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Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Windes: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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Entscheidende, aber darüber hinaus freute sich Brianna immer, wenn sie die Gelegenheit bekam, jemanden zu umsorgen und ihm ein vorübergehendes Zuhause zu schaffen für die Zeit, in der er oder sie bei ihr war.
    In den Jahren, nachdem ihr Vater gestorben und ihre Mutter ausgezogen war, hatte sie aus dem Haus das Heim gemacht, nach dem sie sich als Kind immer gesehnt hatte, mit einem gemütlichen Kamin, Spitzengardinen und dem Duft von frischem Gebäck, der aus der Küche in die umliegenden Räume zog. Im Grunde war es Maggie gewesen oder Maggies Kunst, die es Brianna ermöglicht hatte, langsam zu expandieren, bis aus dem Haus eine Pension geworden war. Aber das Gebäude gehörte ihr. Ihr Vater hatte verstanden, wie sehr sie an ihrem Zuhause hing, wie wichtig es für sie war. Und sie hegte ihr Erbe wie ein Kind.
    Vielleicht lag es am Wetter, daß sie an ihren Vater dachte. Es war ein Tag wie dieser gewesen, an dem er gestorben war. Hin und wieder, wenn sie alleine war, entdeckte sie immer noch kleine Kammern der Trauer in ihrem Herzen, in denen sie gute und schlechte Erinnerungen an ihre Kindheit barg.
    Ich brauche Beschäftigung, sagte sie sich und wandte sich vom Fenster ab, ehe sie allzusehr ins Grübeln kam.
    Da es in Strömen regnete, beschloß sie, den Gang ins Dorf zu verschieben und statt dessen eine Arbeit anzugehen, die sie bereits viel zu lange vor sich hergeschoben hatte, ohne genau zu wissen, warum. Sie erwartete niemanden, und der einzige angemeldete Gast käme nicht vor Ende der Woche an. Also schleppte Brianna Besen, Eimer, Putzlappen und einen leeren Karton auf den Dachboden hinauf.
    Sie reinigte ihn mit derselben Regelmäßigkeit wie alle anderen Räumlichkeiten, doch die herumstehenden Kisten und Kästen hatte sie bei ihren Putzaktionen immer ignoriert. Aber jetzt war es soweit, sagte sie sich und öffnete die Tür. Dieses Mal sähe sie nicht über die Kisten hinweg. Und sie würde nicht zulassen, daß ihre Sentimentalität sie davon abhielt, die verbliebenen Erinnerungsstücke ebenso durchzusehen wie die Wäsche in ihrem Kleiderschrank.
    Wäre der Raum erst einmal entrümpelt, würde sie sparen, bis ein Umbau möglich war. Sie stützte sich auf den Besen und träumte von einem gemütlichen Zimmer unter dem Dach. Mit einem dieser neuen Dachfenster und vielleicht einer Gaube. Ein sanfter, gelber Anstrich brächte die Sonne herein. Der Boden würde geschliffen und versiegelt und mit einem ihrer Knüpfteppiche geschmückt.
    Sie sah es bereits vor sich – das hübsche, mit einer farbenfrohen Tagesdecke versehene Bett, einen Korbsessel, einen kleinen Schreibtisch und ...
    Brianna schüttelte lachend den Kopf. Sie überflügelte sich mal wieder selbst.
    »Was bin ich doch für eine elende Träumerin, Con«, murmelte sie und strich dem Hund liebevoll über den Kopf. »Dabei bräuchte ich im Augenblick eher Muskeln und Skrupellosigkeit.«
    Erst sähe sie sich die Kisten an. Es war wirklich an der Zeit, daß sie alte Papiere und alte Kleider dem Feuer übergab.
    Dreißig Minuten später hatte sie mehrere ordentliche Kleiderstapel neben sich. Einen brächte sie zur Altkleidersammlung, ein anderer wäre noch für Putzlumpen gut. Die Luft war von schwachem Lavendelduft erfüllt. Das Leinenkleidchen, das sie in den Händen hielt, war mit winzigen Knöpfen und schmalen Spitzenbordüren verziert. Die Handarbeit unserer Großmutter, dachte Brianna und lächelte. »Er hat tatsächlich alles aufgehoben«, murmelte sie. Ihre Mutter hätte niemals derart sentimentale Gedanken in bezug auf zukünftige Generationen gehegt. »Das haben bestimmt Maggie und ich angehabt. Und Dad hat es für unsere Kinder verstaut.«
    Der Gedanke versetzte ihr einen kaum merklichen, weil vertrauten Stich. Sie hatte kein Baby, das sanft in einer Wiege schlief, kein weiches Bündel, das darauf wartete, daß sie es in den Armen hielt, es fütterte und ihm ihre Liebe gab. Aber Maggie, dachte sie, fände bestimmt Gefallen an dem Kleidchen. Vorsichtig faltete sie es zusammen und legte es wieder in den Karton zurück.
    Der nächste Karton war bis zum Rand mit Papieren gefüllt, stellte sie seufzend fest. Ehe sie sie entsorgen könnte, war es wohl erforderlich, daß sie sie las oder zumindest überflog. Ihr Vater hatte seine gesamte Korrespondenz ebenso wie zahlreiche Zeitungsausschnitte aufbewahrt. Seine neuen Geschäftsideen, hätte er sicher gesagt.
    Immer hatte er neue Dinge im Sinn gehabt. Sie legte verschiedene von ihm ausgeschnittene
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