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Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu

Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu

Titel: Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu
Autoren: Shanna Swendson
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    Dass New York City ziemlich schrill war, hatte ich ja schon gehört. Aber wie bunt es da tatsächlich zuging, überraschte mich dann doch. Bevor ich aus Texas hierherzog, versuchte meine Familie, es mir mit Hilfe von Gruselgeschichten über die große böse Stadt auszureden. Selbst Freunde aus dem College, die eine Weile in New York gelebt hatten, berichteten mir, sie hätten völlig verrückte Sachen gesehen, an denen die echten New Yorker jedoch achtlos vorbeiliefen. Ein Außerirdischer könnte über den Broadway flanieren, ohne dass sich jemand nach ihm umdreht, flachsten sie. Damals hielt ich das für übertrieben.
    Doch auch jetzt, nach einem ganzen Jahr in dieser Stadt, sah ich immer noch täglich Dinge, die mich schockierten oder verblüfften, alle anderen aber absolut kalt ließen: fast nackte Straßenkünstler, Leute, die über den Gehweg steppten, Dreharbeiten für ganze Kinofilme, inklusive Promis. All das ignorierten die New Yorker, während ich unwillkürlich blöde glotzte. Ganz gleich, wie sehr ich auch versuchte, mich weltgewandt zu geben – bei solchen Gelegenheiten war ich plötzlich wieder das Landei.
    Heute Morgen zum Beispiel. Die junge Frau vor mir auf dem Gehsteig hatte Flügel – solche Feenflügel zum Anschnallen, die manche Leute an Halloween tragen, wenn sie sich verkleiden. Bis Halloween war es aber noch mehr als einen Monat hin, und auch wenn ich mir Designermode nicht leisten konnte, las ich genug Zeitschriften, um zu wissen, dass Feenflügel nicht die neueste Mode war. Muss wohl eine Trendsetterin aus dem Umfeld der New York University sein, dachte ich. Vielleicht kennt sie ein paar Filmemacher und will Kostümbildnerin werden. Sie hatte die Flügel echt gut hingekriegt, die Gurte waren nämlich unsichtbar, sodass es aussah, als hätte sie echte Flügel. Sie flatterten sogar leicht, aber das lag wohl bloß an dem Luftzug, den sie beim Gehen erzeugte.
    Ich riss meinen Blick von Miss Feengleich los, um auf die Uhr zu sehen, und stöhnte auf. Zu Fuß konnte ich es unmöglich noch pünktlich zur Arbeit schaffen. Und ich wagte es nicht, auch nur eine Minute zu spät zu kommen. Meine Vorgesetzte lauerte montags früh normalerweise schon auf mich. Ich musste die U-Bahn nehmen, auch wenn es mich wertvolle zwei Dollar von meiner Mehrfahrtenkarte kostete. Ich gelobte es wieder gutzumachen. Auf dem Heimweg würde ich zu Fuß gehen.
    An der Haltestelle Union Square registrierte ich erstaunt, dass Miss Feengleich nicht weiter in Richtung Uni lief, sondern vor mir zur U-Bahn hinunterging. Leute, die im Finanzdistrikt arbeiten, neigen im Allgemeinen nicht dazu, in einem solchen Aufzug im Büro zu erscheinen. Ich folgte ihr die Treppe hinunter. Dabei fiel mir auf, dass sie Schuhe mit Plateausohlen aus Plexiglas anhaben musste, denn es sah so aus, als schwebte sie einige Zentimeter über dem Boden. Und für jemanden, der solche klobigen Dinger trug, bewegte sie sich bemerkenswert graziös.
    Wie üblich wurde sie von niemandem auf dem Bahnsteig weiter beachtet. Jetzt war ich schon ein Jahr hier und immer noch nicht so weit, einen von diesen wissenden »typisch New York«-Blicken mit jemandem zu wechseln. Wie konnten die nur alle so abgebrüht sein? Es mussten doch Leute in der Nähe stehen, die neuer in der Stadt waren als ich! Und dann waren da auch noch die Touristen, von denen man doch geradezu erwartete, dass sie alles angafften.
    Da bemerkte ich einen Mann, der Miss Feengleich anschaute. Allerdings machte er weder einen schockierten noch einen erstaunten Eindruck. Vielmehr lächelte er sie an, als würde er sie kennen.
    Was für sich genommen schon seltsam war, denn er wirkte nicht wie einer, der sich wochenends ein Cape umhängt und im Central Park Mittelerde spielt. Mit seinem gut geschnittenen dunklen Anzug und seiner Aktentasche sah er eher wie der klassische Typ von der Wall Street aus – also wie die Sorte Mann, die sich so ziemlich jede Karrierefrau in New York zu angeln hofft. Er war schätzungsweise ein paar Jahre älter als ich, und er sah auch ziemlich gut aus, obwohl er ein bisschen kleiner war als der Durchschnitt.
    Dieser Mr. Right (wenn er auch nicht mein Traummann war, dann doch bestimmt der irgendeiner anderen) schaute zuerst auf seine Uhr und dann in den U-Bahn-Tunnel hinein, als hielte er dort nach dem nächsten Zug Ausschau. Er murmelte irgendetwas vor sich hin – wahrscheinlich so was wie »Wo bleibt denn die Bahn?« oder »Ich komme noch zu spät« – zuckte
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