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LYING GAME Und raus bist du

LYING GAME Und raus bist du

Titel: LYING GAME Und raus bist du
Autoren: Shepard Sara
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Prolog
    Ich wachte in einer schmutzigen Badewanne mit Löwenfüßen auf, die in einem mir unbekannten Badezimmer stand. Neben der Toilette lag ein Stapel Maxim-Hefte, grüne Zahnpastareste trockneten im Waschbecken, und der Spiegel war mit weißen Tropfen bekleckert. Durch das Fenster sah ich den Vollmond an einem dunklen Himmel. Welcher Wochentag war heute? Wo war ich? In einem Verbindungshaus der University of Arizona? In irgendeiner Wohnung? Mühevoll rief ich mir in Erinnerung, dass ich Sutton Mercer hieß und in den Hügeln von Tucson/Arizona wohnte. Ich hatte keine Ahnung, wo meine Handtasche war und wo ich mein Auto geparkt hatte. Moment mal, was für ein Auto fuhr ich eigentlich? Hatte mir jemand was in den Drink gekippt?
    »Emma?«, rief eine männliche Stimme aus einem anderen Zimmer. »Bist du zu Hause?«
    »Bin beschäftigt!«, rief eine viel nähere Stimme.
    Ein großes, schlankes Mädchen mit dunklen Haaren, die ihr wirr ins Gesicht hingen, öffnete die Badezimmertür. »Hey!« Ich sprang auf. »Hier ist besetzt!« Mein ganzer Körper kribbelte, als sei er eingeschlafen. Als ich an mir heruntersah, kam ich mir vor, als stünde ich unter einem Stroboskoplicht, das schnell an- und ausgeschaltet wurde. Schräg. Mir hat auf jeden Fall jemand was in den Drink gekippt.
    Das Mädchen schien mich nicht zu hören. Sie taumelte ins Bad, das Gesicht im Schatten.
    »Hallo?«, rief ich und kletterte aus der Wanne. Sie schaute nicht in meine Richtung. »Bist du taub?« Nichts. Sie pumpte nach Lavendel riechende Bodylotion aus einem Spender und rieb sich damit die Arme ein. Die Tür ging erneut auf und ein unrasierter Teenager mit Stupsnase stürmte herein. »Oh.« Sein Blick wanderte zu dem engen T - Shirt des Mädchens, auf dem die Aufschrift New York New York Rollercoaster prangte. »Ich wusste nicht, dass du hier drin bist, Emma.«
    »Kleiner Hinweis: Die Tür war zu.« Emma schob den Typen aus dem Bad und knallte die Türe zu. Dann drehte sie sich wieder zum Spiegel um. Ich stand direkt hinter ihr. »Hey!«, rief ich wieder.
    Endlich sah sie auf. Ich schaute in den Spiegel, um ihren Blick einzufangen. Aber als ich das Spiegelbild erblickte, schrie ich auf.
    Emma sah genau so aus wie ich. Und ich war nicht zu sehen.
    Emma drehte sich um und verließ das Badezimmer. Ich folgte ihr, als zöge sie mich an einem Strick hinter sich her. Wer war dieses Mädchen? Warum sah sie so aus wie ich? Warum war ich unsichtbar? Und warum konnte ich mich an nichts erinnern? In diesem Augenblick kehrten die Erinnerungen scharf und schmerzhaft zurück – aber es waren die falschen. Die glitzernd hinter den Catalina Mountains untergehende Sonne, der morgendliche Duft der Zitronenbäume in meinem Hintergarten, das Gefühl von Kaschmir-Hausschuhen an meinen Zehen. Aber andere Dinge, die wichtigsten Dinge, waren unscharf und trüb geworden, als hätte ich mein bisheriges Leben unter Wasser verbracht. Ich sah undeutliche Umrisse, konnte sie aber nicht erkennen. Ich wusste nicht mehr, was ich in meinen Sommerferien gemacht hatte, wer mir meinen ersten Kuss gegeben hatte oder wie es sich anfühlte, die Sonne auf meinem Gesicht zu spüren und zu meinem Lieblingslied zu tanzen. Was war überhaupt mein Lieblingslie d ? Und am schlimmsten war, dass alles von Sekunde zu Sekunde nur noch unschärfer und trüber wurde. Als würde mein Gedächtnis sich auflösen.
    Als würde ich mich in Luft auflösen.
    Aber dann schloss ich die Augen und konzentrierte mich mit aller Kraft. Ich hörte einen erstickten Schrei, und plötzlich war es, als wäre ich woanders. Schmerz durchfuhr meinen Körper, bis meine Muskeln den Widerstand aufgaben und beinahe schläfrig erschlafften. Als sich meine Augen langsam schlossen, sah ich als Letztes eine undeutliche, schattenhafte Gestalt, die sich über mich beugte.
    »Oh Gott«, flüsterte ich.
    Es war kein Wunder, dass Emma mich nicht sehen konnte. Es war kein Wunder, dass ich nicht im Spiegel erschienen war. Ich war nicht wirklich hier.
    Ich war tot.

1 – Wie aus dem Gesicht geschnitten
    Emma Paxton trug ihre Leinentasche und ein Glas Eistee aus der Hintertür des Hauses ihrer neuen Pflegefamilie, das in einem Vorort von Las Vegas lag. Auf der nahen Autobahn rauschten Autos vorbei, und es roch stark nach Abgasen und der örtlichen Kläranlage. Die einzige Dekoration des Hintergartens bestand aus ein paar staubigen Hanteln, einem rostigen Insektenfänger und kitschigen Terrakottastatuen.
    Nicht zu vergleichen mit
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