Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan
Autoren: Colin Dexter
Vom Netzwerk:
Bild Laura enttäuscht, und in den wenigen Minuten,
die sie noch zu leben hatte, blieb ihr keine Zeit mehr, das damalige Urteil zu
revidieren.
    Sie trat ans Fenster und sah auf
den Portikus mit den ionischen Säulen und dem steinernen Apoll, der mit
hochgerecktem rechten Arm auf dem Scheitelpunkt des ziemlich flachen
Giebelfeldes balancierte. Zwischen den beiden mittleren Säulen spannte sich ein
großes blaues Transparent in Oxfordblau mit der Aufschrift: Museum
Askmoleanum apud Oxonienses. O ja, Laura war recht gut im Bilde über das
Ashmolean Museum, und um ihre grell geschminkten Lippen lag ein leichtes
Lächeln, als sie den Vorhang fallen ließ und sich der halb geöffneten Tür zu
ihrer Linken zuwandte, die zu einem champagnerfarben gekachelten Badezimmer
führte. Sie stieß die Tür ein Stück weiter auf, ohne jedoch vorerst
einzutreten: WC rechts, Badewanne direkt vor ihr, der Duschvorhang halb
vorgezogen. Links ein Handwaschbecken mit beheiztem Handtuchhalter, der
großzügig mit flauschigen weißen Handtüchern bestückt war.
    Laura schlief auf Doppelbetten
seit jeher links — erst als junges Mädchen neben ihrer Schwester, später neben
ihren beiden Ehemännern. Jetzt ließ sie sich schwerfällig auf die Bettseite
direkt an der Tür fallen, stellte die weiße Lederhandtasche auf den Nachttisch,
unter die Schalter für Licht, Radio und Fernseher, und zog die Schuhe aus.
    Endlich war sie die Schuhe los.
    Sie holte den Kessel, füllte
ihn am Waschbecken des Badezimmers und schaltete ihn ein. Dann ging sie erneut
ins Badezimmer, steckte den Stöpsel in die Wanne und drehte den Warmwasserhahn
auf. Danach hängte sie das BITTE NICHT STÖREN-Schild draußen an den Türknauf,
ging zurück ins Badezimmer und goß eine rosa Schaumbadflüssigkeit in die sich
allmählich füllende Wanne.
     
     
    Beryl Reeves hatte bemerkt, daß
in Zimmer 310 ein neuer Gast eingetroffen war. Um 16.40 Uhr war sie noch einmal
mit dem Staubsauger und gespitzten Ohren über den Gang gezogen. Sie hatte zwar
noch keine langjährige einschlägige Erfahrung in diesem Geschäft — aber soviel
wußte sie doch, daß die Amerikaner, ehe sie um fünf Feierabend machte, diverse
Fragen und Wünsche haben würden, vom Standort der «Eismaschine» (nicht
vorhanden) bis zur Beschaffung weiterer Nescafé-Tütchen (schnell beschafft).
Beryl kam aus Manchester, und ob ihrer biederen und auch etwas naiven Weitsicht
— und vielleicht mehr noch wegen ihres Akzents — war sie bei ihren Gästen im
dritten Stock im allgemeinen sehr beliebt. Alles in allem war sie eine
ausgezeichnete Mitarbeiterin — pünktlich, gewissenhaft, freundlich und (wie
Morse später feststellen sollte) als Zeugin absolut zuverlässig.
    An diesem Nachmittag hatte sie
um 16.45 Uhr (präziser geht es wohl kaum) vor Zimmer 310 haltgemacht, hatte das
BITTE NICHT STÖREN-Schild draußen hängen sehen und sich gewundert, daß die Tür
nur angelehnt war. Sie hatte einen kurzen Blick ins Zimmer geworfen, sich aber
gleich wieder zurückgezogen, als sie sah, daß Dampf aus dem Badezimmer kam. Ja,
eine weiße Lederhandtasche wäre ihr wahrscheinlich aufgefallen, wenn sie
irgendwo im Zimmer herumgestanden hätte. Nein, weiter als bis zur Tür war sie
nicht gekommen, in die Ecke vor dem Notausgang hatte sie nicht gesehen. Wenig
später hatte ein amerikanischer Gast Zimmer 308 betreten, ein freundlicher
Herr, der «Hi!» gesagt hatte. Ja, natürlich würde sie ihn wiedererkennen, sie
wußte sogar, wie er hieß. Es war ein gewisser Howard Brown aus Kalifornien.
     
     
    Kurz vor sechs läutete im Büro
von Chief Superintendent Strange von der Polizeizentrale Thames Valley in
Kidlington das Telefon. Der große Boss hörte sich ziemlich geduldig, wenn auch
ohne große Begeisterung an, was sein Kollege, Superintendent Bell von St.
Aldate’s in Oxford, ihm zu sagen hatte.
    «Klingt eigentlich nicht
danach, als ob das was für Morse wäre, Bell, aber wenn ihr wirklich so knapp
seid... Nein, er wollte gerade ein paar Tage freinehmen, angeblich kommt er nie
auf die Urlaubstage, die ihm zustehen. Es darf gelacht werden. Wenn man die Stunden
abzieht, die er im Pub verbringt... was? Ja, wie gesagt, wenn ihr wirklich
knapp seid... Ist gut. Seine Privatnummer haben Sie? ... Bestens. Sagen Sie
ihm, daß Sie mit mir gesprochen haben. Er hat es immer ganz gern, wenn Lewis
mit von der Partie ist... Was? Lewis ist schon da? Gut, sehr gut. Und wie
gesagt, sagen Sie ihm, daß Sie mit mir gesprochen haben, dann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher