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Toedlicher Blick

Titel: Toedlicher Blick
Autoren: John Sandford
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»Kein Wind, aber sie segeln um die Wette …«
    »Das da ganz am Ende ist Lew Smith – schau ihn dir an, er scheint Angst zu haben, den anderen zu nahe zu kommen.«
    Lucas lehnte sich zurück und schloss die Augen. Alles um ihn herum roch so gut: der Tag, der See, sogar die Politur. Wenn doch nur alles im Leben immer so friedlich wäre wie hier …
    Halt – er durfte sich nicht in Träumereien verlieren. Aber es wäre wirklich schön, hin und wieder solche Stunden zu erleben. Er öffnete die Augen und sah zu Weather hinüber. Sie redete weiter, aber es ging immer noch um die Regatta – wer vor wem im Rennen lag und wer wie der Sieger aussah; das alles kümmerte ihn recht wenig. Was ihm am Herzen lag, das war Weather, und er lächelte über ihren Enthusiasmus.
    Segeln …
    Nach Qatars und Marshalls Tod auf dem Friedhofhügel war Lucas zwei hektische Tage lang zwischen den Staatsanwaltbüros im Goodhue County und im Hennepin County hin und her gehetzt. Die Zeitungen und Fernsehstationen waren ganz wild auf die Story, und das würde wohl auch noch eine ganze Weile so bleiben. Alle Welt wollte wissen, warum Lucas in dieser Situation zu dem Friedhofhügel gefahren war. Er konnte nur sagen, es habe ihn so eine Ahnung überfallen, als der Anruf von der Zentrale bei ihm eingegangen war.
    Warum hatte er den Sheriff des Goodhue County nicht alarmiert? Weil er nicht
gewusst
hatte, ob Marshall tatsächlich in die Sache verstrickt war und er einem Freund nicht schaden wollte, wenn seine Ahnung ihn trog. Und außerdem sei er so durcheinander gewesen, als die Möglichkeit ihm dämmerte, dass er ohne sein Mobiltelefon in den Wagen gesprungen und losgerast war, und, einmal unterwegs, sei es ihm am besten erschienen, einfach weiterzufahren … bla, bla, bla.
    Cops und Anwälte kamen und gingen, aber solange Lucas bei seiner Story blieb, konnte niemand ihm am Zeug flicken. Am Tag nach dem dramatischen Geschehen schickte er ein Team der Spurenermittlung nach St. Patrick, mit der Weisung, sich an den Hausmeister zu wenden und die Zwischendecke im Skelettraum zu untersuchen, darüber hinaus aber auch alle anderen Versteckmöglichkeiten im Gebäude, die dem Hausmeister einfielen. Das Team fand den Computer nach einer Stunde Suche, und der Laptop war mit Qatars Fingerabdrücken übersät. Die Computerspezialisten der Stadtpolizei machten sich an die Arbeit, und schon nach kurzer Suche entdeckten sie Fotos und Zeichnungen von Aronson und einer anderen Frau, deren Leiche sie auf dem Friedhof ausgegraben hatten.
    Gleichzeitig war eine illegale Kopie der Kassettenaufnahme, die Marshall von Qatars Geständnis gemacht hatte, in die Hände von Kanal Drei gelangt, und kurz darauf hatte jede Fernseh- und Radiostation sie ihren Zuschauern und Hörern präsentiert. Lucas wusste nicht, wer sie den Medien zugespielt hatte – er verdächtigte Del, aber der behauptete, völlig unschuldig zu sein, was dann auch Marcy, Sloan und Rose Marie für sich in Anspruch nahmen. Qatars stammelndes Geständnis mit der Nennung aller Namen führte zu einer raschen Identifizierung der bisher noch unbekannten Frauenleichen vom Friedhof, und in der Einöde einige Kilometer östlich von Columbia, Missouri, startete man eine Suchaktion nach zwei weiteren Leichen.
    Die Bewohner Minnesotas waren schockiert angesichts des Fehlverhaltens der Polizei, das zu Qatars Tod geführt hatte, aber Rose Marie führte ein paar Gespräche mit alten Freundinnen in den oberen Etagen der Demokratischen Partei, und das sowie das konstante Abspielen des Qatar-Geständnisses ließen die Debatte langsam abklingen. Natürlich kam es auch zu dem erwarteten Aufschrei in der »Vereinigung zur Verteidigung der Freiheitsrechte Minnesotas« wegen »polizeilich geduldeter Lynchjustiz«, aber das war ja schließlich das gute Recht dieser Institution. Freiheit der Meinungsäußerung und all das …
    Der Fall war damit jedenfalls erledigt.
    Del hatte sich vor allem darüber gewundert, wie früh bei Lucas der Verdacht gegen Marshall offensichtlich aufgekommen war. Lucas schüttelte nur den Kopf und wich der Frage aus. Vermied es, mit einer Lüge zu antworten, aber Del kannte ihn gut genug, um zu verstehen, was hinter diesem Ausweichen steckte …
    Auch Rose Marie hatte ein paar Fragen, die sie jedoch nicht stellte. Sie nahm Lucas beiseite und sagte: »Der Gouverneur ist sehr beeindruckt. Ich habe ihm zehn Minuten lang dargelegt, was für einen großartigen Haufen kriminalistischer Sonderermittler wir
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