Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Toedlicher Blick

Titel: Toedlicher Blick
Autoren: John Sandford
Vom Netzwerk:
lassen Sie das sein. Hören Sie auf. Hören Sie auf!« Lucas kletterte hastig weiter auf die beiden zu.
    »Wollen Sie mich etwa erschießen und diese Drecksau hier retten?«
    »Nein. Aber Sie müssen mir zuhören. Wir können diese Sache immer noch in den Griff kriegen: Sie übergeben ihn mir, und wir sagen, Sie wären mal kurz ausgeflippt, und man verdonnert Sie höchstens dazu, ein paar Wochen zu einem Seelenklempner zu gehen, Mann …«
    Er war noch fünfzehn Meter von den beiden entfernt. Marshall hatte mit Qatar inzwischen die Erdhaufen neben den ausgehobenen Gräbern erreicht.
    »Oh, verdammter Blödsinn, Lucas, Sie wissen, dass das nicht stimmt«, sagte Marshall in schleppendem Tonfall, und er schien zu lächeln. »In Minnesota ist es das Gleiche wie in Wisconsin: Man würde mich an meinen Eiern aufhängen. Man würde ein Exempel an mir statuieren. Cops dürfen so eine Scheiße einfach nicht machen.«
    Zwölf Meter … Qatar hatte die Augen weit aufgerissen und versuchte, sich von Marshall zu lösen. »Lassen Sie es nicht zu …« Dann schrie er Marshall an: »Sie dürfen mich nicht erschießen! Ich darf nicht sterben. Das darf nicht sein … Ich habe heute
Vorlesungen
. Ich habe doch eine
Verantwortung …
Das College erwartet mich.«
    »Das glaube ich nicht, Kumpel.«
    Neun Meter … Lucas sah, dass Qatars Füße bluteten, wahrscheinlich von dem Marsch über die Steine und Wurzeln auf dem Hang. Marshall hob die Pistole, richtete den Lauf direkt auf Qatars Genick. »Bleiben Sie stehen«, sagte er zu Lucas.
    »Terry, ich bitte Sie, Mann, Sie sind doch ein guter Mensch, verdammt. Bedenken Sie doch eines.« Lucas versuchte, auf Zeit zu spielen. »Die Chancen sind zwar nicht groß, aber was, wenn er unschuldig ist? Was ist, wenn wir den Fall falsch angepackt oder sogar ganz vermasselt haben?«
    »Richtig«, zischte Qatar. »Das alles ist völlig illegal. Mein Anwalt …«
    »Halt’s Maul.« Marshall schlug ihm leicht mit dem Pistolenlauf gegen den Hinterkopf, und Qatar brach mit offenem Mund mitten im Satz ab. Marshall sagte zu Lucas: »Auf dem Vordersitz meines Wagens liegt ein Kassettenrekorder. Als ich dieses Schwein hier im Wagen hatte, habe ich das Klebeband von seinem Mund gezogen und ihm gesagt, was ich mit ihm vorhabe. Aber ich habe ihm auch gesagt, dass ich es vielleicht nicht tun würde, wenn er mir alles über die Frauen erzählt. Hören Sie sich die Kassette an. Er nennt alle Namen und die ungefähren Daten und die Orte, wo er die Frauen aufgegabelt hat. Er gesteht sogar die Morde an zwei weiteren Frauen an irgendeinem gottverlassenen Ort unten in Missouri.«
    »Sie haben es mir versprochen«, kreischte Qatar. Er versuchte, sich aus Marshalls Griff zu winden, aber Marshall hielt ihn eisern fest wie einen glitschigen Fisch. »Sie haben es versprochen!«
    »Ich habe gelogen«, sagte Marshall.
    »O mein Gott … Okay, ich gestehe alles, ich stelle mich einem Gericht«, winselte Qatar. »Sie haben mich überführt, okay?
Okay
? Aber hören Sie mit dieser Drohung auf, hören Sie bitte sofort auf damit. Sie haben gewonnen.
Okay

    »Andererseits, ich könnte Sie ebenfalls erschießen«, sagte Marshall zu Lucas, aber er grinste dazu. »Wie könnte man mir das jemals nachweisen?«
    Lucas hob die Schultern. »O, das könnte man. Reifenspuren Ihres Wagens, die Geschosse aus Ihrer Waffe, Nitratspuren an Ihren Händen bei der Festnahme. Wahrscheinlich ist inzwischen ein ganzer Konvoi hierher unterwegs.«
    »Ja, das kann ich mir denken«, sagte Marshall. Das Lächeln auf seinem Gesicht, wenn es denn je wirklich aufgeflackert war, verebbte, und er atmete tief durch, ließ den Blick über den Hang gleiten, hob dann den Kopf in den Nacken, schaute durch das Astgewirr der Eichen zum Himmel. Er setzte den Pistolenlauf wieder in Qatars Genick. »Na schön, ich denke, wir veranstalten jetzt keine große Zeremonie mehr …«
    Qatar sah zu Lucas herunter, und seine Stimme war leise, klang verzweifelt: »Helfen Sie mir …«
    Lucas sagte: »Terry …«
    Qatar drehte den Kopf zur Seite, zitterte heftig am ganzen Körper. Aber dann hörte er plötzlich auf damit. Vielleicht war ihm die Endgültigkeit der Situation schließlich klar geworden, vielleicht war ihm sein Betteln peinlich, vielleicht kam auch nur der wahre Qatar zum Durchbruch – Lucas wusste es nicht. Aber Qatar strich sich einige Dreckspritzer von der Schlafanzugjacke, so gut das mit den gefesselten Händen ging, und dann sah er Marshall in die Augen.
    »Ihre
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher