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1286 - Todesruf der Geisterfrau

1286 - Todesruf der Geisterfrau

Titel: 1286 - Todesruf der Geisterfrau
Autoren: Jason Dark
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Grabschmuck war gewechselt worden. Jetzt leuchteten auf vielen Gräbern die hellen Sonnenblumen, denn sie hatten den eigentlichen Sommerbewuchs abgelöst. Es gab kein Unkraut, das auf den Gräbern wuchs, und auch die Wege dazwischen sahen gepflegt aus, denn hier wurde der Kies immer wieder geharkt.
    »Aber du bist scharf auf sie - oder?«
    »Nein, so kann man es nicht ausdrücken. Ich möchte sie wiedersehen, das ist alles. Und das werde ich auch schaffen«, flüsterte der Mann. »Ich sehe sie wieder. Sie hat mich so fasziniert, dass ich nicht anders kann. Und ich kenne auch schon den Ort.«
    Eric Caine hatte sein eigentliches Vorhaben vergessen. Was er hörte, das klang wirklich spannend und hatte ihn auch neugierig gemacht.
    »Die Frau kommt hierher, wie?«
    »Nein, das glaube ich nicht.«
    »Aber du wartest auf sie?«
    »Nicht direkt.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    Der Fremde neben Eric stöhnte wohlig auf. »Viele werden mich nicht begreifen. Oder alle nicht. Sie können es nicht fassen. Das kann sich nur derjenige erklären, der sie selbst gesehen hat. Nur wer sie gesehen hat, gerät in ihren Bann.«
    »Ich aber nicht.«
    »Du hast sie auch nicht gesehen.«
    »Und wo hast du sie getroffen?«, fragte Caine. »Etwa hier auf dem Friedhof?«
    »Auf keinen Fall. Ich fand sie in der Stadt. Nur ist hier der richtige Ort, um ihr nahe zu sein und um sie später dann wiederzusehen. Darauf freue ich mich.«
    »Aha. Dann kommt sie also doch her?«
    »Das stimmt nicht, mein Freund. Ich gehe zu ihr. Ja, ich werde jetzt zu ihr gehen.«
    Eric Caine war nicht begriffsstutzig. In diesem Fall allerdings hatte er seine Probleme. Er wusste nicht, was er unternehmen und was er überhaupt fragen sollte. Alles lief ihm quer. So was hatte er noch nie in seinem Leben erlebt.
    Er beschloss, auf den Mann einzugehen. »Und du wirst sie also noch an diesem Abend besuchen gehen.«
    »Ich werde sie sehen.«
    »Dann würde ich mich auch beeilen«, schlug Caine aus eigenem Interesse vor.
    »Das werde ich auch.«
    »Weißt du, Kumpel, diese Bank hier gehört nämlich mir. Das heißt nicht so richtig, aber sie ist mein Schlafplatz. Sie habe ich über den Sommer hinweg gepachtet, und du siehst aus wie jemand, der sich durchaus eine Wohnung oder ein Haus leisten kann.«
    Der Bankbesetzer ging nicht auf die Worte des Mannes ein. »Sie sieht wirklich wunderschön aus. Sie ist überhaupt das Schönste, was es gibt. So lieb, so strahlend, so hell und rein. Sie ist das Geschöpf, nein, sie ist der Engel, auf den ich immer schon gewartet habe. Nun bin ich hier und werde ihr bald sehr nahe sein.«
    »Aha, dann muss sie ja gleich auftauchen.« Caine war jetzt gespannt darauf, wie diese Frau wohl aussehen mochte. Das musste ja eine wahre Wunderfrau sein. Er hatte noch nie einen Menschen so von einem anderen schwärmen hören. Da traf sich die Liebe mit der Leidenschaft, das war schon nicht mehr menschlich zu nennen.
    »Sie kommt nicht, mein Freund.«
    »Oh. Das ist schade. Du hast mich direkt neugierig gemacht.«
    »Vielleicht siehst du sie auch mal.«
    »Kann sein. Aber kaum auf dem Friedhof.« Caine schluckte. »Nochmal von vorn. Wenn du sie nicht triffst und sie nicht zu dir kommt, willst du also zu ihr hingehen?«
    »So ist es.«
    »Aber warum sitzt du noch hier?«
    Der Mann lächelte. »Weil es ein anderer Weg ist, verstehst du? Ein ganz anderer.«
    »Nein, das ist mir zu hoch«, erwiderte Caine und hatte damit nicht gelogen.
    »Nun ja, wir werden es…«, der Mann unterbrach sich und schaute Caine mit seinen hellen Augen an.
    »Sie müssen nicht bei mir bleiben, wenn ich zu ihr gehe.«
    »O doch. Ich bleibe gern hier. Ich freue mich darauf. Wirklich. Sie können es ruhig…«
    »Gut.« Der Mann ließ Caine nicht aussprechen. Er veränderte jetzt seine Sitzhaltung. Die rechte Hand verschwand unter der Lederjacke, und als sie einen Moment später wieder erschien, hielt er einen kleinen Revolver fest.
    In Caine schrillten die Alarmsirenen. Irgendwie habe ich es geahnt!, dachte er. Das konnte ja nicht gut gehen. Der Kerl hat so komisch und so irre gesprochen. Das ist einfach nicht möglich. Da muss ich…
    Er hob die Hände, weil er sich plötzlich bedroht fühlte und daran dachte, dass sein letztes Stündlein geschlagen hatte. Das Blut stieg ihm in den Kopf und rötete das Gesicht. Sein Herz schlug schneller, und er merkte plötzlich, was es heißt, Angst zu haben.
    »Keine Sorge«, sagte der Mann leichthin, bevor er seine Waffe anhob und die Mündung
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