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Todesformel

Todesformel

Titel: Todesformel
Autoren: Verena Wyss
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gibt drei Möglichkeiten: Ich behalte die CD-ROM. – Dann ist es eine Frage der Zeit, wann ich das nächste Mal darum erpresst werde.
    Naheliegend wäre, alle Daten gleich der freien Forschung zugänglich zu machen. – Dann bin ich wie Charlotte Platen, drücke mich vor der Verantwortung, verstecke mich hinter der Behauptung, Forschung an sich sei wertfrei, nicht gut, nicht böse.
    Das Dritte wäre, diese CD-ROM einfach zu vernichten, was hält mich davon ab? – Es ist diese Haltung, die Alja zu leben scheint. Sie kommt aus einem immer bewussteren Einklang mit der Natur. Respekt heißt doch, genau hinzuschauen, Forschung führt zu dieser Haltung. Die Forschungsergebnisse sind immer genauere Einblicke in die Materie, ins Leben, ein Blick auf das, ›was die Welt im Innersten zusammenhält‹. So stelle ich mir Andacht vor, staunendes Anschauen der Logik des Lebendigen.
    Ich bewege mich zu Aljas Schreibkommode, sie ist unverschlossen. Ich erinnere mich richtig, im großen Schreibfach liegen neben dem Laptop die CD-ROMs, die archivierten wie die leeren, da sind auch die Plastikhüllen, nicht pinkrosa, sondern durchsichtig blassgrün, das gleiche Modell. Alja zählt ihre CD-ROMs und Hüllen nicht, ich bediene mich.
    Ich vertausche die CD-ROMs, trage Merets Vermächtnis jetzt in blassgrün auf mir. Einen Rohling schmelze ich auf Aljas kleinem Duftölgerät. Das Klumpgebilde übergebe ich Sven, zusammen mit der rosa Hülle – zu den Beweismitteln gegen Chantal Platen-Alt. Er kann ins Protokoll aufnehmen, dass ich den Datenträger unter Tabletteneinfluss geschmolzen habe, in der Meinung, dies sei im Sinn von Meret Platen, die nicht wollte, dass er in falsche Hände geriet. Natürlich tat ich dies ohne Kenntnis des Inhalts.
    Soll ich mit einer Depression liebäugeln, weil ich das absolut niemandem, auch Sven nicht, jemals erzählen werde?
    * * *
    Wieder sitzen wir auf Aljas Schaukel auf dem Sonnendeck mit Blick über den Garten, über die Wiese zum Wald, wiegen ganz sanft. Alja fädelt Bohnen. Ich liebe die heißen Tage Ende Juli, das Duftgemisch von warmen Kräutern und Gras, das Zirpen der Sommergrillen.
    Sven und Noël sind mit dem Motorrad unterwegs. Moshe haben wir mit einer langen Schnur ans Deck gebunden, so latscht er nicht weg.
    Claas bastelt irgendetwas im Glashaus. Er kommt oft hierher. Er und Alja verstehen sich gut.
    * * *
    Chantal Platen-Alt ist natürlich nicht ins Gefängnis gekommen und wird es nie, dazu gibt es die guten Anwälte. Sie wird jedoch nicht nach ›Holsten‹ zurückkehren. ›Holsten‹ wird vorerst leer stehen.
    Svens Anklage ist in sich zusammengefallen, bevor er sie erheben konnte:
    – Die Giftspritze verschwand im Labor, in dem sie untersucht werden sollte. Sie wurde auf keiner Liste geführt und niemand erinnerte sich, je davon gehört zu haben. In den Labors mit den Tierversuchen in der ›Delton Biotec‹ werden zwar genau diese letalen Spritzen benutzt, doch in der computergesteuerten Buchführung fehlt nicht ein Stück.
    - Chantal Platen-Alts Geständnis wurde vom Gerichtspräsidenten als nichtig erklärt, weil sie unter Drogeneinwirkung stand und weil sie dazu genötigt wurde.
    - Der Gerichtspräsident hat Sven ein Disziplinarverfahren angedroht, falls er diese unhaltbaren Anschuldigungen nicht fallen lasse. Sven hat nicht nur zugelassen, dass sich ein Schriftsteller zur Autorität aufschwang und eine verletzte Frau in Todesangst versetzte, er hat auch einen Polizeieinsatz gegen Mattis Platen-Alt durchführen lassen und ihm unterstellt, seinen eigenen Neffen entführt zu haben. Mattis Platen-Alt war so großzügig, keinen Prozess wegen Verleumdung und Nötigung anzustrengen.
    - Der Mord an Fred Roos wurde von den französischen Behörden als abgeschlossen überwiesen.
    - Im Fall des verschwundenen Forschungsleiters der ›Delton Biotec‹, Yorge Droz, muss wegen der gefundenen Hand und den Umständen seines Verschwindens von einer Tötung ausgegangen werden, doch gibt es dazu keine weiteren Anhaltspunkte. Alle Hinweise deuten auf eine vom Ausland gesteuerte Forschungskriminalität. Die ›Delton Biotec‹ erstattet aus Gründen der Diskretion keine Anzeige.
    - Felix Gamba ist an einem Herzversagen verstorben. Die Wunde am Hinterkopf stammt von seinem Sturz.
    - Meret Platen hat sich unter Drogeneinfluss (Tabletten in Kombination mit Alkohol) selbst umgebracht.

15
    AUS ALJAS GARTEN: In meine Mühle gekommen zu
    sein, um irgendwo auf dieser Erde zur Ruhe zu kommen, nicht erst im
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