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Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr
Autoren: Peter Kersken
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durchs Fenster hinaus auf die Bahnhofstraße. Sie drehte sich nicht einmal um, als Grottkamp die Mägdekammer betrat.
    Er stellte das Holzkästchen mit dem Kraut und den Knollen der Giftpflanze auf das kleine Tischchen vorm Bett, trat ein paar Schritte zurück, lehnte sich gegen die Kommode und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Was wollen Sie von mir?«, fragte die Schankmagd. Grottkamp war es, als habe sie ihn erwartet.
    »Du hattest eine Laterne bei dir in der Nacht, als du hinter Julius Terfurth hergelaufen bist«, sagte er. »Es war nicht so dunkel, wie du behauptet hast.«
    »Hat mich jemand gesehen?«, fragte Margarete zaghaft.
    Grottkamp antwortete ihr nicht.
    Als sie langsam den Kopf drehte, um sich nach dem Polizeidiener umzuschauen, entdeckte sie das Holzkästchen auf dem Tisch. Sie betrachtete es ohne Erstaunen, bedachte Grottkamp mit einem bitteren Lächeln und wandte ihren Blick wieder dem Fenster und der Bahnhofstraße zu.
    »In deinen Augen waren Julius Terfurth und Hubertus Küppken die Männer, die dein Leben zerstört hatten«, sagte Grottkamp. »Wann ist dir der Gedanke gekommen, dich an ihnen zu rächen? Schon in Köln, als du im Hospital lagst? Bist du nur deshalb zurückgekommen nach Sterkrade?«
    Die Schankmagd stand regungslos vor dem Fenster.
    »Nun Grete, wenn du mir nicht antworten willst, dann werde ich dir jetzt erzählen, wie der Hammerschmied und der Klumpenwirt zu Tode gekommen sind.«
    Margarete Sander blieb stumm.
    »Nein, es hat dich niemand gesehen, als du hinterm Terfurth hergelaufen bist«, sagte Grottkamp. »Aber direkt vor deiner Kammertür, hier unten an der Treppe, stehen ein paar Laternen für die Logisgäste, die im Dunkeln heimkommen oder spät noch mal hinaus müssen. Warum also solltest du raus in die finstre Nacht laufen, um den Terfurth zu suchen, ohne eine der Laternen mitzunehmen? Vermutlich hattest du gar nicht vor, Julius Terfurth an diesem Sonntagabend zu töten. Du wolltest ihn erst einmal zur Rede stellen, ihm klarmachen, was der Küppken und er dir angetan hatten. Aber der Hammerschmied hat dich verhöhnt. Für ihn warst du nur eine Hure, die das bekommen hatte, was ihr zustand. Anstatt dich zu bedauern, hat der besoffene Kerl sich darüber amüsiert, dass der Küppken und er dich angesteckt hatten.«
    Grottkamp beobachtete die Schankmagd aufmerksam. War das ein Nicken, eine Bestätigung vielleicht? Oder hatte Grete nur, getroffen von seinen Worten, den Kopf gesenkt?
    »Terfurth torkelte von einer Straßenseite auf die andere«, fuhr er fort, »und fiel ein ums andere mal in den Matsch. Dabei hörte er nicht auf, dich zu verspotten und zu demütigen. Irgendwann konntest du es nicht mehr ertragen. Kurz hinterm Hagelkreuz stürzte der Hammerschmied dann so heftig, dass er seinen Hut verlor. Der lag noch am nächsten Morgen dort. Während du zuschautest, wie Terfurth mühsam versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, hast du diesen schweren Stein auf der Straße gesehen. Du hast ihn mit beiden Händen hochgehoben und zugeschlagen. Einmal nur. Aber deine Wut hat dem Schlag eine solche Wucht gegeben, dass er beinahe schon gereicht hätte, Julius Terfurth zu töten.
    Den Stein, den hast du einfach fallengelassen, als es passiert war. Vier Schritte neben der Wasserlache hat er gelegen, als Verstegen ihn am nächsten Morgen fand und wegräumte. Also lag auch Terfurth zunächst nicht in der Pfütze, sondern ein paar Schritte daneben. Du hast gemerkt, dass er noch nicht tot war. Als du im Schein der Laterne, die du auf die Straße gestellt hattest, die große Wasserlache entdecktest, da hast du den besinnungslosen Hammerschmied ein paarmal herumgerollt, bis er mit dem Gesicht im Wasser lag.«
    Mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern stand Margarete Sander vor Martin Grottkamp. Ihre Zerbrechlichkeit verwirrte ihn. Als er weitersprach, klang seine Stimme beinahe sanft.
    »Er war kein Leichtgewicht, der Terfurth. Es muss ein hartes Stück Arbeit für dich gewesen sein, ihn durch den Schlamm zu drehen und zu zerren. Dass dabei die Tabakspfeife aus deiner Schürzentasche geglitten ist, ohne dass du es bemerkt hast, das kann ich mir gut vorstellen. Weißt du, Grete, dass du die Pfeife verloren hast, während du auf den Terfurth eingeredet hast, das ist Unsinn. Wenn ein Mensch sich vornüberbeugt, dann kann es wohl passieren, dass ihm etwas aus der Brusttasche rutscht. Aber deine Arbeitsschürze, die blaue, die hat nur eine Schoßtasche. Und die hattest du doch an
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