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Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Windes: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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sein ohne Dich, aber von nun an ist es für alle Zeiten reich und erfüllt. Jetzt liebe ich Dich noch mehr als in dem Moment, in dem ich von Dir gegangen bin. Trauere nicht, wenn Du an mich denkst. Aber denk an mich.
    Immer Deine
Amanda.
    Liebe, dachte Brianna, und hinter ihren Augen stiegen heiße Tränen auf. Diese Worte verrieten soviel Liebe, obwohl so wenig gesagt worden war. Wer war sie gewesen, diese Amanda? Wie hatten sich die beiden kennengelernt? Und wie oft hatte ihr Vater wohl an diese Frau gedacht? Wie oft hatte er sich wohl nach ihr gesehnt?
    Brianna wischte sich eine Träne aus dem Gesicht und öffnete den letzten Brief.
    Mein Lieber,
    ich habe gebetet und gebetet, ehe ich diesen Brief anfing. Ich habe die Heilige Mutter Gottes gebeten, mir zu zeigen, was richtig ist. Was Dir gegenüber fair ist, weiß ich nicht. Ich kann nur hoffen, daß Dich das, was ich Dir sagen werde, mit Freude und nicht mit Trauer erfüllen wird.
    Ich erinnere mich noch genau an unsere gemeinsamen Stunden in meinem Zimmer in dem Gasthaus, durch dessen Fenster man auf den Shannon sah. Wie süß und sanft Du warst, wie geblendet wir beide von der Liebe waren. Zum ersten und gewifß auch zum letzten Mal in meinem Leben wurde mir eine solch tiefe, bedingungslose Liebe zuteil, und so bin ich dankbar, daß mir, obgleich uns ein Zusammensein niemals vergönnt sein wird, eine derart wertvolle Erinnerung an diese Liebe gegeben wird. Ich trage Dein Kind unter meinem Herzen, Tommy. Bitte sei glücklich für mich. Ich bin nicht allein, und ich fürchte mich nicht. Vielleicht sollte ich mich schämen, als unverheiratete Frau vom Mann einer anderen schwanger geworden zu sein. Vielleicht verspüre ich irgendwann einmal diese Scham, aber im Augenblick empfinde ich nichts als Glück.
    Ich weiß es bereits seit mehreren Wochen, aber hatte bisher einfach nicht den Mut, es Dir zu sagen. Nun, da ich die ersten Bewegungen des von uns gezeugten Lebens spüre, finde ich ihn. Muß ich Dir erst sagen, wie sehr dieses Kind geliebt werden wird? Ich sehe mich bereits mit unserem Baby im Arm. Bitte, mein Liebster, laß um unseres Kindes willen keine Trauer und keine Schuldgefühle in Dein Herz. Und um unseres Kindes willen gehe ich fort von hier. Obwohl ich jeden Tag und jede Nacht an Dich denken werde, ist dies mein letzter Brief. Ich werde Dich immer lieben, und jedesmal, wenn ich das Leben betrachten werde, das von uns in jenen magischen Stunden am Shannon gezeugt worden ist, liebe ich Dich mehr.
    Gib, was immer Du für mich empfandest, an Deine Kinder weiter. Und sei glücklich. Ich bitte Dich darum.
    Immer Deine
Amanda.
    Ein Kind. Schluchzend hielt Brianna die Hand vor den Mund. Eine Schwester. Ein Bruder vielleicht. Großer Gott. Irgendwo lebte ein Mensch, der durch Blutsbande mit ihr verbunden war. Der kaum jünger war als sie. Der vielleicht dieselbe Haarfarbe, dieselben Gesichtszüge hatte wie sie.
    Was konnte sie tun? Was hätte ihr Vater tun können vor all der Zeit? Hatte er nach der Frau und seinem Baby gesucht? Hatte er versucht zu vergessen, daß es die beiden gab?
    Nein. Vorsichtig strich Brianna die Briefe glatt. Er hatte nicht versucht zu vergessen. Er hatte ihre Briefe all die Jahre aufbewahrt. Sie schloß die Augen und saß reglos da. Und, dachte sie, er hatte seine Amanda geliebt. Bis in den Tod.
     
    Sie mußte nachdenken, ehe sie Maggie von ihrem Fund berichtete. Und am besten konnte sie denken, wenn sie beschäftigt war. Sie ertrug den Anblick des Dachbodens nicht mehr, aber es gab genug andere Dinge zu tun. Sie schrubbte und wienerte und buk. Die schlichte Behaglichkeit dieser Tätigkeiten, das Vergnügen, das sie bei den wohligen Düften empfand, taten ihr gut. Sie gab Torf ins Feuer, braute Tee und setzte sich mit ihren Skizzen für das Gewächshaus vor den Kamin.
    Mit der Zeit würde sie wissen, was das richtige war, sagte sie sich. Nach mehr als fünfundzwanzig Jahren täten ein paar Tage des Überlegens niemandem weh. Wenn diese Verzögerung zum Teil in einer gewissen Feigheit begründet war, in dem Bedürfnis, dem unvermeidlichen Gefühlsausbruch ihrer Schwester noch eine Weile aus dem Weg zu gehen, dann gestand sie sich das gerne ein.
    Brianna hatte noch nie behauptet, eine besonders mutige Frau zu sein.
    In der ihr eigenen praktischen Art verfaßte sie einen höflichen, geschäftsmäßigen Brief an Triquarter Mining in Wales. Sie brächte ihn am nächsten Morgen zur Post, denn dann müßte sie, ob es nun regnete oder ob die
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