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Tod in Seide

Tod in Seide

Titel: Tod in Seide
Autoren: Linda Fairstein
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–, aber keinen Vermeer. Nun, unter uns gesagt, Miss Cooper, das ist noch immer ein Streitpunkt zwischen mir und meinem alten Freund Anthony. Er ist auch nicht dagegen gefeit, mir eins auszuwischen. Also war er wütend auf sie. Und dann – nun, das wissen Sie wohl besser als ich. Warum vergewaltigt ein Mann eine Frau? Wut? Begierde? Kontrolle? Oder gemäß der Willie-Sutton-Bankraubtheorie – einfach weil sie da ist?«
    Ich übte meinen Beruf seit über zehn Jahren aus, und mir war in der ganzen Zeit noch keine einzige befriedigende Erklärung untergekommen, warum ein Mensch einen anderen zum Beischlaf zwingt, dem intimsten Kontakt, den zwei Menschen haben können. Das Einzige, was in jedem Fall dasselbe war, war die Verletzlichkeit des Opfers zu einem bestimmten Zeitpunkt und die Angriffsmöglichkeit, die dem Täter dadurch geboten wurde.
    Wrenley kam näher an mich heran. Er trat vor mich und griff mit der Hand nach hinten um meine Taille, um mich weiter die Treppe hinunter zum Ausgang zu führen.
    »Zuerst stritt Bailor ab, Deni genötigt zu haben. Er hatte sich sogar eine Geschichte ausgedacht und sagte, dass Omar dabei gewesen sei – wollte ihm die Vergewaltigung in die Schuhe schieben. Aus dem Grund hat er den armen Omar auch umgebracht – damit dieser dumme Fälscher mir nichts Gegenteiliges erzählen könnte. Ich hatte es auch geglaubt, bis ich in der Zeitung las, dass die DNS-Tests Omar als Täter ausschlossen. Kommen Sie schon, Alex, nicht so nervös. Ich sage Ihnen das alles, damit Sie nicht Regierungsgelder verschwenden, um mich verfolgen zu lassen. Ich habe diese verdammten Gemälde nicht einmal mehr. Man hat mich um den Vermeer betrogen, und den Rembrandt habe ich nie gehabt.« Ich ging ein bisschen auf Abstand zu Wrenley. »Also hatten Anthony und ich noch ein Treffen. Bei der Gelegenheit erzählte er mir davon, dass er auf Deni wütend geworden war, weil sie das Bild nicht dabei hatte. Er wusste, dass ich das verstehen würde, weil ich es so sehr wollte. Was ich nicht verstand, war, warum er sie auf dem Rücksitz des Kombis – nun … Er sagte, es wäre nie seine Absicht gewesen, ihr wehzutun. Er hatte nur nicht damit gerechnet, dass sie sich wehren würde, vor allem nicht, da er ja eine Waffe hatte. Er dachte, allein die Androhung würde sie dazu bringen, ihm zu verraten, wo der Vermeer sei. Aber er konnte ihr nicht genug Angst einjagen. Er sagte, dass sie kämpfte wie ein Tiger, und behauptete, dass er sie mit der Waffe auf den Hinterkopf schlagen musste, damit sie Ruhe gab.«
    Ich biss mich so stark in die Wange, dass ich das Blut in meinem Mund schmeckte. Ich steckte meine rechte Hand in meine Jackentasche und begann mit Jakes Rasierklingenschächtelchen zu spielen. Ich nahm eine Klinge aus dem Schächtelchen und hielt sie zwischen zwei Fingern. Ich musste daran denken, dass uns Preston Mattox Deni als feminin, aber als Kämpfernatur beschrieben hatte, und wie überzeugt er bei aller Trauer gewesen war, dass sie sich gegen ihren Angreifer gewehrt hatte. Manchmal hilft Widerstand, manchmal macht er den Täter nur noch gewalttätiger.
    »Diese Geschichte soll Ihnen eine Lehre sein, Miss Cooper.« Wrenley hielt mir zur Erinnerung einen Moment seinen Revolver unter die Nase. »Ich werde den hier während der Fahrt in meinen Gürtel stecken, aber ich weiß, dass Sie clever genug sind, um zu wissen, dass es keine gute Idee ist, mich wütend zu machen.«
    Frank Wrenley stand auf dem Treppenabsatz. In dem Moment, als er seinen Arm sinken ließ, nahm ich meine Hand aus der Jackentasche. Mit einer raschen Bewegung versetzte ich ihm mit der scharfen Rasierklinge einen Schnitt quer über seine Hand. Die Waffe fiel zu Boden und polterte die Treppe hinab. Wrenley packte sein Handgelenk und schrie vor Schmerzen auf.
    33
    Ich rannte so schnell ich konnte zu der Glasflügeltür, die auf die veralteten Hi-Line-Gleise hinausführte, die einige Meter über den Straßen von Chelsea in Richtung Downtown verliefen. Wrenley stand auf dem Treppenabsatz und blockierte den Weg zum Streifenwagen, der am Hintereingang des Gebäudes stand. Ich durfte keine Zeit verlieren, denn wenn er die Pistole vor mir erreichte, würde das mein sicheres Ende sein. Ich wusste, dass ich ihn vorübergehend entwaffnet hatte, aber ich wusste auch, dass ihn die Verletzung mit größter Wahrscheinlichkeit nicht völlig außer Gefecht gesetzt hatte.
    Der Riegel, der an der Tür angebracht war, gab unter meinem Druck sofort nach. Ich schob ihn
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