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Tödliche Unschuld

Tödliche Unschuld

Titel: Tödliche Unschuld
Autoren: J. D. Robb
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stirnrunzelnd hinterher. Nächstes Mal müsste er schneller sein.
    Als sie sicher war, dass er sich wieder dorthin verzogen hatte, wo er hingehörte, trat Eve vor einen der Bildschirme der hausinternen Telefonanlage und fragte: »Wo ist Roarke?«
    GUTEN ABEND, LIEBSTE EVE, ROARKE IST IN SEINEM ARBEITSZIMMER.
    »Hätte ich mir denken sollen.« Bestimmt gab er die Ergebnisse der während des Dinners geführten Geschäftsverhandlungen in den Computer ein. Sehnsüchtig dachte sie daran, erst ins Schlafzimmer zu gehen und ausgiebig zu duschen, dann aber bewogen ihre Schuldgefühle sie, doch erst in seinem Büro vorbeizusehen.
    Seine Stimme drang durch die halb offene Tür.
    Natürlich ging es um ein Geschäft, das während des heutigen Dinners getätigt worden war. Der Inhalt seiner Rede war ihr jedoch egal.
    Denn schon seine Stimme war die reinste Poesie und verführte sogar eine Frau, die nie verstanden hatte, wie das Herz eines Poeten schlug. Sie verströmte einen leichten Hauch von Irland, und selbst wenn sie nüchterne Fakten und Zahlenreihen herunterbetete, klang sie wie Musik.
    Seine Stimme passte hervorragend zu seinem Gesicht. Mit den schmalen, scharf geschnittenen Knochen, den leuchtend blauen Augen, dem vollen, festen Mund, der aussah, als hätte ein besonders talentierter Gott ihn an einem seiner besten Tage modelliert, sah er wie die Inkarnation eines wunderschönen, wilden Keltenkriegers aus.
    Sie trat lautlos ein. Er stand an einem der breiten Fenster und sah, während des Diktierens, hinunter in den Garten. Er hatte sich das Haar zurückgebunden. Diese dichte, seidigweiche, rabenschwarze Mähne, die er für gewöhnlich offen trug, sodass sie ihm beinahe bis auf die Schultern fiel.
    Er trug noch seinen Smoking, schwarz und elegant, und wirkte darin nicht nur wie der weltgewandte, hypererfolgreiche Geschäftsmann, sondern vor allem durch und durch zivilisiert. Hinter der glänzenden Fassade aber blieb er weiterhin gefährlich, blieb er der gnadenlose Kämpfer, der er schon als junger Mann gewesen war.
    Und ebendiese Mischung war es, die sie derart an ihm faszinierte.
    Obwohl sie völlig lautlos gewesen war, drehte er sich zu ihr um und sah sie ruhig an.
    »Unterschrift Roarke«, beendete er das Diktat. »Bitte noch heute abschicken und für Hagermann-Ross kopieren. Hallo, Lieutenant.«
    »Hi. Das mit dem Abendessen tut mir leid.«
    »Nein, tut es dir nicht.«
    Sie stopfte die Hände in die Taschen ihrer Jeans. Es war wirklich lächerlich, dass es sie ständig in den Fingern juckte, ihn zärtlich zu berühren. »Es tut mir gewissermaßen leid.«
    Seinem charmanten, amüsierten Grinsen konnte sicher niemand auf Dauer widerstehen. »Du hättest dich viel weniger gelangweilt, als du denkst.«
    »Wahrscheinlich hast du Recht. Wenn ich mich so gelangweilt hätte, wie ich denke, wäre ich nach spätestens fünfzehn Minuten ins Koma gefallen und frühestens jetzt wieder erwacht. Trotzdem tut es mir leid, dass ich dich im Stich gelassen habe.«
    »Das hast du nicht getan.« Er trat vor sie, legte eine Hand unter ihr Kinn und gab ihr einen sanften Kuss. »Schließlich macht es mich noch interessanter, wenn ich meine Frau entschuldige, die leider zu einem Fall gerufen wurde und deshalb nicht kommen kann.
    Mord ist ein so anregendes Thema, wenn man beim Essen sitzt. Und wen hat es dieses Mal erwischt?«
    »Zwei Typen aus der Lower East Side. Ein kleiner Drogendealer hat seinem Nachbarn mit einem Baseballschläger den Schädel zertrümmert und ist dann auf eine Frau und einen Polizisten los. Der Polizist hat ihn erschossen.«
    Roarke zog eine Braue hoch. Das war eindeutig noch nicht die ganze Geschichte, dachte er. Wenn nicht noch mehr dahinterstecken würde, hätte sie keinen derart sorgenvollen Blick. »Klingt nicht nach einem Fall, wegen dem du hättest extra Überstunden machen müssen.«
    »Der Polizist war Trueheart.«
    »Ah.« Er legte ihr die Hände auf die Schultern und begann sie zu massieren. »Und wie geht es ihm?«
    Sie öffnete den Mund, schüttelte dann aber den Kopf und trat einen Schritt zurück.
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße, Scheiße.«
    »So schlimm?«
    »Ist eben nicht leicht, wenn ein Junge seine Unschuld auf diese Art verliert.«
    Roarke streichelte mit einer Hand den fetten Kater, der auf der Konsole des Computers lungerte. »Interessante Formulierung.«
    »Es gibt Cops, die in ihrem ganzen Leben nicht einmal ihre Waffen ziehen müssen. Der Junge ist seit nicht mal einem Jahr dabei und hat jetzt
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