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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan
Autoren: Colin Dexter
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großen protestantischen Märtyrer
Cranmer und Latimer und — äh — »
    «Nicholas Ridely», ergänzte
Mrs. Roscoe, während der Bus an der Ampel rechts abbog und dann auf der linken
Seite der Beaumont Street vor der hohen neugotischen Fassade des Randolph
Hotel hielt.
    «Endlich!» Laura Strattons
Ausruf klang wie der Stoßseufzer einer Gefangenen, die glücklich doch noch
begnadigt worden ist.
     
     
    Im Rückblick war es ein
merkwürdiger (wenn auch belangloser) Zufall, daß der nicht mehr ganz junge
Mann, der in einem unscheinbaren Wohnblock am oberen Ende der Banbury Road
lebte, in ebenjenem Moment aus seinem Isolierglasfenster im zweiten Stock sah,
als am späten Nachmittag der langgestreckte Luxusbus mit Ashendens Reisegruppe
vorbeifuhr. Eine kürzlich erneuerte Nadel entlockte der schon recht
abgespielten Platte die Götterdämmerung in einer von Furtwängler
dirigierten Aufnahme, doch den Mann, der die Platte aufgelegt hatte,
beschäftigte im Augenblick weniger die Musik als der ihn fast körperlich
schmerzende Anblick der fettigen Hinterlassenschaft, die eine gestern abend vom Chicken Barbecue in Summertown heimwärts ziehende Meute auf der Straße
verstreut hatte.
     
     
     

4
     
    «Die
Schabe Blattella Germanica», hieß es 1926 in einer etwas mysteriösen
Bemerkung, «soll gelegentlich in der Küche des Randolph Hotel gesichtet worden
sein.» (Jan Morris, Oxford)
     
    Roy, Chefportier im
Fünfsterne-Hotel Randolph, ein rüstiger Sechziger mit frischem Gesicht,
hatte seit dem Mittag Dienst und war wie stets vom Empfang genau über die an
diesem Tag zu erwartenden Anreisen informiert worden, besonders natürlich im
Hinblick auf die Busladung amerikanischer Touristen, die um halb fünf
eintreffen sollte. Roy, der 1945, vor fünfundvierzig Jahren also, als Page im
Haus angefangen hatte, fand Amerikaner gar nicht so übel. Nicht, daß er etwa
urlaubshalber in die Staaten geflogen wäre — nein, so weit ging die Liebe
nicht! —, aber meist waren die Amis durchaus sympathische Zeitgenossen,
freundlich, mitteilsam und großzügig. Trotz seines unverbesserlichen und
durchaus kämpferischen Patriotismus war ihm das selbstverständliche
Überlegenheitsgefühl seiner Landsleute neuerdings nicht mehr so ganz geheuer,
besonders seit jenem Abend im vorigen Monat, als er nach einem enttäuschenden
Null zu Null im Länderspiel England—Holland mit einer Euro-Ferry nach England
zurückgekommen war.
    Fünf Minuten vor der Zeit sah
er in seinem Verschlag am Haupteingang, wie der Luxusbus unter den von zwei
eleganten Laternenpfählen flankierten weißen Baldachin von Oxfords führendem
Hotel rollte. Sekunden später stand Roy in seiner blauen Uniform mit den gelben
Paspeln gütig strahlend oben an der Treppe — bereit, die neuen Gäste mit dem
angemessenen Grad jener «Wärme» zu begrüßen, die dem Hotel auf mehreren Seiten
seines bunten Prospekts attestiert wurde. Über ihm flatterten der Union Jack
sowie die Fahnen der EG und der Vereinigten Staaten sacht in der
Nachmittagsbrise. Er hatte Freude an seiner Arbeit, die er im übrigen nur
selten als Arbeit bezeichnete. Ebenso selten ging in einem so gut und mit so
glücklicher Hand geführten Haus wie dem Randolph etwas schief. Überaus
selten.
    Aber hin und wieder doch?
    Ja, durchaus.
     
     
    Phil Aldrich, ein kleiner,
langköpfiger älterer Mitbürger mit melancholischen Zügen (ebenfalls aus
Kalifornien) erhob sich von seinem einsamen Platz auf der Rückbank und setzte
sich neben Mrs. Roscoe; er hörte nicht mehr so gut wie früher und wollte
wissen, was sich tat. Der Stellvertreter des Hoteldirektors war zur Begrüßung
in den Bus gekommen und gab bekannt, daß in der St. John’s Suite im ersten
Stock Tee — oder auf Wunsch auch Kaffee — bereitstand; daß die Zimmer
bezugsfertig waren und fortan alle Einrichtungen des Hotels — vom Telefon bis
zum Hosenbügler — den verehrten Gästen zur Verfügung standen; daß man schon angefangen
hatte, die Koffer auszuladen, zu zählen, zu überprüfen und auf die einzelnen
Zimmer zu schaffen. Es würde viel Zeit sparen, schloß er, wenn die Gästekarten
gleich hier im Bus ausgefüllt werden könnten.
    Unter beifälligem Nicken
verteilte Ashenden die Formulare der Trusthouse Forte-Kette, auf denen die
Fragen nach der Firma, dem nächsten Reiseziel, der Zahlungsweise, Abreise und
Nationalität bereits beantwortet waren. Die Reisenden selbst brauchten nur noch
die Kästchen Heimatanschrift, Telefonnummer, Paßnummer
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