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Tod im Weinkontor

Tod im Weinkontor

Titel: Tod im Weinkontor
Autoren: Michael Siefener
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brach aus, durch das der
Bürgermeister sprach: »Krantz, was ist das für
ein Auftritt? Ihr seid ja immer für Scherze gut, aber diesen
hier verstehen wir nicht.«
    Das Gelächter erstarb, als Krantz sagte: »Ich auch
nicht. Hört Euch an, was diese Frau zu sagen hat, und trefft
dann eine Entscheidung.«
    Stille setzte ein. Totenstille. Nicht einmal das Rascheln
eines Kleidungsstücks war mehr zu hören. Schnell
berichtete Elisabeth von Heinrich Bonenbergs Aussage. Dann setzte
ein Tumult ein. Manche wollten ihren Worten keinen Glauben
schenken, andere sprangen von ihren Sitzen auf und sahen sie
verstört an. »Eine Verschwörung… eine
Verschwörung…«, tuschelte und wisperte es durch
den ganzen Saal.
    »Sind alle Ratsherren anwesend?«, fragte
Elisabeth. »All jene, die heute fehlen, sind zusammen mit
einigen Kaufleuten an dieser Verschwörung beteiligt.«
Blicke flogen durch den Raum. Entsetzen spielte sich auf einigen
Gesichtern. Entsetzen und Erkenntnis. Elisabeth sah hinüber
zu Krantz. Auch er hatte ursprünglich nicht an der
Ratssitzung teilgenommen. Er war ihr äußerst
widerstrebend in das Rathaus gefolgt. Das konnte nur eines
bedeuten. Sie begriff, dass sie sich in die Gesellschaft einer
Schlange begeben hatte.
     
    Andreas wunderte sich, dass er keine Angst verspürte. Er
eilte hinter dem Büttel durch endlose unterirdische
Korridore und Hallen, bis er den Eindruck hatte, er könne
sich keinesfalls mehr unter dem Rathaus befinden, sondern
müsse schon weit in den Bauch der Stadt eingedrungen sein.
Er wurde immer müder. Weiter und weiter blieb er hinter dem
Büttel zurück, dessen Licht vor ihm wie ein
Glühwürmchen durch die Finsternis tanzte. Seine
Schritte hallten von den feucht glänzenden Wänden
wider; es hörte sich an, als seien nicht nur sie beide,
sondern eine ganze Armee hier unten. Erschöpft blieb er
stehen.
    Das Licht vor ihm wurde verdunkelt. Es waren tatsächlich
weitere Schritte gewesen, die er gehört hatte. Ein dumpfer
Schlag, und der Büttel ging zu Boden. Ein schwarzer Umriss
stülpte sich über die Laterne, dann wurde sie wieder
aufgehoben. Sie bewegte sich auf Andreas zu. Und der Schatten
wurde zu einem Menschen. Als der junge Geistliche erkannte, wer
da auf ihn zukam, entfuhr ihm ein ungläubiges: »Was?
Ihr?« Dann hatte ihn die Gestalt erreicht.
     
    Es war zu spät. Außerdem war Krantz der Einzige,
vor dem sie sich in Acht nehmen musste; alle anderen waren
mögliche Opfer. Und sie schienen es endlich zu begreifen,
nachdem Elisabeth wieder und wieder die wesentlichen Einzelheiten
ihrer Geschichte erzählt hatte. Ein regelrechter Aufruhr
setzte ein. Einige Ratsmitglieder bestürmten den
Bürgermeister, andere flüchteten sofort aus dem Saal.
Krantz hingegen blieb. Als ob er ebenfalls erkannt hätte,
dass er sich verdächtig gemacht hatte, rief er in den Tumult
hinein: »Wir sollten sofort nach dem Schwarzpulver suchen!
Schnell!«
    Einige der Ratsherren durchsuchten daraufhin den Saal, doch
natürlich fanden sie nichts. Unter der Führung des
Bürgermeisters machte sich schließlich eine Gruppe von
fünf Männern auf den Weg durch das Gebäude. Rasch
kam man auf den Gedanken, dass die größte Sprengkraft
erzielt würde, wenn man die Ladung im Kellergewölbe
unter dem Ratssaal anbrachte, denn dann würde vermutlich das
gesamte Rathaus einstürzen. Außerdem konnte man dort
unten am einfachsten ein so großes Fass verstecken und
zünden. Also stürmten die Männer und Elisabeth
nach unten. Sie achtete darauf, sich möglichst fern von
Krantz zu halten. Sein trauriger, sanfter Blick hatte sie immer
geblendet.
    Mit Fackeln, die sie rasch aus den Halterungen an der Wand
genommen und angesteckt hatten, liefen sie durch die Unterwelt
des Rathauses. Es dauerte nicht lange, bis sie hinter der Biegung
eines Ganges auf zwei Personen trafen, die sich
gegenüberstanden. Reglos. Eine davon war Andreas. Was war
mit ihm geschehen? Warum lief er nicht fort? Da stürzte sich
der andere auf ihn. Mit einem Aufschrei eilte ihm Elisabeth zu
Hilfe und fiel dem Angreifer in den Rücken. Der wirbelte
herum und ließ die Laterne fallen, die er in der Linken
gehalten hatte. Sie polterte zu Boden, erlosch aber nicht.
    »Ihr?«, keuchte Elisabeth und hielt mitten in der
Bewegung inne.
    »Ja, ich«, flüsterte Ulrich Heynrici und
packte Elisabeths Kleid, weil er sie abschütteln wollte. Da
war plötzlich Krantz neben ihr und stieß
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