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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman
Autoren: Deon Meyer
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    |5| Donnerstag, 6. Juli
Noch sieben Tage
    |7| 1
    Noch schwer benebelt vom Alkohol schreckte er aus dem Schlaf hoch. Die Schmerzen in den Rippen waren das Erste, was er wahrnahm.
     Dann das geschwollene Auge und die geplatzte Oberlippe, den modrigen Mief der Zelle, die Desinfektionsmittel, den säuerlichen
     Geruch seines Körpers, den salzigen Geschmack von Blut und abgestandenem Bier im Mund.
    Und die Erleichterung.
    Puzzlestücke des vergangenen Abends trieben durch seine Erinnerung. Die Provokation, die pikierten Gesichter, die Wut — was
     waren sie doch für stinknormale, berechenbare Arschlöcher, diese kreuzbraven, ehernen Stützen der Gesellschaft.
    Er wollte sich nicht bewegen, blieb auf der Seite liegen, die nicht schmerzte, der Kater pochte in seinem Körper wie eine
     Krankheit.
    Draußen im Gang erklangen Schritte, im Schloss der grauen Stahltür wurde ein Schlüssel umgedreht, das schrille metallische
     Geräusch fräste sich durch seinen Kopf. Dann stand der Uniformierte vor ihm.
    »Dein Anwalt ist hier«, sagte der Polizist.
    Langsam drehte er sich auf der Pritsche um. Schlug ein Auge auf.
    »Los!« Eine Stimme, die jeden Respekt vermissen ließ.
    |8| »Ich habe keinen Anwalt.« Seine Stimme klang sehr fern.
    Der Polizist trat einen Schritt vor, packte ihn am Kragen und zog ihn hoch. »Los jetzt!«
    Die Schmerzen in seinen Rippen. Er taumelte durch die Zellentür, durch den gefliesten Gang ins Dienstzimmer.
    Der Uniformierte schritt voraus, mit einem Schlüssel wies er den Weg in den kleinen Vorführraum. Wieder die Schmerzen, als
     er eintrat. Kemp saß da, hatte die Stirn gerunzelt, neben ihm sein Aktenkoffer. Er setzte sich auf einen dunkelblauen Stuhl
     und stützte den Kopf in beide Hände. Hinter sich hörte er den Polizisten die Tür schließen und sich entfernen.
    »Du bist ein Stück Dreck, van Heerden«, sagte Kemp.
    Er antwortete nicht.
    »Was machst du nur aus deinem Leben?«
    »Spielt das eine Rolle?« Die S-Laute kamen ihm nur gelispelt über die geschwollenen Lippen.
    Die Furchen auf Kemps Stirn wurden noch tiefer. Er schüttelte den Kopf. »Sie haben sich noch nicht einmal die Mühe gemacht,
     Anzeige zu erstatten.«
    Er wollte die Erleichterung auskosten, es genießen, wie der Druck von ihm abfiel, aber das alles entzog sich ihm. Kemp. Was
     zum Teufel hatte Kemp hier verloren?
    »Sogar Zahnärzte können erkennen, wenn sie es mit einem Haufen Scheiße zu tun haben. Mein Gott, van Heerden, was ist los mit
     dir? Du wirfst dein Leben auf den Müll. Zahnärzte. Wie besoffen muss man sein, um sich mit fünf Zahnärzten anzulegen?«
    »Zwei waren Allgemeinmediziner.«
    Kemp musterte van Heerden. Dann erhob sich der Anwalt; |9| er war ein großer Mann mit gepflegtem Äußeren, Sportjackett und grauer Hose, dazu, wunderbar passend, der neutrale Farbton
     der Krawatte. »Wo steht dein Wagen?«
    Langsam stand er auf, er nuschelte leicht: »Vor der Kneipe.«
    Kemp öffnete die Tür und trat hinaus. »Dann komm jetzt.« Van Heerden folgte ihm ins Dienstzimmer. Ein Sergeant schob seine
     Besitztümer über den Tresen, eine Plastiktüte mit seiner schlanken Brieftasche und seinen Schlüsseln. Er nahm sie entgegen,
     ohne dem anderen in die Augen zu sehen.
    »Ich nehm ihn mit«, sagte Kemp.
    »Er kommt wieder.«
    Es war kalt. Der Wind strich durch seine dünne Jacke, er widerstand dem Impuls, sie enger um sich zu schlagen.
    Kemp stieg in seinen großen Allrad-Geländewagen, beugte sich hinüber und öffnete die Beifahrertür. Langsam ging van Heerden
     um den Wagen herum, stieg ein, schloss die Tür und lehnte den Kopf dagegen. Kemp fuhr los.
    »Welche Kneipe?«
    »Das Sports Pub, gegenüber von Panarotti’s.«
    »Was war los?«
    »Warum hast du mich rausgeholt?«
    »Weil du der gesamten Polizeidienststelle von Table View erzählt hast, ich würde sie samt den Zahnärzten der ganzen Palette
     zwischen tätlicher Beleidigung und Körperverletzung anklagen.«
    Schemenhaft erinnerte er sich an seine Tirade in der Dienststelle. »Mein Anwalt.« Mit spöttischem Unterton.
    »Ich bin nicht dein Anwalt, van Heerden.«
    Das geschwollene Auge schmerzte, ihm verging das Lachen. »Warum hast du mich rausgeholt?«
    |10| Wütend wechselte Kemp den Gang. »Das weiß kein Schwein.«
    Van Heerden drehte den Kopf zur Seite und betrachtete den Mann hinter dem Lenkrad. »Du willst was von mir.«
    »Du schuldest mir noch was.«
    »Ich schulde dir gar nichts.«
    Kemp hielt nach dem Pub Ausschau. »Welcher
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