Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod am Nil

Tod am Nil

Titel: Tod am Nil
Autoren: Anton Gill
Vom Netzwerk:
und starrten einander schweigend an. Die Welt schien auf den winzigen Fleck zusammenzuschrumpfen, auf dem sie standen. Dann lächelte Surere.
    »So. Diesmal besuchst du mich.«
    »Ja.«
    »Wie hast du mich gefunden?«
    »Ich bin Nebamun gefolgt.«
    Surere machte ein nachdenkliches Gesicht. »Aha. Und wie lange bist du schon hier?«
    »Seitdem.«
    »Also hast du alles gefunden.«
    »Ja. Schließlich hast du ja nichts versteckt.«
    Surere zuckte die Achseln. »Ich glaubte, die Gefahr sei vorbei. Ich wollte jetzt die Original-Papyri holen.«
    »Hast du sie?«
    »Nein. Es ist etwas passiert.«
    »Warum hast du das getan, Surere?«
    »Es verschaffte mir Sicherheit und bot mir die Möglichkeit, die Mittel für meine Mission aufzutreiben. Ich habe nur eingefordert, was rechtmäßig dem Aton gehört.«
    »Wann hat es angefangen?«
    Surere lächelte. »Vor vielen Jahren.«
    »In der Stadt des Horizonts?«
    »Ja.«
    »Woher wußtest du, was Reni trieb?«
    Surere spreizte die Hände. »Ich hatte das Vertrauen der Königin. Sie verstand nichts von Zahlen, aber vielleicht ahnte sie, daß etwas nicht stimmte. Ich habe ihr gesagt, ich würde alles im Auge behalten.«
    »Aber wie bist du an Renis Kontobücher gekommen?«
    »Das war kein Problem. Er floh vor dem Fall aus der Stadt. Nach dem Sturz des Königs glaubten viele Beamte, sie kämen ungeschoren davon. Ich hatte selbst Kopien angefertigt und sie samt den Originalen hier in der Südlichen Hauptstadt verstecken lassen, kurz vor Echnatons Tod. Wir wußten ja alle, daß es dazu kommen würde.«
    »Wer hat sie für dich versteckt?«
    »Jemand, dem ich vertrauen konnte. Amenenopet, der liebreizende Knabe.«
    »Woher wußtest du, daß du sie brauchen würdest?«
    Surere lächelte wieder.
    »Das wußte ich nicht. Aber ich wußte, daß Reni es schon verstehen würde, seine Schäflein ins Trockene zu bringen. Ich dagegen wurde bestraft. Und ich schwor mir, sollte ich das Ganze überleben, würde er mir dafür bezahlen müssen.«
    »Ich habe deine Kopie gelesen. Aber hat Reni geglaubt, daß du die Originale noch hast?«
    »Er wollte nichts riskieren. Er wußte ja, was er getan hatte, deshalb war er so klug, mich zu bezahlen. Wenn der Staat ihn ertappt hätte, dann hätte er alles zurückzahlen müssen. Er wäre in Ungnade gefallen und hätte die Stadt verlassen und ins Exil gehen müssen. Das hätte ihn umgebracht.«
    »Er hätte dich auch umbringen können.«
    »Die Gefahr bestand. Aber ich glaube, er hatte zuviel Angst. Er konnte nicht wissen, was ich mit den Originalen gemacht hatte, von denen er glaubte, er habe sie schon vor Jahren vernichtet. Er konnte nicht wissen, welche Vorkehrungen ich getroffen hatte.«
    »Welche Vorkehrungen hattest du denn getroffen?«
    »Keine. Aber ich wußte, der Gott würde mich beschützen, da ich für ihn arbeitete.«
    »Und seine Töchter?«
    Surere seufzte. »Das war bedauerlich. Nach der zweiten wußte ich, daß ich mich nicht mehr auf ihn verlassen konnte. Seine Trauer fing an, ihn hemmungslos zu machen. Er begann, von Opfern für Selkit zu reden. Sie ist seine Schutzgöttin.«
    Huys Gedanken überschlugen sich. Die Skorpionsgöttin. Die Göttin der Hitze der Sonnenstrahlen.
    »Ich habe ihm gesagt, sie würde ihm nicht helfen. Er hatte genommen, was Amun gehörte, und er hatte den Befehl gehabt, es dem Aton auszuliefern. Aber er hatte es selbst behalten.«
    Huy erinnerte sich an die strengen Steuermaßnahmen, die Echnaton gegen die alte Religion verhängt hatte, kurz bevor er die Südliche Hauptstadt verlassen hatte und in die Stadt des Horizonts gezogen war. Reni war tief darin verwickelt gewesen. Alle Wertsachen, die von den Amunspriestern angehäuft worden waren, hatte man eingezogen und dazu benutzt, die neue Stadt und den neuen Kult des Einen Gottes zu finanzieren. Unweigerlich war ein Teil dieser Schätze im Zuge der Übergabe verschwunden, im Labyrinth der Akten verlorengegangen: hier eine Eselskarawane, die in der Wüste verschollen war, da eine Goldbarke, die spurlos im Fluß versank. Aber als die alte Ordnung wiederhergestellt war, hatten die Priester des Amun alles wieder an sich gerafft.
    »Wenn Reni mich verraten hätte, dann hätte ich mich selbst an Kenamun ausgeliefert und mir mit Renis falschen Büchern mein Leben erkauft«, meinte Surere. »Sie hätten mich ins Arbeitslager zurückgeschickt; aber wenigstens wäre ich weiter in dieser Welt gewesen und hätte für den Aton arbeiten können.« »Könnte es sein, daß Reni deine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher