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Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr
Autoren: Peter Kersken
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Anna das Holzkästchen mit dem Blauen Eisenhut gefunden hatten, da war klar, dass du sie beide getötet hast, den Julius Terfurth und den Hubertus Küppken.«
    Margarete Sander drehte sich um, so langsam, als habe sie gegen eine große Müdigkeit zu kämpfen. Ohne Grottkamp anzusehen, setzte sie sich aufs Bett und sagte: »Das Schlimmste war, dass ich nach dem Jahr im Zucht- und Arbeitshaus nichts mehr wert war in den Augen der Menschen. Für alle war ich nur noch eine Landstreicherin und eine Hure.«
    Sie machte eine lange Pause, bevor sie weitersprach. »Und dann kam Hubertus Küppken und nahm mich in seinen Dienst. Das war ein Glück, das ich kaum fassen konnte. Plötzlich war ich die Schankmagd im Gasthaus ›Zum dicken Klumpen‹ und es schien so, als gäbe es doch noch einen Platz für mich auf dieser Welt.«
    Nur kurz sah Margarete Sander zu Grottkamp auf. Dann senkte sie den Kopf und fuhr mit leiser Stimme fort. »Am Anfang war er wirklich gut zu mir, der Küppken. Er hat mir geglaubt, dass ich nie eine Lohnhure war. Jedenfalls hat er so getan. Und als er mir sagte, er hätte mich gern und er würde mich zu seinem Eheweib machen, da schien es so, als sollten nun doch noch alle meine Träume in Erfüllung gehen. Aber kurz darauf fing die Sache mit dem Terfurth an. Geflennt hat Hubertus Küppken damals, wie ein kleiner Junge. Er wäre verzweifelt, hat er behauptet, aber Terfurth bestehe darauf, mit mir das Bett zu teilen. Und der hätte ihn in der Hand. Der Hammerschmied könne ihn ins Gefängnis bringen, und dann wäre es aus mit seiner Konzession und mit unserer gemeinsamen Zukunft. Ich hab dem Küppken geglaubt und den Hammerschmied Julius Terfurth hin und wieder mitgenommen in diese Kammer hier.«
    Ohne aufzublicken saß Margarete Sander da. Ein ums andere mal schüttelte sie den Kopf, während sie sich erinnerte.
    »Eines Abends hab ich dann beobachtet, wie der Terfurth dem Küppken Geld gegeben hat. Und beklagt hat er sich. ›Deine Hure könnte etwas mehr Begeisterung zeigen‹, hat der Hammerschmied dem Klumpenwirt vorgehalten. Da wusste ich, dass der Küppken mich verkauft hatte. Die Erpressung, die hatte er nur erfunden, um mich gefügig zu machen. Als ich ihn zur Rede stellen wollte, hat Hubertus Küppken mir sein wahres Gesicht gezeigt. Ich wär doch schließlich eine Lohnhure, hat er gesagt, und dass ich mich jetzt bloß nicht anstellen soll. Das müsste man doch ausnutzen, dass der Terfurth so verrückt nach mir wäre. Und er wüsste von etlichen Fuhrleuten und Handwerksburschen, dass sie auch gern ein paar Groschen für mich bezahlen würden. Eine Hure als Schankmagd ist nun mal gut fürs Geschäft, hat er gesagt. Und am Ende hätten wir schließlich beide was davon, er das Geld und ich das Vergnügen.
    Da wusste ich, dass der Küppken schlimmer war, als alle anderen Kerle, dass mich niemand so belogen und betrogen hatte wie er. Ich hab noch am selben Tag das Gasthaus ›Zum dicken Klumpen‹ und Sterkrade verlassen. In Köln erfuhr ich dann, dass sie mir auch noch die Syphilis angehängt hatten, der Küppken und der Terfurth.«
    Margarete Sander schwieg. Eine ganze Weile schwieg sie, so als müsse sie Kraft sammeln, bevor sie weiterredete.
    »Sie hatten mich missbraucht und benutzt, und sie hatten mein Leben restlos zerstört. Jetzt war ich nicht nur eine Zuchthäuslerin, sondern auch eine syphiliskranke Hure. Meine Träume von einem guten Leben an der Seite eines anständigen Mannes, die konnte ich für immer begraben. Mit jedem Tag, den ich im Hospital verbrachte, wurde mir das klarer. Ich wurde mit Quecksilber behandelt. Das war fürchterlich. Ein Gift ist dieses verdammte Quecksilber. Es vernichtet nicht nur die Herde der Syphilis, es malträtiert und schindet den ganzen Menschen. Und ob die Krankheit tatsächlich besiegt ist, das ist am Ende trotzdem nicht sicher. Die Ärzte haben mich zwar als geheilt entlassen, aber sie haben mir auch gesagt, dass man nie genau weiß, ob die Syphilis nicht doch noch einmal ausbricht. Und dann haben sie mir ausgemalt, welch schreckliche Qualen ich zu erwarten habe, falls die Krankheit doch noch in mir drinsteckt. Als ich zurückkam nach Sterkrade, da war ich voller Hass auf Küppken und Terfurth. Aber ich hatte nicht vor, sie zu töten. Das müssen Sie mir glauben!«
    Martin Grottkamp nickte stumm. Er spürte, dass er nach all den Lügen, die die Schankmagd ihm erzählt hatte, jetzt die wahre Geschichte der Margarete Sander hörte.
    »Ich wusste ja, dass
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