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Todeswatt

Todeswatt

Titel: Todeswatt
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rechte Hand flach oberhalb der Augenbrauen an die Stirn und blinzelte.
    Tatsächlich, auf dem feuchten Grund lag ein verendeter Seevogel. Das stumpfe Gefieder unterschied sich kaum von der Farbe des sandigen Bodens. Der Kopf der Möwe wirkte merkwürdig verdreht.
    »Komm«, er griff den Schäferhund am Halsband, »der können wir eh nicht mehr helfen.«
    Hasso ließ sich jedoch auch durch das vehemente Zerren seines Herrchens nicht von der Stelle bewegen. Stattdessen fing er an zu knurren.
    »Mein Gott, nu komm schon!« Jens Bendixens Nerven lagen aufgrund des Streits fast blank. Eigentlich war er sonst nicht so ungeduldig, aber heute fehlte ihm einfach die nötige Gelassenheit.
    Mit seinem gesamten Körpergewicht stemmte er sich gegen den störrischen Hund und zog mit voller Kraft am Halsband.
    Doch Hasso sträubte sich weiter und machte unvermittelt sogar einen Satz nach vorne, sodass Jens Bendixen stolperte, das Gleichgewicht verlor und hinfiel.
    »Düwel, wat soll das«, rappelte er sich fluchend auf. Dabei fiel sein Blick auf eine dunkle Erhebung wenige Meter vor der Küste. Er kniff die Augen zusammen, um den Punkt besser fixieren zu können, und erschrak.
    Mitten im Watt lag eine Leiche.

2. Kapitel
    Tom saß am Schreibtisch und blätterte in einer grauen Mappe, als Marlene sein Büro betrat.
    »Post für dich!« Sie wedelte mit dem weißen Umschlag vor seiner Nase herum, während er versuchte, ihn ihr wegzuschnappen. Doch sie war schneller. »Das kostet dich mindestens einen Kuss«, sagte sie.
    »Wer ist denn der Absender?«
    Er tat, als wäge er ab, ob die Aushändigung des Schreibens den Preis wert war. Marlene schob beleidigt ihre Unterlippe vor.
    Tom stand auf, umarmte und küsste sie. Er spürte, wie sie sich an ihn schmiegte und ihre Zunge den Weg in seinen Mund suchte.
    Er schlang seinen linken Arm noch enger um sie, während er mit seiner rechten Hand nach dem Brief angelte. Als er das Papier hinter ihrem Rücken unter seinen Fingern spürte, griff er zu und entzog es ihr blitzschnell. Mit einem triumphalen Lächeln präsentierte er seine Trophäe. Allerdings währte seine Freude über den errungenen Sieg nicht lange.
    »Ach, von der Bank«, stöhnte er. »Bestimmt wieder ein Depotauszug. Wenn das so weitergeht, wird das nichts mit unserer Hochzeitsreise.«
    »Na, so schlimm wird’s schon nicht sein«, versuchte Marlene mehr sich selbst als ihn zu beruhigen. »Zur Not springt bestimmt gern deine zukünftige Schwiegermutter ein.«
    Der ironische Unterton in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Zwar hatte sich das Verhältnis zwischen Marlene und ihrer Mutter ein wenig gebessert, seit Gesine Liebig freudestrahlend vernommen hatte, dass ihre einzige Tochter endlich unter die Haube kommen würde. Aber bereits das erste Gespräch über die anstehende Hochzeit hatte eine lautstarke Auseinandersetzung ausgelöst.
    Während Marlene eine romantische Trauung in der kleinen Dorfkirche mit einer anschließenden Feier im engsten Kreise in der Gastwirtschaft in Risum-Lindholm vorschwebte, war für Gesine Liebig mindestens der Hamburger Michel und das Restaurant im Hotel ›Vier Jahreszeiten‹ Pflicht. Schließlich hatte die Hochzeit standesgemäß zu sein. Was werden denn die Leute denken, hatte sie erwidert und auf die Ausrichtung der Feierlichkeiten nach ihren Wünschen bestanden.
    Nur widerwillig hatte Marlene auf Toms Anraten hin letztendlich zugestimmt.
    »Sie ist doch deine Mutter und außerdem ist Hamburg auch sehr schön«, hatte er überzeugend hervorgebracht. »Immerhin bist du dort geboren.«
    »Aber in die Hochzeitsreise lasse ich mir nicht reinreden«, war ihre Bedingung gewesen.

     
    Tom riss den Umschlag auf und faltete das Schreiben auseinander.
    »Puh, schon wieder Geld verloren. Langsam wird’s echt kritisch. Vielleicht sollte ich verkaufen. Was meinst du?«
    Er reichte ihr den Auszug. Marlene warf einen kurzen Blick auf den Stand der Wertpapiere und zuckte dann mit den Schultern.
    »Keine Ahnung. Ich bin schließlich kein Banker. Vielleicht wäre ein Termin nicht schlecht?«
    Tom nickte zustimmend. Am besten wäre es, wenn er sich einmal professionell beraten ließe. Dann könnte er sich auch gleich eine Übersicht über die Entwicklung seines Depots erstellen und sich den Tipp eines Experten geben lassen. Er bezweifelte zwar, dass es momentan überhaupt jemanden gab, der abschätzen konnte, wie weit die Kurse noch fallen und wie lange die Krise anhalten würde, aber die Einschätzungen
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