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Toedlicher Blick

Titel: Toedlicher Blick
Autoren: John Sandford
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ihm die Hand auf die Schulter.
    Er dachte einen Moment nach, sagte dann: »Es war dieser Anruf bei Randy … Man musste sich doch fragen, wer die direkte Durchwahl zum Telefon in seinem Zimmer kannte. Man hatte ihn aus der Intensivstation in dieses kleine Einzelzimmer verlegt, um ihn von den anderen Patienten fern zu halten; und von der Schwesternstation aus hatte man seine Zimmertür direkt im Blickfeld. Die Telefonzentrale des Krankenhauses war angewiesen, ohne Zustimmung von Lansing keine Anrufe zu ihm durchzustellen. Ich habe die Schwestern gefragt: Er hatte keine Besucher … Und dann muss man sich ja auch fragen,
warum
jemand diesen Anruf macht. Vorausgesetzt, er kannte die Durchwahlnummer …«
    Weather runzelte fragend die Stirn. »Ja, warum?«
    »Weil der Anrufer wollte, dass Qatar freigelassen wird oder zumindest gegen Kaution zunächst einmal auf freien Fuß kommt. Wenn er im Gefängnis blieb und auf der Basis eines Schuldgeständnisses einen Deal mit der Staatsanwaltschaft machte – Mord zweiten Grades und Berücksichtigung seines psychischen Defektes oder was auch immer –, würde er außer Reichweite bleiben …«
    Weather dachte einen Moment über diese Sachlage nach, dann fuhr ihre Hand hoch zum Mund. »O nein! O mein Gott, nein!«
    »O doch. Ich nehme an, Terry Marshall hat ihn sich gegriffen. Die Chancen stehen sechzig zu vierzig, dass Qatar bereits tot ist.«
    »Lucas … Warum hast du nicht …?«
    »Weil ich nicht
sicher
war. Und selbst wenn ich
gewusst
hätte, dass es so ist, wäre ich wiederum nicht sicher gewesen, ob es nicht vielleicht doch die richtige Lösung ist: Was ist, wenn Qatar nach zwölf Jahren entlassen wird und wieder mit dem Morden anfängt? Das könnte ja passieren.«
    »Ja, aber Lucas … Es ist
nicht
die richtige Lösung. Es ist entsetzlich.«
    »Aber Qatar …«
    »Lucas, es geht mir nicht um diesen Dreckskerl. Es geht mir um
Terry
. Wenn er das getan hat, was du vermutest, wird es entsetzlich für
ihn
werden. Zum Teufel mit Qatar, es geht um Terry!«
    Er sah sie lange an, sagte dann: »Es steht ungefähr sechzig zu vierzig, dass Qatar tot ist. Wenn er es noch nicht ist, kann ich mir denken, wo Terry ihn hingeschafft hat …«
    Weather sagte:
»Zum Friedhof

    »Ja. Das würde in Terrys Gedankenwelt passen.«
    »Lucas, du darfst das nicht zulassen«, sagte sie erregt. »Du musst sofort Alarm schlagen.«
    Lucas saß wie erstarrt auf dem Bettrand, legte die Hände vors Gesicht. Sah dann plötzlich hoch: »Okay. Ich fahre hin. Vielleicht kann ich sie noch einholen. Der Alarm ging vor fünfzehn Minuten bei der Zentrale ein. Vielleicht kann ich ja noch was erreichen, vielleicht kann ich … wenn noch Zeit ist … vielleicht …«
    Er sprang auf, schlüpfte in seine Hose, in seine Stiefel. »Gib mir mein Sweatshirt, schnell, mein Sweatshirt …«
    Sie liefen los, durch das Haus zur Garage, und Lucas streifte dabei die restlichen Kleidungsstücke über. Er sprang in den Porsche, und als das Garagentor hochglitt, rief Weather ihm zu: »Schnell! Beeil dich!«

29
    Lucas stellte sein Polizei-Rotlicht auf das Armaturenbrett vor dem Beifahrersitz und schaltete es ein. Er fuhr zunächst entlang des Mississippi, dann beim Flughafen über den Fluss, auf der Mendota Bridge über den Minnesota River und schließlich auf dem Highway 55 nach Süden. Während der Fahrt stellte er immer wieder Zeitberechnungen an: Marshall würde Geschwindigkeitsbegrenzungen kaum überschreiten, um keiner Streifenwagenbesatzung aufzufallen – es war noch früh, doch der morgendliche Berufsverkehr setzte bereits ein, und Marshall wollte bestimmt kein Risiko eingehen.
    Und das gab Lucas eine Chance. Marshall hatte einen Vorsprung von zwanzig oder fünfundzwanzig Minuten, aber er war weiter im Stadtinneren gestartet als Lucas und hatte es mit mehr Verkehr und häufigeren Ampel-Stopps zu tun gehabt. Gut möglich, dass sie etwa zur selben Zeit am Friedhofshügel ankamen … Was dort geschehen würde, konnte Lucas nicht absehen. Und wenn Marshall nicht dorthin fuhr, wenn er sich entschlossen hatte, mit Qatar irgendwo in den umliegenden Wäldern abzurechnen und ihn in einem vielleicht vorher schon ausgehobenen Grab zu verscharren, war sowieso alles umsonst …
    Das Mobiltelefon, dachte er. Vielleicht sollte er den Sheriff des Goodhue County anrufen und ihn auffordern, einen Streifenwagen zum Friedhofhügel zu schicken. Aber dann würde ans Licht kommen – ob Marshall mit Qatar nun dort war oder nicht –, dass
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