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Tod im Dünengras

Tod im Dünengras

Titel: Tod im Dünengras
Autoren: Gisa Pauly
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entgegen,
die von oben herunterdrangen. Die Treppe war aus Holz, sie mussten behutsam
auftreten. Jedes Mal, wenn eine Stufe knarrte, hielten sie erschrocken inne und
warteten auf eine Reaktion. Aber nichts geschah. Schließlich waren sie vor
einer Tür angelangt, die nur angelehnt war. Vorsichtig schob Mamma Carlotta sie
einige Zentimeter weit auf. Sie konnte nun einen kleinen Teil des Wohnzimmers
überblicken. Erschrocken hielt sie die Luft an. Harm Ingwersen konnte sie zwar
nicht sehen, aber Susala! Und die stand da, mit einer Pistole in der Hand, und
zielte auf jemanden, der Harm Ingwersen sein musste.
    Nun war auch ihre Stimme zu hören: »Das Baby wird mich nicht hindern
zu tun, was getan werden muss«, sagte sie. »Ich weiß nun genug, Harm! Es ist
aus!«
    Â»Was ist das für eine Pistole?«, fragte Harm Ingwersens Stimme.
»Eine Attrappe? Ein Spielzeugmodell?«
    Â»Lass es nicht darauf ankommen«, sagte Susala. »Sie gehörte
Francesco. Er hat sie bei mir vergessen.«
    Â»Was willst du von mir?«
    Â»Die Hose, die du in der Nacht getragen hast, als Utta starb. Ich
wollte sie eigentlich aus deinem Schlafzimmer holen, ohne dass du es merkst.«
    Â»Was willst du mit meiner Hose?«
    Â»Ich habe am nächsten Morgen Blut daran gesehen. Ich will, dass die
Polizei herausfindet, woher dieses Blut stammt.«
    Â»Blut?« Harm Ingwersen stieß ein Lachen aus, das verächtlich klingen
sollte. »Ketchup! Dieser Tollpatsch von Koch …«
    Â»Ich will diese Hose haben! Gib sie mir! Sofort!«
    Â»Und wenn ich es nicht tue? Dann … erschießt du mich?«
    Susalas Stimme bebte, als sie antwortete: »Es wäre Notwehr. Ich habe
allen Grund, mich von dir bedroht zu fühlen.«
    Mamma Carlotta runzelte die Stirn. Susala hatte Angst vor Harm?
Warum? Obwohl Tove aufgeregt abwehrte, drückte sie die Tür noch weiter auf, bis
sie einen Türspalt von knapp zehn Zentimetern vor sich hatten. Im Treppenhaus
war es zum Glück dunkel, von drinnen würde man ihre Gesichter nicht erkennen.
    Harm stand etwa zwei Meter von Susala entfernt, die Hände erhoben.
»Wie könnte ich dir etwas antun!«, sagte er. »Ich liebe dich. Ich wollte dich
glücklich machen.«
    Â»Das hättest du gekonnt«, gab Susala leise zurück. »Aber du wolltest
ja alles haben. Nicht nur mich, auch Uttas Geld und ihr Restaurant.« Sie machte
einen kleinen Schritt nach vorn und gab damit den Blick auf die Tür frei, die
von der Wohnung ins Restaurant führte.
    Harm lachte bitter. »Ich bin nicht mehr jung genug, um noch einmal
ganz von vorn anzufangen. Und wie lange würde dir das Leben mit mir gefallen,
wenn ich dir nichts bieten kann?«
    Â»Du unterschätzt mich.«
    Mamma Carlotta sah, dass Susalas Hand mit der Pistole zitterte. Harm
war auf sie zugetreten, Susala war sich ihrer Sache nicht mehr sicher.
    Â»Die Gelegenheit war günstig«, hörte sie Harm sagen. »Die Polizei
war sehr schnell der Meinung, dass die Mafia hinter dem Mord steckt. So, wie
ich es vorausgesehen hatte. Diese Chance konnte ich nicht verstreichen lassen.
Ich bin nun Witwer! Kein geschiedener Mann! Kein Mann, der sich von seiner
langjährigen Ehefrau trennt, um eine Jüngere zu heiraten. Alle hätten mich für
einen Idioten gehalten, der mit seinem Alter nicht zurechtkommt. Wer hätte mir
schon geglaubt, dass ich dich liebe? Dass ich dich … wahnsinnig liebe?«
    Â»Du hast Glück gehabt, dass du einen so guten Ruf genießt!«, stieß
Susala hervor. »Sonst wäre Hauptkommissar Wolf sicherlich früher misstrauisch
geworden.«
    Â»Warum?«, kam es selbstbewusst zurück. »Mein Plan war perfekt.«
    Â»Nicht ganz«, hielt Susala dagegen. »Was ist zum Beispiel mit dem
Kettchen, das ich dir geschenkt habe? Ich hatte es zur Erstkommunion bekommen,
es sollte dein Talisman sein!«
    Nun klang Harms Stimme nicht mehr so überlegen. »Ich habe zu spät
gemerkt, dass sie es mir abgerissen hat. Als Herr Wolf mich danach fragte, war
ich froh, dass mir eine plausible Begründung eingefallen ist.«
    Mamma Carlotta hatte genug gehört. Sie richtete sich auf und
versuchte ein Ächzen zu unterdrücken. Ihr Kreuz schmerzte von der gebückten
Haltung, in ihrem Kopf herrschte ein heilloses Durcheinander. Harm Ingwersen!
Niemand hatte ihn in Verdacht gehabt, den redlichen, aufrechten Mann, der den
Mut gehabt
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