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Tödliche Unschuld

Tödliche Unschuld

Titel: Tödliche Unschuld
Autoren: J. D. Robb
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schon jemanden erschossen. Das verändert alles.«
    »Hat es für dich alles verändert? Der erste Mensch, den du in Ausübung des Dienstes töten musstest«, fügte er hinzu. Sie beide wussten, dass sie schon getötet hatte, lange bevor sie zur Polizei gegangen war.
    »Bei mir war es was anderes.« Sie hatte sich schon oft gefragt, ob sie aufgrund der Art, wie ihr Leben angefangen hatte, den Tod eventuell mit anderen Augen als die meisten anderen Menschen sah.
    Ob sie ihn vielleicht deshalb als kalte, persönliche Beleidigung empfand.
    »Trueheart ist gerade zweiundzwanzig, und er ist … er ist noch nicht mal richtig trocken hinter den Ohren.« Dunkles, gefährliches Mitleid wogte in ihr auf. Sie hockte sich vor Galahad und kraulte ihn geistesabwesend unter dem Kinn. »Er wird heute Nacht bestimmt nicht schlafen können. Wieder und wieder wird er an diese Sache denken. Nach dem Motto, hätte ich doch dies getan oder jenes, hätte ich doch anders reagiert. Und morgen …« Sie richtete sich auf und fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht. »Ich kann nicht verhindern, dass man ihn psychologisch untersucht. Ich kann nichts dagegen tun.«
    Sie kannte diesen Test. Man durfte nicht mal seine Kleider anbehalten, während sie einen mit Fragen bombardierten und man gezwungen war, nicht nur die Geräte, sondern zugleich die Techniker, die sie bedienten, in seinen Kopf hinein und sich dort ausbreiten zu lassen wie einen Tumor.
    »Hast du Angst, dass er den Test möglicherweise nicht besteht?«
    Sie wandte sich ihm zu und nahm das Weinglas entgegen, mit dem er vor sie getreten war. »Er ist zäher, als er aussieht, aber er hat eine Heidenangst. Und er schwimmt in Schuldgefühlen. Und wenn man all die Schuldgefühle, alle diese Zweifel mit in die Untersuchung nimmt, kann man darin ertrinken. Außerdem wird es interne Ermittlungen seitens der Dienstaufsicht geben.«
    »Aber warum denn das?«
    Sie setzte sich auf einen Stuhl, nahm den Kater auf den Schoß und erzählte ihm den Rest. Laut über die Geschehnisse zu sprechen half ihr, ihre Gedanken zu sortieren, vor allem, da ihr Mann schnell begriff und noch bevor sie jede Linie gezeichnet hatte, bereits das Gesamtbild sah.
    »So, wie die Dinge liegen, war es also theoretisch gar nicht möglich, diesen Mann mit einem normalen Polizeistunner zu töten.«
    »Ja.« Eve nickte. »Genau. Trueheart hätte ihn voll aufdrehen und seinem Gegenüber direkt an die Halsschlagader drücken müssen, und selbst dann hätte ein Schuss sicher nicht gereicht.«
    »Was darauf schließen lässt, dass Truehearts Schilderung des Geschehens nicht ganz stimmt.«
    Auch die Dienstaufsicht würde Zweifel an seiner Darstellung hegen, überlegte Eve und legte sich die Erklärung, die sie abgeben würde, schon einmal gedanklich zurecht. »Er stand unter unglaublichem Druck. Eine Zivilperson war tot, eine andere in extremer Gefahr, er selbst verletzt.«
    »Willst du es so der Dienstaufsicht verkaufen?«
    Ja, er sah eben stets das Gesamtbild, dachte sie. »So ungefähr.« Sie streichelte Galahad gedankenverloren und nippte an ihrem Wein. »Ich brauche den Bericht des Pathologen.
    Aber es wird niemals darauf hinauslaufen, dass Trueheart diesen Mann vorsätzlich getötet hat. In Panik, okay. Dafür klopft man ihm dann auf die Finger, suspendiert ihn einen Monat und verdonnert ihn womöglich noch zu einer Therapie. Das kann ich nicht verhindern. Die Sache ist sowieso schon etwas heikel, weil er statt bei der Zentrale erst bei mir angerufen hat. Denn falls die Dienstaufsicht vermutet, dass er etwas vertuschen wollte, ist er eindeutig erledigt.«
    Roarke nahm ihr gegenüber Platz und hob ebenfalls sein Weinglas an den Mund. »Hast du schon überlegt, ob du mit deinem alten Freund Webster sprechen solltest?«
    Ihre Finger trommelten auf die Armlehne ihres Stuhls. Während sie Roarke ins Gesicht sah, war sie sich nicht sicher, ob sie eine leichte Amüsiertheit oder etwas Ernsteres in seinen Augen sah.
    Don Webster war nicht wirklich das, was man als alten Freund bezeichnen würde. Sie hatten vor Jahren einmal eine kurze Affäre miteinander gehabt. Dass er aus Gründen, die sie nie verstehen würde, über diese eine Nacht nie ganz hinweggekommen war, hatte einmal zu einer faszinierenden, gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen ihm und Roarke geführt.
    Und an einer Wiederholung dieses Vorfalls lag ihr absolut nichts.
    »Möglich, außer, wenn du denkst, dass du dadurch die Gelegenheit bekommst, ihm noch einmal die
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