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Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr
Autoren: Peter Kersken
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Griechenland wurden damit Verbrecher hingerichtet, und zwar nur die allerschlimmsten, weil man durch das Pflanzengift einen sehr qualvollen Tod stirbt.«
    Während der letzten Worte seines Vortrags hatte sich Jacob Möllenbeck wieder zu seinem Freund gesellt. Jetzt stand er neben der offenen Tür und ließ seinen Blick noch einmal durch die Küche wandern.
    »Glaubst du, es ist wieder alles so, wie wir es vorgefunden haben?«
    Grottkamp nickte. »Die alte Anna wird erst bemerken, dass jemand hier war, wenn sie ihr Giftkästchen vermisst«, meinte er.
    »Das kann Tage dauern«, vermutete Möllenbeck, während die beiden Männer ins Freie traten und der Heildiener die Tür hinter sich zuzog.
    Als sie über den Waldweg in Richtung Sterkrade gingen, sagte Grottkamp energisch: »Jetzt spann mich nicht länger auf die Folter! Was hat es hiermit auf sich?« Er hielt Möllenbeck das Kästchen vor die Nase. »Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, bei Anna Spieker nach dem Gift zu suchen?«
    »Ich nehme an, dass Hubertus Küppken mit Eisenhut vergiftet worden ist«, sagte Möllenbeck.
    Grottkamp blieb stehen und starrte den Freund ungläubig an. »Ich denke, er hatte die Cholera. Der Klumpenwirt, der ist doch an der Cholera gestorben«, stammelte er verwirrt.
    »Das habe ich auch gedacht«, entgegnete der Heildiener, »obwohl es da von Anfang an ein paar Ungereimtheiten gab. Es kam mir schon irgendwie seltsam vor, dass der Küppken der Krankheit nicht mehr entgegenzusetzen hatte. Natürlich kann die Cholera einen Menschen in kürzester Zeit dahinraffen. Aber dass es mit dem kräftigen und gut genährten Klumpenwirt so schnell zu Ende gegangen war, das hat mich doch gewundert. Dann hat es mich überrascht, dass der Küppken in der Nacht zum Samstag noch gelebt haben soll. Bei der Untersuchung des Leichnams schien mir einiges darauf hinzudeuten, dass er schon am Freitagabend gestorben war. Aber die Grete Sander hatte ihn angeblich noch kurz vor Mitternacht lebend angetroffen. Ich fand es seltsam, hab es letztlich aber doch geglaubt. Weißt du, ich hatte an den Tagen zuvor einfach zu viele Menschen an der Cholera sterben gesehen. Ich habe keinen Augenblick daran gezweifelt, dass der Küppken ein weiteres Opfer der Epidemie war. Da hab ich mir über diese Ungereimtheiten weiter keine Gedanken gemacht. Die Symptome passten ja auch irgendwie alle. Aber ich will mich nicht herausreden. Ich hätte merken müssen, dass da was nicht stimmte.«
    »Unsinn«, sagte Grottkamp. »Du warst doch total überarbeitet.«
    Die beiden Männer hatten den alten Postweg erreicht und marschierten zügig auf das Dorf zu.
    »Bei einer Vergiftung mit Aconitum napellus werden zuerst die Lippen und die Zunge taub. Die Betäubung breitet sich später im ganzen Körper aus«, erklärte Jacob Möllenbeck dem Freund. »Qualvolles Erbrechen und Durchfälle beginnen oft schon nach wenigen Minuten. Die Atmung wird schwach, und der Puls wird unregelmäßig. Der Tod tritt nach einer bis zwei Stunden durch Atemlähmung oder Herzversagen ein. Und die Sterbenden erleben das alles qualvoll mit, weil sie bei vollem Bewusstsein bleiben.«
    Eine ganze Weile hingen Martin Grottkamp und Jacob Möllenbeck schweigend ihren Gedanken nach.
    »Küppken hat Freitag am frühen Abend eine Mahlzeit zu sich genommen«, erinnerte Grottkamp sich. »Nachdem er gegessen hatte, hat das Stubenmädchen gesehen, wie er mit schmerzverzerrtem Gesicht zurück in seine Kammer ging.«
    Möllenbeck nickte. »Und dort ist er wahrscheinlich schon eine Stunde später elendig gestorben.«
    Wieder gingen die Männer schweigend nebeneinander her, bis Grottkamp fragte: »Schmeckt ein Mensch das denn nicht, wenn ihm jemand dieses Gift ins Essen mischt?«
    »Eisenhut hat einen bitteren Geschmack«, antwortete Möllenbeck. »Manchmal wird er auch als scharf oder als salzig beschrieben. Man muss Kraut oder geriebene Knolle schon einem kräftigen Mahl beigeben, einem Selleriesalat zum Bespiel, einer Krautsuppe oder einem Eintopf aus Brennnesseln oder sauren Bohnen.«
    An der Kreuzung des Postweges mit der Holtener Straße blieb Grottkamp stehen.
    »Was ist los?«, wollte Möllenbeck wissen.
    »Ich geh jetzt zum Theodor Verstegen. Der muss noch mal mit mir zu der Stelle beim Hagelkreuz, wo der Terfurth gelegen hat. Begleitest du mich?«
    Jacob Möllenbeck winkte ab. »Geh du nur!«, sagte er. »Ich hab meine Kranken schon viel zu lange warten lassen.«

    Margarete Sander stand neben dem Bett und schaute
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