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1286 - Todesruf der Geisterfrau

1286 - Todesruf der Geisterfrau

Titel: 1286 - Todesruf der Geisterfrau
Autoren: Jason Dark
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Vor zwei Jahren hatte das noch ganz anders ausgesehen. Da hatte er verdammt weit oben gestanden. Als einer, der in die New Economy eingestiegen und raketengleich in die Höhe geschossen war.
    Da hatte er am Himmel kratzen können, da war kein Gipfel hoch genug für ihn gewesen, doch nun der Absturz.
    Krass, hart und brutal!
    Caine hatte alles verloren. Seine Frau schon vorher. Nun auch sein Vermögen und natürlich die Freunde von damals, die dann keine mehr waren, als er Pleite ging.
    Jetzt war er 35 und auf dem Friedhof gelandet. Hier hatte er seinen Frieden bekommen. Hier haute ihn keiner an. Die Bank war zu seiner Heimat geworden, und in der Nacht hatte er seine Ruhe und konnte vergessen, denn die Toten störten nicht.
    Die Bank war nicht so leicht zu entdecken. Man musste den Weg zu ihr schon kennen, und bisher hatte Eric sie auch nie besetzt vorgefunden. Bis zu diesem Abend.
    Caine blieb plötzlich stehen. Er wollte es nicht glauben. Aber es war keine Täuschung. Sein Blick glitt über das kleine Gräberfeld hinweg, der Mund klaffte auf. Er zwinkerte mit den Augen, und der Rucksack auf dem Rücken fühlte sich doppelt so schwer an.
    Der Typ saß auf seiner Bank. Er hatte die Beine ausgestreckt, die Arme über die Rückenlehne gelegt, als wollte er damit andeuten, dass dieser Platz einzig und allein ihm gehörte. Die Haltung seines Kopfs ließ darauf schließen, dass er sogar die Augen geschlossen hatte und irgendwelchen Träumen nachhing.
    »Das ist irre. Das ist mein Platz!«, flüsterte Caine und schüttelte den Kopf. Er wusste natürlich, dass es nicht stimmte, die Bank gehörte zum Allgemeingut, aber Caine dachte an ein gewisses Gewohnheitsrecht, und er war richtig sauer, weil jemand seinen Platz besetzt hielt.
    Ein schmaler Spazierweg führte an der Außenseite des kleinen Gräberfeldes entlang auf die Bank zu.
    Es war mehr ein Pfad, mit Gras bewachsen und mit hellen Kieselsteinen bestückt.
    Caine sprach den Mann nicht an. Er wollte erst mit ihm reden, wenn er die Bank erreicht hatte. Und er bemühte sich auch nicht, leise zu sein. Der Typ sollte ihn hören und sehen. Aber er reagierte nicht. Er genoss die Wärme des schwindenden Tages, der noch letzte Sonnenstrahlen durch die Lücken im Geäst der Bäume schickte, um den Friedhof zu wärmen.
    Eric Caine erreichte die Bank und blieb dicht davor stehen. Er nickte dem dort sitzenden Mann zu, der sich darum nicht kümmerte und weiterhin lächelte.
    »He, Bruder, ist hier noch frei?«
    Erst jetzt zog der andere seine Arme zurück. »Klar, hier ist immer frei. Du kannst dich setzen.«
    »Danke, wie großzügig.«
    Caine legte seinen Rucksack ab. Er bewegte sich bewusst langsam, um den Fremden zu beobachten.
    Er sah wirklich nicht aus wie jemand, der sich keine Wohnung leisten konnte. Bekleidet war er mit einer braunen Lederjacke. Darunter ein weißes Hemd, und eine schwarze Hose aus Cord bedeckte seine Beine. Die Schuhe sahen auch nicht eben aus wie gestohlen.
    Er schien sich wirklich nur auszuruhen und würde sicherlich bald verschwinden, denn Caine sah nicht aus, wie man sich einen Banknachbarn vorstellte. Empfindliche Nasen würden sich auch an seinem Geruch stören. Das machte dem Neuen nichts aus. Er nahm wieder seine bequeme Haltung ein und schlug ein Bein über das andere, wobei er nicht auf Eric schaute, sondern nach vorn und sogar vor sich hinlächelte.
    Das wunderte Caine schon. Aber der Mann schien in sich selbst zu ruhen. So etwas sollte es ja auch geben. Wahrscheinlich würde er noch länger hier hocken bleiben.
    Caine überlegte. Arm sah der Typ nicht aus. Ein paar Scheine konnten möglicherweise abfallen. Er überlegte noch den richtigen Anfang, ohne dass er zu stark als Bettler auftrat, doch der Mann neben ihm kam ihm zuvor. Er sprach von allein.
    »Sie ist wunderbar…«
    »Hä?«
    »Ja, sie ist wunderbar.«
    Caine überlegte. »Von wem sprichst du eigentlich, Bruder?«
    »Von ihr.«
    »Wer ist sie denn?«
    Diesmal musste er länger auf die Antwort warten. »Ich habe sie gesehen. Sie war einfach fantastisch. So rein und schön. Irgendwie unschuldig. Ich würde alles für sie tun, das können Sie mir glauben. Ich habe sie gesehen, und schon war es um mich geschehen.«
    Caine musste schlucken. »Das hört sich ja verdammt scharf an. Aber wer ist die Frau?«
    »Ich kenne ihren Namen nicht.«
    »Aha.« Eric räusperte sich und schaute über die Gräber hinweg. Sie sahen sehr gepflegt aus. Die Angehörigen der Toten hielten sie in Schuss. Der
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