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Todesformel

Todesformel

Titel: Todesformel
Autoren: Verena Wyss
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Grab. Um am Morgen zu erwachen, die Augen zu öffnen, den aufsteigenden Tag wahrzunehmen, sich liegend als auf diesem sich drehenden blauen Planeten befindlich zu fühlen, durch das All sausend, ein Laserpunkt eines lebendigen Gedankens. Die erste Tasse Kaffee auf der Veranda sitzend an diesem neuen Tag zu erleben, ins Grüne zu sehen – ich bin ein Mensch, ein denkendes Wesen; der Sinn meines Lebens besteht in dieser Wahrnehmung, hier und jetzt.
    Wahrnehmend das Leben, das, was es erschafft, und dasjenige, das es zerstört – wahrnehmend den Krieg.
    Wahrnehmend die Menschen, denen ich begegne, Jenny, die später dazu kam, die ich seit ihrer Geburt kenne, Dorothy, Meret, Zeitgenossenschaft, Menschen, die ›es‹ leben, die wissen, wie wichtig ihr eigenes Leben ist für das Ganze. Und immer wieder laufen wir in unsere Schicksale, meinen, es freiwillig zu tun.
     
    Alja sagt, sich nicht raushalten zu können, ist eine Frage der Menschlichkeit. Wenn Handeln an sich noch so unsinnig ist; was zählt, ist der Reflex des Mitfühlens, Mitleidens – das, was den Menschen zum Menschen macht.
    Das Thymiankissen in unserem so elegant grauen Trog auf der Terrasse entwickelt sich üppig, die zwei Rosmarinbäumchen sprießen. Das Wichtigste ist, sie ausreichend zu wässern und jedes Jahr für ausreichend Platz zur Wurzelentwicklung zu sorgen – umtopfen oder halbieren. Ist etwas schön, musst du nicht immer wissen, wozu es auch gut ist. Nach Aljas Kolumnen wirkt Thymian bei allfälligem Husten, wer keinen Husten hat, würzt damit jene Speisen, zu denen der feine Heugeruch passt. Rosmarin hilft vor allem gegen Aufregung, das könnte bei derart wilden Zeiten allmählich nötig sein, also lege ich jeweils ein Zweiglein zum Melissenkraut in die Teekanne.
    * * *
    Übrigens, unter dem Maulbeerbaum oben in Aljas Garten habe ich heute eine kleine Grube geschaufelt, habe mit Steinplatten vom Baumarkt ein Behältnis hineingebaut, habe die CD-ROM meiner Mutter hineingelegt, mit einer Steinplatte bedeckt und die Fugen mit angerührtem Zement verstrichen. Dann habe ich die Grube wieder mit Erde aufgefüllt, habe den Boden unter dem Baum ausgeebnet.
    Es geht um die zwei Miniaturen. Alja hat sie mir geschenkt, eines Tages werden sie Noël gehören – ein Andenken an seine Großmutter, die ihn ermuntert hat, Biografien zu lesen.
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