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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen
Autoren: Mark Billingham
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Brüder blocken alles ab, ziehen die Aufmerksamkeit von lästigen Bullen auf sich, während Sie den harmlosen Alten in der Küche geben, der das Fleisch auf den Grill haut.«
    Zarif faltete die Hände über dem Bauch. Er trug dieselbe schmuddlige gestreifte Schürze, die Thorne bei seinem ersten Besuch im Café gesehen hatte. »Inzwischen gefällt mir die Arbeit in der Küche besser als … andere Teile des Geschäfts. Ich bin gerne hier im Herzen des Ganzen. Ich bin in der Küche, die Leute wissen, wo sie mich finden können.«
    Thorne fiel auf, dass Zarifs Akzent weit weniger ausgeprägt war als bei ihrer letzten Unterhaltung. Er suchte kaum, wenn überhaupt, nach dem richtigen Wort. Die Show war nicht mehr nötig.
    Sema Zarif kam hinter dem Tresen hervor und ging an ihnen vorbei. Auf dem Weg zur Treppe warf sie Thorne einen Blick zu, und zum ersten Mal entdeckte Thorne die Spur eines Lächelns. Als brauche man sich wegen ihm keine Sorgen mehr zu machen.
    »Sie müssen mich für total bescheuert gehalten haben«, sagte Thorne. »Wie ich da an Ihrem Tisch saß und mit Ihnen aß …«
    »Aber nein, überhaupt nicht. Vielleicht hilft es Ihnen, Sie müssen wissen, Sie sind ganz anders, als ich gedacht hab.«
    Die weißen Stellen von Zarifs dichtem Schnauzbart waren rot gefleckt vom Wein. Als hätte Zarif sich den Bauch mit rohem Fleisch voll gehauen. Thorne wünschte sich, er hätte die Einladung angenommen, ein Glas zu trinken. Nur zu gerne hätte er gewusst, wovon Zarif sprach.
    »Ein Mann, der foltert, um zu bekommen, was er will«, sagte Zarif. »Die Vorstellung mit dem heißen Bügeleisen war … bemerkenswert.«
    Thorne spürte einen Knoten in der Brust. »Wann haben Sie mit Wayne Brookhouse gesprochen?«, fragte er.
    Zarif hob das Glas an den Mund. Seine Antwort kam ruhig über den Rand des Glases. »Vor ein paar Tagen, glaub ich …«
    Als Brookhouse letzten Freitag Thornes Wohnung in den frühen Morgenstunden verließ, war der Abschied nicht besonders herzlich ausgefallen. Chamberlain hatte geschwiegen, während Thorne ihn von seinen Fesseln befreite. Die beiden hatten wortlos zugesehen, wie er fluchend und stolpernd zur Tür rannte. Erst ganz am Schluss hatte Thorne Brookhouse zur Seite genommen, ihn an die Tür gedrückt und versucht, ihm einen guten Rat mitzugeben.
    »Gehen Sie nicht zurück«, hatte er gesagt. Es war schwer, sich verständlich zu machen. Sicherzugehen, dass sein Rat gehört und ernst genommen wurde. Aber Thorne wusste, dass er es versuchen musste. »Verstanden, Wayne? Gehen Sie nach Hause, packen Sie eine Tasche, und verschwinden Sie von der Bildfläche …«
    Thorne sah Zarif zu, wie er an seinem Glas nippte. Wayne Brookhouse war nicht annähernd so schlau, wie er gedacht hatte. Er hatte sich dafür entschieden, zu Zarif zu rennen und ihm zu erzählen, was passiert war. Thorne war klar, dass er sicher nicht so voller Mitgefühl und Respekt aufgenommen worden war, wie er erwartet hatte. Thorne stellte sich vor, wie Brookhouse Zarif die Brandwunde auf seiner Brust zeigte, über die Schuldigen herzog und seinem Boss versicherte, er habe getan, was man von ihm erwarte, nämlich geschwiegen.
    Thorne konnte sich die gekonnt gespielte Besorgnis auf Babas Gesicht vorstellen, und die eiskalte Entschlossenheit, mit der er die einzig mögliche Entscheidung gefällt hatte.
    »Wo ist er jetzt?«, fragte Thorne.
    »Ich habe Wayne seit ein, zwei Tagen nicht mehr gesehen. Vielleicht ist er verreist.«
    »Wenn eine Leiche auftaucht, steh ich wieder auf der Matte, das wissen Sie.«
    »Es wird keine auftauchen.« Zarif machte sich gar nicht erst die Mühe, sein Lächeln zu verbergen oder die Zweideutigkeit seiner Worte zu überspielen. Er wusste, ihm konnte nichts passieren. Und diese Gewissheit über Zarifs feistes Gesicht geschmiert zu sehen fühlte sich wie ein Messer an, das Thorne langsam über die Brust schnitt. Er sagte nichts und versuchte sich selbst zu überzeugen, er habe richtig gehandelt. Und wenn er nicht richtig gehandelt hatte, dann eben so, wie er glaubte, handeln zu müssen.
    Er war überzeugt, dass es, selbst wenn er sich vor einer Woche rational verhalten hätte – wenn er Wayne Brookhouse aufgefordert hätte, mit dem Taxi zur nächsten Polizeiwache zu fahren –, keinen Unterschied gemacht hätte. Brookhouse hätte nichts gesagt. Zarifs Anwälte hätten ihn innerhalb weniger Stunden herausgeholt. Die Polizei hätte nichts in den Händen gehabt als ein paar unangenehme Fragen, die sie
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