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Titan 23

Titan 23

Titel: Titan 23
Autoren: V.A.
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Sie können jetzt das Ende sehen.
    Ich blieb jene wenigen Tage, und die Maschinen kamen und gingen. Immer forschend, immer neugierig. Aber in all jenem Universum ist nichts zu erforschen, mit Ausnahme des einen Problems, das sie nicht lösen wollen – des Problems, von dem sie sicher sind, daß sie es nicht lösen können.
    Die Maschine brachte mich zur Erde zurück, baute in meiner Nähe etwas auf, das mit einem seltsamen, gleichmäßigen, grauen Licht leuchtete. Damit sollte die Magnetachse auf mich fixiert werden, auf meine Position, und zwar binnen weniger Stunden. Er konnte nicht in der Nähe bleiben, wenn die Achse mich wieder berührte. Er fuhr zum Neptun zurück, der in dieser eingeschrumpften Mumie des Sonnensystems nur wenige Millionen Meilen entfernt war.
    Ich stand alleine auf dem Dach der Stadt, in dem gefrorenen Garten mit seinem trügerischen Bild des Lebens.
    Und ich dachte an jene Nacht, die ich bei dem toten Mann sitzend verbracht hatte. Ich war gekommen und hatte zugesehen, wie er starb. Und ich saß in der Stille mit ihm. Ich hatte mir jemanden gewünscht, irgend jemanden, um mit ihm zu sprechen.
    Und dann tat ich es. Überwältigend überkam es mich. Ich saß in der Nacht des Universums, in der Nacht und Stille des Universums, mit der Leiche eines toten Planeten, mit den toten, zu Asche gewordenen Hoffnungen zahlloser, namenloser Generationen von Männern und Frauen. Das Universum war tot, und ich saß alleine da – allein im toten Schweigen.
    Draußen war ein letzter Funke des Lebens im Begriff auf dem Planeten Neptun zu sterben – ein letztes, falsches Flackern ziellosen Lebens, aber nicht Leben. Das Leben war verschwunden. Die Welt war tot.
    Ich wußte, daß es hier nie wieder ein anderes Geräusch geben würde. All den kurzen Rest von Zeit, den es noch gab. Denn dies war die Dunkelheit und die Nacht der Zeit und des Universums. Es war unausweichlich, das unausweichliche Ende, das in meinen Tagen einfach nur entfernter war – in jener lange, lange verstrichenen Zeit, als die Sterne mächtige Leuchttürme eines mächtigen Weltraums waren und nicht die sterbenden, flackernden Kerzen am Kopf eines toten Planeten.
    Es war damals unausweichlich gewesen; die Kerzen mußten ausbrennen, so tapfer sie sich auch zeigten. Aber jetzt konnte ich sie verglühen sehen, und die letzten fruchtlosen Reste an Energie erloschen so, wie die Maschinen unter mir ihre letzten Reste an Energie in jener hoffnungslosen, ungemein treuen Geste verbraucht hatten – um zu versuchen, eine Stadt zu reparieren, die bereits tot war.
    Das Universum war seit einer Milliarde Jahren tot. Es war gewesen. Dies, das sah ich, war ein letztes Nachglühen, die letzte Strahlung der Wärme des Lebens, von etwas, das bereits tot war – das Gefühl von Leben und Wärme, Imitation von Leben durch eine Leiche. Jene Sonnen hatten schon vor langer, langer Zeit aufgehört, Energie zu erzeugen. Sie waren tot, und ihre Leichen gaben die letzte, verharrende Lebenswärme ab, während sie abkühlten.
    Ich rannte. Ich glaube, ich rannte – rannte hinunter, weg von den flackernden roten Sonnen am Himmel, hinunter in die einhüllende Schwärze der toten Stadt in der Tiefe, wo mich weder Licht noch Hitze noch Leben noch die Nachahmung des Lebens störten.
    Die völlige Schwärze beruhigte mich irgendwie. Also schaltete ich meine Sauerstoffventile ab, weil ich bei klarem Verstand sterben wollte, selbst hier, und ich wußte, ich würde nie wieder zurückkehren.
    Und dann geschah das Unmögliche! Ich kam zu mir, als man mir reinen Sauerstoff ins Gesicht blies. Ich weiß nicht, wie ich kam – nur daß es hier Wärme und Leben gibt.
    Irgendwo auf der anderen Seite jener Wismutspule, dennoch unausweichlich, ist der tote Planet und die flackernden, erlöschenden Kerzen, die meine Totenwache am Ende der Zeit beleuchten.«
     
    Copyright © 1935 by Street & Smith Publications, Inc.
    (»Astounding Stories«, Oktober 1935)
     
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