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Todesfalle Triton

Todesfalle Triton

Titel: Todesfalle Triton
Autoren: Jo Zybell
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nickte nur stumm und senkte den Blick. Sein bleiches Gesicht war rosig, als er dem Alten die Wettquittung aushändigte.
    Der Alte ging zum Ehrenplatz neben Balduras Thronsessel. Die Matriarchin reichte ihm ihre Hand zum Kuß. Das tat sie mit Vorliebe in Situationen, in denen er ihr den Handkuß nicht verweigern konnte, ohne einen Eklat auszulösen. Er beugte seinen Kopf über die unförmige Fleischmasse von Hand und sah Baldura in die wäßriggrünen Augen, während seine Lippen die von Fett glänzende Haut berührten. Die Regentin der TIBORCOHEN schien bester Stimmung zu sein; sie lächelte sogar. Es berührte ihn nicht. Die massige Frau in dem goldfarbenen Mantel drückte ihren Handrücken gegen seinen Mund und neigte den Kopf. »Herzlich willkommen an Bord des Zentralschiffes, mein General«, sagte sie.
    Eine Anspielung auf die größere Bedeutung ihres Schiffes gegenüber der RUBICON. Er überhörte sie und setzte sich an ihre Seite. Salzig und leicht bitter brannte der Geschmack ihrer Haut auf seinen Lippen. Er widerstand der Versuchung, sie mit seinem Mantelärmel abzuwischen. Später.
    Seine Familie nahm auf den Sesseln rechts neben ihm Platz, Eddyseven ließ sich im Zwischengang neben der Ehrensesselreihe nieder. Natalya griff nach der Hand des Alten. Er ließ es geschehen. Selbstverständlich war sie aufgeregt, selbstverständlich hatte sie Angst. Das Leben ihres einzigen Kindes stand auf dem Spiel; buchstäblich auf dem SPIEL.
    In den Vorrunden des SPIELS wurden die Unterlegenen noch mit Arbeitseinsätzen in der Nordpol-Biosphäre bestraft. Die meisten kehrten nach zwei Jahren mehr oder weniger krank zurück und konnten sich, wenn sie Lust hatten, erneut bewerben. Den Verlierern und Todeskandidaten der zweiten Runde konnte man häufig einen Fluchtweg in eine andere Biosphäre ermöglichen. Im Endkampf aber blieben nur ein Sieger und ein Toter zurück. Und der Sieger wurde in der Regel nach kurzer Zeit abgeholt. Was sollte er seinem Sohn wünschen? Sieg oder Niederlage? Der Alte schwankte ernsthaft.
    Gedämpftes Stimmengewirr erfüllte die ehemalige Raumschiffszentrale. Der Alte sah sich um. Erst die Hälfte der siebenhundert Plätze war besetzt. Von allen Seiten grüßte man ihn, indem man die Hand auf die Brust legte und den Kopf neigte. Er war der Erste in der Biosphäre Tiborcohen , auch wenn Baldura damit haderte, seitdem er es vor achtzehn Jahren geworden war. Außer ihm gab es nun mal nicht viele Höchstgeehrte . Um es ganz korrekt zu sagen: Es gab nur einen. Ihn. Angeblich sollte in den nächsten Wochen ein zweiter am nicht vorhandenen Himmel von Triton erscheinen. Was für ein Witz!
    Auch unten füllten sich allmählich die Ränge. Bewohner der TIBORCOHEN, Bewohner der Nachbarschiffe in der Biosphäre Tiborcohen . Sogar Angehörige aus den beiden benachbarten Biosphären entdeckte der Alte. Baldura neben ihm streifte schwarze Handschuhe aus Kunstseide über.
    Man hatte den Boden zwischen Ebene I und Ebene II der alten Kommandozentrale zu über sechzig Prozent herausgenommen und die Balustrade der Galerie näher an die Frontkuppel versetzt. Das Ergebnis war eine Art Arena, von deren Rängen aus man einen guten Blick sowohl in das Sichtfeld der jeweiligen Ebene – ja, die Viquafelder des alten Frachters funktionierten noch – wie auch auf das erhöhte Bühnenpodest der unteren Ebene hatte. Dort fand alljährlich die letzte Phase des SPIELS statt.
    Der Alte spürte Blicke von rechts. Er wandte den Kopf. Zum Ohr seines Jüngsten gebeugt stand Balduras Chefkommunikator neben Eddyseven am Beginn der Sitzreihe. Er sah ihn an, während er dem Rotschopf ins Ohr flüsterte, verneigte sich kurz, als ihre Blicke sich trafen, und flüsterte weiter. Eine Botschaft für ihn, vermutete der Alte, eine, die nicht warten konnte. Er haßte wichtige Botschaften.
    Musik ertönte. Ein paar hymnische Akkorde, gespielt auf einem halben Dutzend Hörnern, zwei elektronischen Violinen, einer Harfe und einigen Schlaginstrumenten. Was sich eben so angesammelt hatte und übriggeblieben war im Laufe der Jahrhunderte. Musikinstrumente pflegten sie bei den Razzien zu tolerieren.
    Ein hochgewachsener blonder Mann von vielleicht fünfundzwanzig Jahren betrat das Bühnenpodest. Er trug eine Art Hosenrock – schwarz und sehr kurz – und eine ebenfalls schwarze ärmellose Weste auf ansonsten nacktem Oberkörper. Ein gut gebauter Adonis, und die Baldura fing stürmisch an zu klatschen.
    Ein fettleibiger Mann mit grauen Locken und im
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