen die Möglichkeit gewährt werden musste zusammenzurücken – wie eng auch immer –, sich ineinander zu verschränken, Funken zu sprühen und vielleicht die Idee oder den Geist einer Idee zu erschaffen, die dabei half, einen Mörder zu fassen.
    Aber vieles andere war keineswegs vergessen. Thorne schob es nur immer wieder herum, verbannte es in immer kleinere Ecken in seinem Kopf und seinem Herz. Und dort, in diesem Knäuel, das sich fester und fester zusammenzog und für das es nicht einmal einen richtigen Namen gab …
    Bei den paar Gelegenheiten, bei denen er Carol Chamberlain gesehen oder mit ihr gesprochen hatte, hatten sie sich mehr oder weniger fröhlich über ihre jeweiligen Fälle ausgetauscht: seine aktuellen und ihre kalten. Nur ihre unmittelbare Vergangenheit klammerten sie in gegenseitigem Einvernehmen aus.
    Allein war es schwieriger, alldem zu entrinnen.
    Alison Kelly rief eines Nachmittags an, und sie sprachen ein paar Minuten miteinander. Thorne erkundigte sich, wie es ihr ging. Das Gespräch war so oberflächlich, so Mitleid erregend nichts sagend, dass er sie beinahe fragen wollte, wo sie denn gerade sei. Je mehr Zeit verstrich, desto weniger dachte er an ihr Gesicht und ihren Körper, und desto mehr an das Messer in ihrer Hand. Aber jedes Mal, wenn er an sie dachte, fiel ihm die Inschrift auf dem Grundstein des Holloway Prison ein, in dem sie auf ihren Prozess wartete, der in ein paar Wochen stattfand.
    »Möge Gott … dieses Gebäude zu einem Ort des Schreckens machen für jene, die Böses getan haben.«
    Für Alison Kelly gab es keinen gottgegebenen Grund, sich zu fürchten.
    Zeit heimzugehen. Thorne hatte unter einem Betonvordach Zuflucht gesucht und atmete nun den Rauch von Hollands Zigarette ein, während er zusah, wie der Regen sein Auto versaute, das er erst an diesem Vormittag hatte waschen lassen.
    »Warum kommen Sie nicht morgen vorbei?«, fragte Thorne. »Schauen sich das Spiel mit mir und Phil an …«
    Trotz Thornes Anstrengungen war Hollands Fußballbegeisterung noch immer nicht mehr als lauwarm. »Mich reißt so was nicht vom Hocker«, meinte er.
    »Vom Hocker? Das ist das Cup Final …« Thorne ließ einen Hagel sarkastischer Beschimpfungen auf ihn niederprasseln, als sein Handy läutete.
    Etwas in Eileens Stimme ließ das Grinsen auf Thornes Gesicht gefrieren, trieb ihm das Blut aus den Wangen.
    »Tom …?«
    »Was ist passiert?«
    Thorne begann zu seinem Auto zu laufen, er wurde mit jeder
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