Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todeswatt

Todeswatt

Titel: Todeswatt
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
strebte zum Ausgang. An der Tür murmelte er nochmals: »Alles Verbrecher!«, ehe er die Filiale verließ.
    Frau Neubert atmete erleichtert auf. »Entschuldigen Sie bitte«, sagte sie dann.
    Tom zuckte mit den Schultern. »Da können Sie ja nichts dafür. Ist sicherlich nicht leicht in der jetzigen Zeit. Es gibt bestimmt eine Menge Kunden, die Ihnen die Schuld an den Verlusten geben.«
    »O ja«, bestätigte die Bankmitarbeiterin. »Obwohl, ein bisschen verstehen kann ich sie auch. Wer hätte denn mit solch einem Börsencrash gerechnet?«
    »Na ja«, hielt er dagegen, »dass das nicht ewig so weitergehen würde mit dem Höhenflug, war irgendwie abzusehen.«
    »Tja, aber wenn man keine Ahnung von Börsengeschäften hat?« Sie versuchte zu lächeln. Allerdings war es ihr deutlich anzumerken, wie sehr sie den Feierabend herbeisehnte. »Dann will ich Ihnen mal schnell die Ausdrucke geben.« Sie wandte sich um und ging zu einem Schreibtisch, der im hinteren Teil des Raumes stand. Aus einem roten Ablagekörbchen nahm sie einen DIN-A4-Umschlag und reichte ihn Tom. »Sie haben ja zum Glück nicht alles auf eine Karte gesetzt.« Offensichtlich hatte sie sich die Depotauszüge angeschaut.
    Nickend nahm er das Kuvert entgegen. Die Aufteilung in verschiedene Kapitalanlagen war für ihn das A und O bei seinen Investitionen. Aktien und Fonds gehörten für ihn ebenso wie Bundesschatzbriefe und Festanleihen in ein ausgeglichenes Depot. Dennoch war er momentan ein wenig verunsichert.
    »Ich würde trotzdem gern einen Termin bei Herrn Lorenzen machen. Wann ist er denn wieder im Haus?«
    Frau Neubert räusperte sich. »So genau kann ich Ihnen das leider nicht sagen. Am besten, Sie rufen noch einmal an. Oder sollen wir uns bei Ihnen melden?«
    Tom, für den Letzteres eigentlich selbstverständlich gewesen wäre, schaute leicht irritiert auf die Bankmitarbeiterin. Wieso konnte sie ihm nicht sagen, wann der Kollege wieder zur Verfügung stand? War er vielleicht ernsthaft krank?
    Er verkniff sich jedoch die Frage danach, da die Uhr an der Wand gleich hinter dem Tresen weit nach 16 Uhr anzeigte und er ihren Dienstschluss nicht noch länger hinauszögern wollte.
    »Bitte rufen Sie mich an, wenn Herr Lorenzen wieder da ist.«

     
    Auf dem Nachhauseweg beschloss Tom, bei Haie vorbeizuschauen, da er ihn einige Tage nicht gesehen hatte. Der Freund wohnte nur wenige Häuser entfernt in Maasbüll und sonst trafen sie sich beinahe täglich.
    In dieser Woche hatte Tom jedoch jede Menge Arbeit zu erledigen gehabt und die Hochzeitsplanungen nahmen zudem mehr Zeit in Anspruch, als er gedacht hatte. Und dabei hatte er noch nicht einmal einen Anzug gekauft. Vielleicht könnte Haie ihn dabei begleiten? Am besten, er fragte ihn gleich.
    Die beiden verband eine ganz besondere Freundschaft. In den fast vier Jahren, die sie sich nun kannten, hatten sie bereits eine Menge zusammen erlebt, waren durch dick und dünn gegangen.
    Außerdem verstand der Freund sich blendend mit Marlene, die er vom ersten Augenblick an in sein Herz geschlossen hatte. Wenn Tom und Marlene kein Paar wären, wer weiß …?
    Quatsch, mit einem Grinsen auf den Lippen verwarf er den Gedanken, sie ist überhaupt nicht sein Typ. Haie stand eher auf Dunkelhaarige.
    Seit einigen Wochen traf Haie sich ab und zu mit einer alten Schulfreundin. Tom freute sich darüber. Endlich zeigte der Freund wieder Interesse am anderen Geschlecht. Er konnte schließlich nicht ewig solo bleiben.
    Die Trennung von seiner Frau hatte Haie in ein tiefes Loch gestürzt. So manches Mal hatte er mit sich selbst und dem Leben gehadert. Doch nun schien er zum Glück all das überwunden und in Ursel endlich wieder jemanden gefunden zu haben, dem er sich verbunden fühlte. Ob es Liebe war, was die beiden füreinander empfanden, konnte Tom nicht beurteilen, aber die Beziehung, welcher Art sie auch sein mochte, tat dem Freund gut und das allein zählte.
    Er stoppte den Wagen vor dem kleinen Reetdachhaus. Im Wohnzimmer brannte Licht. Er ging den kleinen Weg zur Tür hinauf. Sie war wie gewohnt nicht verschlossen.
    »Haie?«
    Tom trat in das erleuchtete Wohnzimmer. Der Fernseher lief und auf dem Couchtisch stand eine Tasse Tee. Anscheinend hatte der Freund es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht. Zwei kleine Kissen und eine karierte Wolldecke lagen auf den Polstern.
    Ungewöhnlich für diese Tageszeit, befand Tom und sah sich um.
    Er hörte die Toilettenspülung. Kurz darauf erschien Haie in der Tür. Er sah elend aus. Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher