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Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Titel: Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
Autoren: ars vivendi verlag GmbH , Co. KG
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finde, du übertreibst ein wenig«, sagte er mit einem Stimm-Cocktail aus zwei Drittel Beruhigung, einem Drittel Belustigung und einigen Spritzern Groll. »Entspann dich. Wir haben alles im Griff und stellen deine Sachen genau dort auf, wo wir es vorher ausgemacht haben.«
    »Ich bin noch gar nicht eingezogen, und schon bereust du es«, antwortete sie empfindlich. »Darf ich dich daran erinnern, dass du unbedingt wolltest, dass wir zusammenziehen – je schneller, desto besser.«
    »Und ich freu mich darüber. Von ganzem Herzen. Wirklich.«
    »Es ist aber auch zu ärgerlich, wenn man beim eigenen Umzug nicht mit anpacken kann.«
    »Du musst halt geduldig sein, bis du deinen Fuß wieder belasten darfst. Die Wunde am Kopf ist doch auch schon gut verheilt. Und die Narbe sieht kein Mensch unter deinen Haaren.« Er gab ihr einen Kuss und drehte sich um, weil er zurück zu den Möbelpackern wollte.
    »Schüttelst du mir noch das Kissen im Rücken auf?«
    Beaufort tat es geduldig, nannte sie seine Prinzessin auf der Erbse, herzte sie noch einmal und war schon halb die Treppe hinuntergegangen, als Annes Stimme ihn erneut zurückhielt.
    »Kannst du mir noch was zu trinken bringen? Ich habe vielleicht einen Durst«, säuselte sie.
    Beaufort ging also abermals die Stufen hoch und holte ihr ein Glas Mineralwasser vom Esstisch.
    »Nein, bitte etwas Kaltes. Mir ist so heiß.«
    »Ehrlich gesagt, gefällt es mir viel besser, wenn du mich pflegst«, gestand er.
    »Das kann ich mir vorstellen. Aber da kann man nichts machen. Es ist allgemein bekannt, dass Ärzte und Krankenschwestern die unleidlichsten Patienten sind. Da musst du jetzt halt durch.«
    Beaufort lächelte zuckersüß, als habe er es mit einer verwirrten Kranken aus der Psychiatrie zu tun, die mit Worten und Argumenten nicht mehr erreicht werden kann, sondern nur noch mit überzogener Mimik.
    »Du brauchst nicht so ironisch zu gucken. Immerhin habe ich dir das Leben gerettet, da kann ich doch ein wenigDankbarkeit erwarten. Ohne mich wärst du jetzt aufgespießt wie ein Schmetterling in der Zoologischen Sammlung.«
    Sie hatten beide dem Tod ins Auge geblickt, und der Schrecken darüber saß sehr tief. Das hatten sie sich in den ersten intensiven Tagen danach, in denen sie sich kaum für einen Gang zur Toilette oder zum Briefkasten voneinander trennen konnten, auch eingestanden. Nur hatten sie unterschiedliche Strategien entwickelt, um die Geschehnisse zu verarbeiten. Während Anne über die ganze Angelegenheit Witze riss und ihre Bestürzung wegzulachen versuchte, gab Frank seinem Beschützerinstinkt nach. Am liebsten hätte er Anne wie ein wertvolles Objekt komplett in Watte gepackt. Doch beide suchten sie über das gewöhnliche Maß hinaus die Nähe zueinander und mussten sich des Geliebten andauernd mit zärtlichen Berührungen versichern. Vielleicht hatte das auch zu Annes plötzlichem Umschwung in der Zusammenziehfrage geführt.
    »Apropos Sammlung«, fügte sie hinzu. »Da ich hier nun auch Platz für mich brauche, wirst du wohl dein exzessives Büchersammeln etwas einschränken müssen. Im Übrigen glaube ich, dass das auch keine sehr viel intelligentere Angelegenheit ist als das Sammeln von Meißener Porzellan oder Überraschungsei-Figürchen.«
    »Keine Chance. Ich werde weiterhin wertvolle Bücher zusammentragen und Platz dafür brauchen. Walter Benjamin, dessen Werke du hier in den seltenen Erstausgaben findest und die ich, nebenbei bemerkt, auch alle gelesen habe, womit bewiesen wäre, dass das Sammeln von Büchern eben doch schlauer macht als das Sammeln von Überraschungseiern, also Benjamin hat geschrieben, dass ein echter Sammler im Grunde niemals eine vollständige Sammlung erreichen wird, denn selbst wenn nur ein einziges Stück fehlt, ist alles Versammelte eben Stückwerk.«
    »Du Bildungsbestie«, sagte Anne, und es klang nicht nach Bewunderung. »Pass nur auf, dass es dir nicht so ergeht wiedeinem Benjamin und du über den Büchern die wirklich wichtigen Dinge im Leben vergisst.«
    »Wie meinst du das?«
    »Walter Benjamin hatte einmal Gäste zu sich nach Hause eingeladen, als ein heftiges Gewitter niederging. Dabei fiel in der Wohnung für mehrere Minuten der Strom aus, und es wurde dunkel. Als das Licht flackernd wieder anging, bemerkte jeder im Raum, dass seine Frau Dora gerade vom Schoß seines besten Freundes huschte. Nur Benjamin nicht. Denn der hatte die ganze Zeit über versucht, seine Bibliothek im Auge zu behalten.« Anne sah Frank
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