Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod am Nil

Tod am Nil

Titel: Tod am Nil
Autoren: Anton Gill
Vom Netzwerk:
Polizist, und Merymose war außerdem ein ehemaliger Soldat. Mein Bruder hat mir beigebracht, wie man mit einem Messer umgeht. Ich glaube nicht, daß du mir gewachsen bist. Erst recht nicht mit einem Arm in der Schlinge.«
    »Was hast du mit dem Mädchen aus dem Zweistromland gemacht?«
    »Nichts. Sie verschwand. Der arme Kenamun. Sie war sein Liebling. Vielleicht wurde er ihr zu rauh, und sie lief weg.«
    »Und dein Vater?« Huy bemühte sich, sich seinen Abscheu nicht anmerken zu lassen.
    »Er hat nur zugesehen - bei allem«, antwortete Nebamun verächtlich. »Es hat ihm Spaß gemacht, zuzuschauen. Er ging fast jeden Abend ins Bordell. Aber er hat jetzt seine Strafe.«
    Ohne Vorwarnung stürzte Nebamun sich auf ihn. Huy trat flink zurück, aber nicht schnell genug, um zu verhindern, daß das Messer des Jungen seinen Leinenverband aufschlitzte und auf der ganzen Länge seines verletzten Unterarms einen flachen Schnitt hinterließ. Wütend ließ er sein eigenes Messer mit einer ausholenden Bewegung niederfahren, die unkontrolliert und töricht war und leicht ins Leere hätte gehen können. Aber er erwischte Nebamun seitlich am Hals und öffnete dort den Puls des Lebens. Das Blut spritzte hervor, aber Nebamun versuchte einen weiteren Angriff, bis er ins Taumeln geriet, vornüberfiel und liegen blieb.
    Huy bemühte sich, gleichmäßig zu atmen. Der Schmerz in seinem Arm durchzuckte seinen ganzen Körper, aber die Verletzung war nur leicht. Mit dem Mund und seiner gesunden Hand gelang es ihm, die Schlinge wieder zu binden. Er taumelte hinüber zu dem Opfertisch, wo die Lampe neben dem Brot immer noch friedlich brannte. Er setzte sich auf eine Ecke des Tisches, stützte die Arme auf die Knie und senkte den Kopf.
    Dann blickte er wieder auf. Jenseits des Tales sah er in der Ferne die flimmernden Lichter von den Zelten der Arbeiter. Nebamuns Blut sickerte schwarz auf den grauen Sand. Hoch oben am Himmel leuchteten die ewigen Sterne, die fernen Götter, die alle Veränderung in Äonen maßen.
    Huy lauschte der Stille. Er wollte Sureres Namen rufen, aber seine Stimme reichte nur zu einem Flüstern; daher machte er sich auf und ging in die Richtung, aus der das Schluchzen gekommen war.
    Erst glaubte er, er müsse die Orientierung verloren haben, denn er fand keine Spur von dem Mann. Aber dann entdeckte er ihn am Eingang zum Grab. Er kauerte unter Nofretetes Kartusche, die Knie bis zum Gesicht hochgezogen, bereit für seine Rückkehr zu Geb, ein Kind der Erde in der Position des Ungeborenen, das zu seinem Schöpfer zurückgeht. Das Bronzemesser lag neben ihm; Griff und Klinge waren dunkel von Blut. Ein Dutzend kleine Papyrusrollen waren auch da. Eine enthielt das Geständnis; Huy nahm sie und verbrannte sie an der Lampe. Die anderen waren die Originale von Renis Kontobüchern, die Beweise für seine Unterschlagungen.
    Surere war noch nicht tot. Huy ging zu ihm, machte es ihm so bequem wie möglich und legte ihm seinen gesunden Arm um die Schultern. Surere blickte auf, und seine Augen waren groß wie die eines kleinen Kindes. »Es gibt keine Antwort, nicht wahr?« sagte er. »Dies ist das einzige Ende für unsere Verwirrung.« Er schmiegte den Kopf wieder an die Knie und starb fünf Minuten später friedlich.
    Huy stopfte sich die Kontobücher unter sein Gewand und machte sich auf den Weg hinunter zum Fluß. Müde band er das Fährboot los und ruderte hinüber zum Steg am Ostufer. Bald würde der Morgen dämmern, aber jetzt hatte er den Fluß noch für sich allein. Ihm fiel ein, daß heute ein Feiertag war. Heute würde dem neuen König, Tutenchamun, formell die Locke der Jugend abgeschnitten werden. Bald würde er die Macht selbst in die Hand nehmen, und die unbehagliche Regentschaft Ays und Haremhebs wäre zu Ende. Er machte das Boot fest und ging nach Hause. Später würde er Ipuky aufsuchen und seinen letzten Bericht abstatten. Ipuky könnte damit machen, was er wollte. Was ihn beunruhigte, war der Umstand, daß Isis’ Tod immer noch ein Geheimnis war; aber die Götter gewährten eben keine Lösung für alles. Er dachte an ihren Körper, der in der Grube für die alleinstehenden Toten vom Kalk zerfressen wurde, und sprach ein Gebet für ihren armen, mißhandelten Ka.
    Es würde nie genug Beweismaterial geben, um Kenamun, ihren mutmaßlichen Mörder, zur Strecke zu bringen; aber es war möglich, daß Ipuky nun genug Informationen hatte, um das Ruhm des Seth zu schließen. Reni, das wußte er, würde zerbrechen an dem, was
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher